So schafft ein Unternehmen das Büro ab

Veröffentlicht: 26.08.2024
imgAktualisierung: 26.08.2024
Geschrieben von: Hanna Behn
Lesezeit: ca. 3 Min.
26.08.2024
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Junge Frau geht mit Laptop unterm Arm durch Blumenfeld
alya_silver / Depositphotos.com
Weniger Homeoffice, mehr Präsenzarbeit? Eine Agentur aus Düsseldorf denkt das Thema Arbeitsort neu: Mitarbeitende kriegen kein Büro, sondern ein Budget.


Einige Firmen beordern ihre Angestellten zwar zurück ins Büro – doch Homeoffice liegt weiterhin im Trend. Da stellt sich auch immer wieder die Frage: Kommen Unternehmen eigentlich auch gänzlich ohne die offizielle, gemeinsame Arbeitsstätte aus?

Das jedenfalls probiert jetzt ein Unternehmen aus Düsseldorf aus: YeaHR! ist eine Agentur für Employer Branding und Personalmarketing, wurde 2015 gegründet und besteht aus einem 25-köpfigen Team. Und das hat quasi kein Büro, denn das ist „überflüssig“, erklären sie. Wie funktioniert das? 

Das ist ein Flex-Work-Modell

Dieses neue bürolose Konzept bezeichnet die Agentur selbst als ein Flex-Work-Modell, intern hat es ihm den Namen „My Happy Place“ gegeben. Geregelt werden in diesem Modell gleich mehrere Aspekte zugleich: der Arbeitsort, Work-Life-Balance und die Arbeitsorganisation.

Um sich den eigenen Arbeitsplatz zu gestalten, bekommen die Beschäftigten bei YeaHR ein persönliches Budget zwischen 500 und 2.500 Euro pro Jahr – das ist abhängig davon, wie viele Tage pro Woche gearbeitet wird. Über eine persönliche Debitkarte wird dieses Budget zur Verfügung gestellt. Zugriff hat man darauf beispielsweise auch via Google oder Apple Pay. Die Mitarbeiter:innen können sich dafür mit dem Geld einen bequemen Homeoffice-Platz einrichten – wobei Laptop, Stuhl und Schreibtisch vom Unternehmen gestellt und somit nicht von diesem Budget bezahlt werden müssen.

Bis zu einer Woche pro Jahr können sie außerdem an Standorten von Schwesteragenturen der European Association of Employer Branding Agencies (EAEBA) arbeiten und die Reisekosten aus dem Budget bezahlen. Eine weitere Regelung sorgt dafür, dass Mitarbeitende Urlaub und Arbeit im Rahmen einer Workation im Ausland verbinden können. On top gibt es eine Sport- und eine Mental Health Flat, für die Konditionen mit entsprechenden Anbietern ausgehandelt wurden.

Jedem Teammitglied ist etwas anderes wichtig

„Wir haben in den letzten Jahren einige Angebote gemacht, um Arbeit flexibler zu gestalten und das Miteinander zu fördern. Aber uns ist klar geworden, dass wirklich jedes Teammitglied auf komplett unterschiedliche Dinge setzen und diese priorisieren würde, wenn es die freie Wahl hätte“, berichtet der Agentur-Geschäftsführer Andreas Herde. Diese Erfahrungen hat man zum Anlass genommen, das Arbeitsmodell radikal umzustellen. 

Seit 1,5 Jahren gibt es schon die 4-Tage-Woche und Sabbaticals, Coachings und viele Benefits. Das neue Modell bedient den Wunsch nach maximaler Flexibilität – der „besonders in der Kreativ-Szene sehr ausgeprägt ist“, so YeaHR.

Es zeigen sich aber auch Herausforderungen, denn wenn alle irgendwo arbeiten, wie arbeitet man dann noch zusammen? „Da es kein zentrales Office mehr gibt, wollen wir mit den zur Verfügung stehenden Optionen das Zusammenarbeiten, Lernen, Netzwerken, gemeinsame Socializen und Inspiration verstärkt fördern“, so Herde. Dafür gibt es einen Rahmenvertrag mit Co-Working-Space-Anbietern, sodass man sich in derlei Büros mit Kolleg:innen oder für Kunden- und Projekt-Meetings zusammensetzen kann. Und so ein Co-Working-Space ist in über 100 Ländern buchbar. Zudem trifft sich das ganze Team zu drei bis vier Meetings im Jahr und Treffen der einzelnen Abteilungen seien gewünscht und vorgesehen. Dass sich Kolleg:innen untereinander treffen, wird explizit gefördert.

Und ja, ein weiteres Mini-Büro ist auch vorhanden: ein Verwaltungssitz mit zwei Arbeitsplätzen, der als Postadresse, Buchhaltungsstelle, Raum für Ablage sowie als Adresse für Arbeitsverträge, Fahrzeuge, Rechnungen etc. dient. 

 

Großteil der Firmen hält an Homeoffice fest

Ob dieser Trend auch bei anderen Unternehmen Schule machen könnte? Nun, drei von vier Firmen wollen ihre Regelungen zur Arbeit von zu Hause so beibehalten, wie sie sind – und jede zehnte will sogar mehr Flexibilität einräumen, zeigt eine Umfrage des ifo-Instituts.

Dass die Beschäftigten öfter oder dauerhaft ins Büro zurückkehren müssen, wollen die wenigsten: Nur 4 Prozent der Betriebe wollen Homeoffice abschaffen, 12 Prozent wollen es etwas strenger regulieren. „Diese Ergebnisse widerlegen die Auffassung, dass der Trend zurück in die Büros geht“, erklärt ifo-Forscher Jean-Victor Alipour. „Homeoffice ist und bleibt in Deutschland fest verankert. Die Uhren drehen sich nicht auf 2019 zurück.“ Außerdem sei in 79 Prozent der Unternehmen das Arbeiten von Zuhause grundsätzlich machbar. Insofern hätten neue, superflexible Homeoffice-Konzepte abseits des typischen Büros hier und da ganz gute Chancen. Aber natürlich kommt es auf die Branche an – im Handel gilt die Option, dass die Arbeit von zu Hause möglich ist, nämlich höchstens für etwa 40 Prozent der Firmen.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Veröffentlicht: 26.08.2024
img Letzte Aktualisierung: 26.08.2024
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Hanna Behn

Hanna Behn

Expertin für Handel & Unternehmertum

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