Retourenautomaten – Experte erklärt, was Betreiber beachten müssen

Veröffentlicht: 23.07.2024
imgAktualisierung: 22.07.2024
Geschrieben von: Ricarda Eichler
Lesezeit: ca. 5 Min.
23.07.2024
img 22.07.2024
ca. 5 Min.
Stilisierter Automat auf orangenem Grund
MarkofShell / Depositphotos.com
An diversen Standorten findet man mittlerweile Automaten, bestückt mit Retourenwaren. Was es mit dem Trend auf sich hat, erklärt Retourenexperte Konstantinos Vasiadis.


Retouren sind ein großes Problem für den Online-Handel. Jedes Jahr entstehen den Händler:innen durch Rücksendungen erhebliche Kosten und logistische Herausforderungen. Häufig sind die Waren zwar unbeschädigt, doch der Aufwand für die Rückabwicklung und die Wiedereinlagerung ist immens. Seit Kurzem gibt es deutschlandweit einige Automaten, über welche derartige Retouren quasi als Überraschungspakete verkauft werden (wir berichteten).

„Die Idee, Retouren über Automaten zu verkaufen, ist ein kreativer Ansatz, um überschüssige Waren zu verwerten und gleichzeitig die Entsorgungskosten zu senken“, sagt Konstantinos Vasiadis, CEO der Elvinci.de GmbH und Experte für Retourenmanagement. „Allerdings muss man die langfristige Wirtschaftlichkeit und die Auswirkungen auf die Kundenzufriedenheit sorgfältig abwägen. Es ist wichtig, dass Händler nicht nur kreative Lösungen finden, sondern auch die Ursachen für die hohe Retourenquote angehen.“

Retourenautomaten als umweltfreundliche Alternative?

OnlinehändlerNews: Retouren und nicht zugestellte Pakete weiterzuverkaufen, ist nichts Neues. Warum wird das Thema gerade jetzt so gehypt?

Konstantinos Vasiadis: Retouren und nicht zugestellte Pakete weiterzuverkaufen, ist tatsächlich keine neue Praxis. Der aktuelle Hype um dieses Thema lässt sich auf mehrere Faktoren zurückführen: Zum einen hat die zunehmende Beliebtheit des Online-Handels während der Pandemie die Anzahl der Rücksendungen erheblich gesteigert. Das hat sich bis heute nicht geändert, sondern die Tendenz der Retouren nimmt eher zu. Händler suchen deshalb verstärkt nach innovativen Lösungen, um die dadurch entstehenden Kosten und logistischen Herausforderungen zu bewältigen.

Zum anderen spielt die steigende Sensibilität der Verbraucher für Nachhaltigkeit eine große Rolle. Immer mehr Kunden legen Wert darauf, dass Produkte und Ressourcen mit Bedacht genutzt werden. Das Wiederverkaufen von Retouren über Automaten empfinden viele als umweltfreundliche Alternative. Natürlich tragen auch die Medien, vor allem Social Media, derzeit dazu bei, dem Thema mehr Aufmerksamkeit beizumessen. 

„Auf Dauer braucht es langfristigere Konzepte“

Hat der Hype langfristiges Potenzial?

Wie erfolgreich die Retourenautomaten sind, hängt von einigen Voraussetzungen ab. Aktuell ist es ja so, dass die Automaten Retouren verkaufen, man aber überhaupt nicht weiß, was man am Ende erwirbt. Ein wenig wie eine Wundertüte – und demnach hat der Kauf einen gewissen Reiz. Der Automat ist auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, die Gesellschaft auf die Massen an Retouren aufmerksam zu machen. 

Gewiss lohnt es sich auch, wenn man den Automaten als Teil seiner Retourenstrategie einsetzt. Auf Dauer braucht es allerdings weitere und langfristigere Konzepte. Händler müssen die Ursachen für hohe Retourenquoten analysieren und angehen. Dazu gehören beispielsweise bessere Produktbeschreibungen, hochwertige Produkte und ein effizienteres Retourenmanagement. 

Mittlerweile gibt es mehrere Anbieter:innen, die eigene Automaten aufstellen. Was müssen Interessenten beachten, die auf den Zug aufspringen wollen?

Zunächst einmal ist es entscheidend, einen geeigneten Standort für die Automaten zu finden. Dieser sollte gut besucht und leicht zugänglich sein, damit am Ende genügend Leute den Automaten nutzen. Einkaufszentren, Bahnhöfe oder stark besuchte Innenstadtlagen bieten sich hier an. Außerdem sollte man sich über mögliche rechtliche Rahmenbedingungen und Genehmigungen informieren. 

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Qualität der angebotenen Produkte. Die Ware in den Retourenpaketen sollte trotz der Rücksendung in einwandfreiem Zustand sein. Kunden dürfen nicht das Gefühl haben, minderwertige oder beschädigte Artikel zu erhalten. Natürlich muss man den Nutzern preislich entgegenkommen, gleichzeitig aber auch wirtschaftlich rentabel bleiben. Damit sich der Verkauf für beide Seiten lohnt, sollte man vorher demnach gut kalkulieren. Zusätzlich ist ein durchdachtes Marketingkonzept wichtig, damit die Konsumenten überhaupt vom Automaten Kenntnis nehmen und ihn langfristig nutzen. 

