„Digital Native“ kostet Arbeitgeber 7.500 Euro

Veröffentlicht: 21.08.2024
imgAktualisierung: 21.08.2024
Geschrieben von: Sandra May
Lesezeit: ca. 2 Min.
21.08.2024
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Ein Kleinkind sitzt von hinten auf einer bunten Krabbeldecke und spielt mit einem Smartphone. Das Bild zeigt einen Digital Native und wirft Fragen zum Arbeitsrecht auf.
Erstellt mit Dall-E
Das Arbeitsgericht Heilbronn entschied, dass der Begriff „Digital Native“ in Stellenausschreibungen altersdiskriminierend ist und sprach einer Klägerin Schadensersatz zu.


Bei Stellenausschreibungen müssen Unternehmen immer darauf achten, niemanden zu diskriminieren. Dabei muss sehr auf die Verwendung der Worte geachtet werden. So brachte die Formulierung „junges und dynamisches Team mit Benzin im Blut“ einem Arbeitgeber erst vor wenigen Monaten eine Klage wegen Altersdiskriminierung ein. Die Klage hatte zwar keinen Erfolg, zeigt aber, wie spitzfindig bei der Bewertung solcher Floskeln vorgegangen wird.

Nun kam das Arbeitsgericht Heilbronn zu dem Ergebnis, dass die Formulierung „Digital Native“ in einer Stellenbeschreibung tatsächlich altersdiskriminierend ist und sprach der Klägerin 7.500 Euro Schadensersatz zu.

Ausschreibung als Manager Corporate Communication (m/w/d)

Die Beklagte, ein international agierendes Handelsunternehmen im Bereich Sportartikel, schrieb folgende Stelle als Manager Corporate Communication (m/w/d) aus:

„Darüber hinaus verstehst Du Dich als Organisationstalent, das Projekte souverän führt – auch im Change. Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der Daten-getriebenen PR, des Bewegtbilds und allen gängigen Programmen für DTP, CMS, Gestaltung und redaktionelles Arbeiten zu Hause.“

Die Klägerin bewarb sich ohne Erfolg und verklagte das Unternehmen darauf hin auf 38.000 Euro Schadensersatz wegen Altersdiskriminierung. Der Hintergrund ist der folgende: Wird eine Person nicht bei einer Stelle berücksichtigt und ist die Ausschreibung diskriminierend formuliert, wird vermutet, dass die Person eben wegen einer Eigenschaft, die in diskriminierender Weise ausgeschlossen wurde, nicht eingestellt wurde.

„Digital Native“ ist generationenbezogene Formulierung

Das Gericht beschäftigte sich in seiner Urteilsbegründung mit der Bedeutung des Wortes „Digital Native“. Unter anderem schrieb es:

„Unter einem ‚Digital Native‘ (zu deutsch: digitaler Eingeborener) wird im allgemeinen Sprachgebrauch eine ‚Person, die mit digitalen Technologien aufgewachsen ist und in ihrer Benutzung geübt ist‘ (Duden, www.duden.de/rechtschreibung/Digital_Native, Abruf 19.1.2024) oder auch eine ‚Person der gesellschaftlichen Generation bezeichnet, die in der digitalen Welt aufgewachsen ist‘ (Wikipedia, de.wikipedia.org/wiki/Digital_Native, dort mwN, Abruf 19.1.2024) verstanden.“

Weiter heißt es in der Urteilsbegründung, aus der die Kanzlei Dr. Bahr zitiert, „dass der Begriff ‚Digital Native‘ im gängigen Sprachgebrauch eine generationenbezogene Konnotation“ darstelle.

Entsprechend war die Stellenbeschreibung diskriminierend, weil „Digital Native“ sich eben nicht nur auf Fachkenntnisse bezieht, sondern damit der Bewerber:innenkreis auf solche Personen beschränkt werde, „die die Eigenschaft bereits in die Wiege gelegt erhielten, weil sie mit diesen Medien aufgewachsen sind“.

Für die Stelle war ein Bruttogehalt von 5.000 Euro pro Monat vorgesehen. Das Gericht sah einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 1,5 Monatsgehältern als angemessen an. 
 

Veröffentlicht: 21.08.2024
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Sandra May

Sandra May

Expertin für IT- und Strafrecht

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