WISO-Steuerexperte beantwortet brennende Fragen zur E-Rechnung

Veröffentlicht: 24.09.2024
imgAktualisierung: 24.09.2024
Geschrieben von: Ricarda Eichler
Lesezeit: ca. 5 Min.
24.09.2024
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ca. 5 Min.
Frau an einem PC, daneben liegt Tablet
luminastock / Depositphotos.com
WISO-Experte Stefan Knuth beantwortet die wichtigsten Fragen zur Sicherheit und Archivierung von E-Rechnungen sowie zu künftigen Anforderungen im Handel.


Das Thema E-Rechnungspflicht brachte in unseren Kommentarspalten zahlreiche Fragen auf und beschäftigt die Händlerschaft sowie Unternehmerschaft massiv. Mit Herrn Stefan Knuth von WISO MeinBüro haben wir uns daher einen Steuerprofi ins Boot geholt, um diese fachkundig beantworten zu lassen. Was genau eine revisionssichere Archivierung ist und welche Pflichten auch den stationären Handel treffen, erfahrt ihr im Folgenden Artikel.

Wie sicher sind XML-E-Rechnungen wirklich?

Onlinehändler News: Wie sicher ist das Format XML gegenüber Betrug? Lassen sich nicht ganz einfach mittels eines Texteditors Änderungen vornehmen, wenn man über die notwendige technische Expertise verfügt? Wie wird hierbei die Sicherheit und Unveränderbarkeit gewährleistet?

Stefan Knuth: XML-Dateien sind mindestens genauso sicher wie PDF-Rechnungen und physische Rechnungen auf Papier. Es stimmt, dass man, wenn man über das technische Know-how verfügt, Änderungen an einer XML-Datei vornehmen könnte – ähnlich wie bei PDF-Dateien, bei denen man einfach eine weiße Fläche darüber legt oder Textfelder einfügt, um Inhalte zu manipulieren. Ebenso könnte man bei einer Papierrechnung Tipp-Ex verwenden, um Zahlen zu ändern.

Der entscheidende Unterschied bei elektronischen Rechnungen, insbesondere im XML-Format, liegt jedoch in der Validierung. Wenn beispielsweise zwei Artikel zu je 20 Euro in der Rechnung aufgeführt sind, der Gesamtbetrag jedoch manuell auf 50 Euro geändert wird, schlägt dies bei der Validierung fehl. Seriöse Tools prüfen automatisch auf Plausibilität und werfen einen Fehler aus, wenn die Angaben nicht zusammenpassen.

Zusätzlich muss der Versender der XML-Rechnung eine revisionssichere Version der Originaldatei behalten. Diese kann bei Zweifeln mit der vom Empfänger manipulierten Version abgeglichen werden. Der Ersteller der Rechnung ist dabei immer im Vorteil, da er das Original besitzt und im besten Fall über ein Tool verfügt, das eine revisionssichere Protokollierung ermöglicht.

Büroeinkauf bei der Metro und Co.: Was ändert sich im stationären Handel?

Wie funktioniert das Ganze bei gewerblichen Käufen im stationären Handel?

Ab 2025 wird auch der stationäre Handel in der Lage sein müssen, E-Rechnungen für gewerbliche Käufe auszustellen. Das bedeutet, dass Sie auch bei Käufen im Baumarkt, Supermarkt oder beim örtlichen PC-Händler die Umsatzsteuer abziehen können, sofern der Verkäufer Ihnen eine E-Rechnung zur Verfügung stellt.

Eine mögliche Lösung könnte sein, dass an der Kasse nach Ihrer E-Mail-Adresse gefragt wird, damit Ihnen die E-Rechnung im Nachhinein zugesendet werden kann. Es bleibt allerdings spannend zu sehen, welche weiteren Lösungen Kassenanbieter für den Point of Sale bis dahin entwickeln werden.

Alternativ kann bis 31.12.2026 der Rechnungsempfänger auch zustimmen, eine „Sonstige Rechnung“ (z. B. PDF oder Papier) zu erhalten. Dafür braucht es aber die explizite Zustimmung des Empfängers, der Aussteller ist hier machtlos, wenn der Empfänger nicht einwilligt.

Wie sieht es denn aus, wenn ich dem Händler gegenüber als Privatkunde auftrete, die Ware dann jedoch anschließend betrieblich veräußere? Was wären die Folgen, wenn man in diesem Fall keine E-Rechnung vorliegen hat?

Ich muss dann die Ware von mir privat auf mich geschäftlich umlegen, als Einlage eines Steuerpflichtigen. Aber tatsächlich würde es hierbei keiner E-Rechnung bedürfen, da es sich nicht um ein B2B Geschäft handelt, sondern eine Privateinlage (C2B).

