Wie ist die Rechtslage für FBA-Händler, wenn Amazon patzt?

Veröffentlicht: 23.07.2024
imgAktualisierung: 23.07.2024
Geschrieben von: Yvonne Bachmann
Lesezeit: ca. 3 Min.
23.07.2024
img 23.07.2024
ca. 3 Min.
Versandlager von Amazon, welches symbolisieren soll, dass auch beim FBA Fehler unterlaufen können, die Händlern schaden und eine Haftung verursachen können
Erstellt mit DALL-E
Der Verkauf über Amazon und die Nutzung von FBA kann ein Segen sein – aber auch ein Abenteuer, wenn du dich nicht auf die Sorgfalt bei Amazon verlassen kannst.


Stell dir vor, du bist ein stolzer Händler oder eine stolze Händlerin auf Amazon. Dein Geschäft läuft gut, die Bestellungen trudeln ein und der Umsatz stimmt. Um sich das Leben einfacher zu machen, hast du dich für Fulfillment by Amazon (FBA) entschieden. Amazon übernimmt die Lagerung, den Versand und sogar die Retourenabwicklung für deine Produkte. Klingt nach einem Traum, oder?

Nun, das ist es auch – bis Amazon einen Fehler macht und dir dein Geschäft vermiesen oder sogar fast ruinieren kann. Vollkommen übertrieben ist das vermeintliche Schreckensszenario jedenfalls nicht, wie wir erst kürzlich berichtet haben. Wir wurden gefragt, wie die Rechtslage hinter dieser Konstellation in Deutschland ist.

FBA und das Abenteuer beginnt

Eines Tages klingelt das Telefon. Ein wütender Kunde ist am Apparat. Er hat gerade ein Produkt erhalten, das offensichtlich schon benutzt wurde. Kratzer, fehlende Teile, und dazu der Geruch von altem Käse – ein klares Indiz dafür, dass Amazon die Retoure des vorherigen Kunden nicht richtig überprüft hat. Das defekte Produkt wurde einfach wieder in den Warenbestand einsortiert und schließlich an den nächsten Besteller verschickt. Willkommen im Dschungel des FBA.

Du atmest tief durch, entschuldigst dich bei deinem Kunden und versprichst ihm eine schnelle Lösung. Doch innerlich brodelt es. Wer ist eigentlich verantwortlich, wenn Amazon bei deinen Artikeln – und deinem Vertrauen – patzt?

Rechtslage gegenüber den Kaufenden ist eindeutig

Zunächst einmal ist klar: Der Kunde hat einen Vertrag mit dem Händler oder der Händlerin abgeschlossen, nicht direkt mit Amazon. Das bedeutet, dass grundsätzlich auch der jeweilige Shop die Verantwortung für die Lieferung mangelfreier Ware trägt. Wenn ein Produkt anders als versprochen ankommt, haben also zunächst Händlerinnen und Händler das Problem, was wie ein ganz normaler Gewährleistungsfall behandelt wird.

Ergo: Gegenüber der Kundschaft muss entweder repariert oder neu geliefert werden, notfalls das Gegenüber sogar mittels Preisminderung oder einem Rücktritt besänftigt werden. Auf Amazon kann man dabei nicht verweisen.

Vorgehen gegen Amazon möglich, aber ratsam?

Aber auch hier gibt es eine zweite Seite der Medaille, denn als Händlerin oder Händler hat man auch mit Amazon einen Vertrag geschlossen, der sachgemäß erfüllt werden muss. Im Vertrag mit Amazon gibt es Klauseln, die genau solche Situationen abdecken. Amazon verpflichtet sich, die Lagerung und den Versand der Produkte durchzuführen, und das möglichst sorgfältig und fachgerecht. Wenn Amazon hier Fehler zulasten seiner Marketplace-Shops macht und diese dadurch Schäden erleiden, könnte theoretisch ein Schadensersatz geltend gemacht werden. Doch das ist leichter gesagt als getan.

Dezidierte Haftungsbeschränkungen in den Klauseln und die Aussicht auf künftige Sanktionen und Beschränkungen lässt viele Betroffene klein beigeben. Doch steht, wie im aktuellen Windel-Fall, das Geschäft auf dem Spiel, ist es nicht verkehrt, sich rechtliche Hilfe zu holen. Es ist dann wichtig, alle relevanten Dokumente und Beweise zu sammeln: Fotos des beschädigten Produkts, die Kommunikation mit den betreffenden Kund:innen und die Aufzeichnungen über die Retourenabwicklung. Je mehr Beweise es gibt, desto besser stehen die Chancen, Ansprüche gegenüber Amazon durchzusetzen.

Kann ich für Amazons Verhalten sogar abgemahnt werden?

Das Gleiche gilt auch für das sonstige Verhalten Amazons, was man sich mit der Nutzung von FBA zurechnen lassen muss. Kommt es im Falle eines Versehens seitens Amazon beispielsweise dazu, dass ein Artikel, der der Altersverifikation unterliegt, nicht entsprechend zugestellt wird, ist das auch für die Konkurrenz relevant. Es handelt sich nämlich um einen Verstoß gegen den Jugendschutz und somit um einen Wettbewerbsverstoß.

Ein anderes Beispiel wäre, wenn Artikel ohne eine vorgeschriebene Gebrauchsanleitung versendet werden oder die Verpackung (z. B. bei Kosmetik) fehlt und somit auch alle Pflichtinformationen und Warnhinweise. Hier ist dem Händler oder der Händlerin das Verhalten Amazons ebenfalls anzulasten und eine Abmahnung kann nicht mit der Schuldzuweisung gegenüber Amazon weitergereicht werden.

Veröffentlicht: 23.07.2024
img Letzte Aktualisierung: 23.07.2024
Lesezeit: ca. 3 Min.
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Yvonne Bachmann

Yvonne Bachmann

Expertin für IT-Recht

KOMMENTARE
1 Kommentare
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PG
24.07.2024

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sehr eigenartig, dass man nun feststellt, dass amazon nur vermittler ist, aber es nicht schafft dem vermittler mal klar in die schranken zu weisen. weder hat der vermittler das recht geld zu erstatten, noch das recht preise zu diktieren oder zu entschieden, ob eine kunde zurücksenden darf. das kartellamt sieht keinen grund einzugreifen und hier wird auch geschrieben, dass im endeffekt amazon außen vor bleibt. was stimmt hier denn nicht in dem land? muss man als händler jetzt auch über eine eigene ausländische firma gehen um sich dem allen zu entziehen? ist das wirklich der einzig sinnvolle weg....