Personenbezogene Daten müssen vollständig entfernt werden

Wie verhält es sich rechtlich mit dem Weiterverkauf der Retouren? Außen werden die Adressen geschwärzt, aber was ist mit innenliegenden Rechnungen oder Lieferscheinen?

Im Fokus steht natürlich der Schutz der persönlichen Daten der ursprünglichen Käufer. Hier sollte man penibel darauf achten, dass sämtliche personenbezogenen Daten, wie Adressen auf den Verpackungen, vor dem Weiterverkauf vollständig unkenntlich gemacht werden. Das schließt Namen, Adressen, Telefonnummern und Zahlungsinformationen ein. Gleiches gilt in Bezug auf innenliegende Rechnungen oder Lieferscheine. 

Denn das Datenschutzgesetz schreibt vor, dass personenbezogene Daten nur für den Zweck verarbeitet werden dürfen, für den sie erhoben wurden. Einzuhalten sind außerdem die gesetzlichen Vorgaben bezüglich der Garantie und Gewährleistung. Für Käufer gelten auch bei retournierten Waren die gleichen Rechte wie bei den Erstkäufern. 

Logistikunternehmen dürfen Waren nach Frist weiterverkaufen

Im Galileo-Beitrag über den Automatenbetreiber Jürgen Keuters (Bixmata) wird DHL als eine Bezugsquelle der Palettenware genannt. Wie verhält sich das bei Logistikunternehmen rechtlich? Ab wann dürfen nicht abgeholte Waren durch DHL und Co. weiterverkauft werden?

Die rechtliche Situation bei der Weiterverwertung von nicht abgeholten Waren durch Logistikunternehmen wie DHL ist klar geregelt. In der Regel haben die Empfänger, wenn sie ihr Paket nicht annehmen konnten, eine bestimmte Frist, um ihre Pakete abzuholen. Diese Frist kann je nach Unternehmen und den jeweiligen AGB variieren, liegt aber häufig zwischen sieben und 14 Tagen. 

Wenn die Ware innerhalb dieser Frist nicht abgeholt wird, versucht das Logistikunternehmen in der Regel, das Paket an den Absender zurückzusenden. Sollte auch dies nicht möglich sein, wird die Ware als unzustellbar eingestuft. Nach Ablauf einer weiteren Frist und nach mehreren vergeblichen Zustellversuchen oder Rücksendungen dürfen die Logistikunternehmen die Ware rechtlich einwandfrei verwerten. 

Demnach haben Logistikunternehmen wie DHL auch das Recht, sie an Großhändler – und die wiederum an Drittanbieter wie Jürgen Keuters – weiterzuverkaufen. Zusätzlich müssen auch hier datenschutzrechtliche Bestimmungen eingehalten werden: Persönliche Daten, die sich möglicherweise noch auf den Paketen oder innerhalb der Ware befinden, müssen entfernt oder unkenntlich gemacht werden, um den Datenschutz der ursprünglichen Empfänger zu gewährleisten.

So können sich Marken gegen unerlaubten Weiterverkauf wehren

Können Unternehmen und Marken sich gegen den Weiterverkauf ihrer Produkte wehren, wenn diese plötzlich in Automaten für kleines Geld verkauft werden?

Unternehmen und Marken haben tatsächlich einige rechtliche Möglichkeiten, sich gegen den Weiterverkauf ihrer Produkte zu wehren, insbesondere wenn diese zu stark reduzierten Preisen in Automaten verkauft werden. Eine solche Praxis kann das Markenimage beeinträchtigen und den Wert der Produkte mindern. 

Wenn in den Bedingungen der ursprünglichen Verträge und Geschäftsbedingungen beispielsweise festgelegt ist, dass die Produkte nicht ohne Zustimmung des Herstellers weiterverkauft werden dürfen, können Unternehmen rechtliche Schritte einleiten, um den Verkauf zu stoppen. Unternehmen sollten im Falle eines unerwünschten Weiterverkaufs ihrer Produkte allerdings juristischen Rat einholen, um die bestmöglichen Maßnahmen zu ergreifen.

Vielen Dank für das Gespräch!
 



Über Konstantinos Vasiadis und Elvinci

Konstantinos Vasiadis / Elvinci

Unternehmen aus der Produktion und dem Handel profitieren von der guten Wirtschaftslage in Deutschland. Doch Überproduktion, Rücksendungen oder Ähnliches binden Ressourcen und verursachen unnötige Kosten. 

Konstantinos Vasiadis ist Geschäftsführer von Elvinci. Er und sein Team haben sich darauf spezialisiert, diese Problematik ökonomisch und nach dem Maximalprinzip zu lösen.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Veröffentlicht: 23.07.2024
img Letzte Aktualisierung: 22.07.2024
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Ricarda Eichler

Ricarda Eichler

Expertin für Nachhaltigkeit

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