So bewahrt ihr E-Rechnungen revisionssicher auf

Wie bewahre ich E-Rechnungen korrekt beziehungsweise normkonform auf?

Die Aufbewahrung von E-Rechnungen unterscheidet sich im Prinzip nicht von den bisherigen Vorgaben zur normkonformen und revisionssicheren Archivierung von Rechnungen. Das Format der Rechnung ändert sich, aber die Regeln zur korrekten Aufbewahrung bleiben dieselben.

Es ist wichtig, die E-Rechnungen gemäß der Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form (GoBD) aufzubewahren, was auch die revisionssichere Archivierung einschließt. Diese Anforderung gibt es bereits und ändert sich nicht mit der Einführung der E-Rechnung, wird jedoch jetzt durch den Fokus auf digitale Rechnungen noch präsenter.

Ob Sie E-Rechnungen auf einem externen Datenträger, in der Cloud oder in einem gesicherten Ordner auf Ihrem PC speichern, ist grundsätzlich egal – alle diese Methoden sind möglich und konform. Wichtig ist jedoch, dass Ihr Unternehmen eine Verfahrensdokumentation hat, die genau beschreibt, wie Dokumente verwaltet und den Normen entsprechend abgelegt werden.

Was bedeutet „revisionssichere Archivierung“?

Revisionssicher bedeutet, dass die Belege nachvollziehbar, nachprüfbar, vollständig, richtig, zeitnah erfasst und einer festgelegten Ordnung folgend archiviert werden. Wichtig ist auch, dass sie nachträglich nicht verändert werden können. Dabei müssen alle elektronisch eingehenden Rechnungen und Belege – egal ob E-Rechnungen oder herkömmliche PDFs – revisionssicher archiviert werden. 
Dies gilt unabhängig davon, ob ein Selbstständiger umsatzsteuerpflichtig ist oder den Gewinn per Einnahmen-Überschuss-Rechnung oder Bilanz ermittelt. Für Papierbelege bleibt hingegen die Pflicht, diese in Papierform aufzubewahren. 

Vorsteuerabzug und E-Rechnung: Das müsst ihr ab 2025 beachten

Muss man eine designierte Buchhaltungssoftware nutzen oder gibt es auch einfache „Office“-Programme, welche in XML oder ZUGFeRD ausgeben können?

Nein, es gibt keine Verpflichtung, eine spezielle Buchhaltungssoftware zu nutzen. Allerdings bieten Office-Programme nach unserem Wissen aktuell keine Möglichkeit, Rechnungen im XML- oder ZUGFeRD-Format zu erstellen. Es gibt jedoch eine Vielzahl an Tools, die die Erstellung von E-Rechnungen unterstützen, und einige davon sind sogar kostenlos.

Wichtig ist jedoch nicht nur die Erstellung der Rechnungen, sondern auch, wie Sie diese revisionssicher archivieren. Dies ist mindestens genauso relevant, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. Eine sorgfältige Planung des gesamten Prozesses ist daher empfehlenswert.

Was gibt es zum Thema Vorsteuerabzug zu beachten?

Ab 2025 wird die E-Rechnung das führende und einzig zulässige Format für Rechnungen, wenn es um den Vorsteuerabzug geht. Es gibt jedoch einige zeitlich begrenzte Ausnahmen:

  • Papierrechnungen sind noch bis zum 31.12.2026 zulässig.
  • Für Rechnungen unter 250 Euro brutto muss keine E-Rechnung ausgestellt werden.
  • Der Empfänger kann ausdrücklich zustimmen, eine andere Rechnungsform (z. B. PDF) zu erhalten. Diese Option besteht bis 31.12.2026 generell und bis 31.12.2027, wenn das rechnungsausstellende Unternehmen im Vorjahr weniger als 800.000 Euro Umsatz erwirtschaftet hat.

Ab 2025 gilt: Abgesehen von den oben genannten Ausnahmen ist der Vorsteuerabzug nur mit einer gültigen E-Rechnung möglich. Wenn die Rechnung keine E-Rechnung ist, entfällt auch der Anspruch auf den Vorsteuerabzug. Daher ist es entscheidend, dass ab diesem Zeitpunkt auf die richtige Rechnungsform geachtet wird.

Vielen Dank für das Gespräch!



Über den Experten Buhl Data Service GmbH

Stefan Knuth ist seit elf Jahren für die Buhl Data Service GmbH tätig. Als Teamleiter von WISO MeinBüro Rechnungen treibt er die Weiterentwicklung der Software entlang der Kundenwünsche voran und schult Kunden im Umgang mit digitalen Prozessen.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Veröffentlicht: 24.09.2024
img Letzte Aktualisierung: 24.09.2024
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Ricarda Eichler

Ricarda Eichler

Expertin für Nachhaltigkeit

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