PayPal ist eine der beliebtesten Zahlungsarten der Welt. Die Einstiegsschwelle ist niedrig, die Benutzung ist einfach und man kann überall damit bezahlen. Auch wenn man amerikanischen Großkonzernen kritisch gegenübersteht, muss man anerkennen: PayPal funktioniert ziemlich gut. Seit Jahren versuchen deutsche und europäische Finanzinstitute und -dienstleister, dem Platzhirsch etwas entgegenzusetzen – und seit Jahren funktioniert das eher schlecht als recht.

Paydirekt wurde jahrelang von deutschen Banken und Sparkassen vorangetrieben und hat es nie geschafft, auch nur annähernd die Marktanteile des großen Konkurrenten anzugreifen. Die Verbindung mit Giropay war vor längerer Zeit das letzte Hurra, mittlerweile ist klar, dass Paydirekt demnächst komplett eingestellt wird. Und jetzt kommt die European Payments Initiative (EPI) – ein Verbund mehrerer europäischer Banken – mit Wero um die Ecke, um den nächsten Versuch zu starten. Die Erfolgsaussichten? Mangelhaft!

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Launch mit angezogener Handbremse verfehlt die Zielgruppe

Die Idee von Wero ist gut. Eine Bezahloption, die unabhängig von einem US-Konzern funktioniert und große Banken im Rücken hat, denen Europäer:innen vertrauen, müsste eigentlich auf Gegenliebe stoßen. Aber schon mit dem Start schaufelt sich Wero sein eigenes Grab. Vorerst ist es ausschließlich möglich, mobile Zahlungen von einem Smartphone auf ein anderes zu tätigen. Ich frage mal unverblümt: Wer macht so etwas überhaupt, abseits von Kleinstbeträgen zwischen Freunden? Online-Payment und die Bezahlung in stationären Geschäften werden erst 2025 bzw. 2026 integriert – bis dahin hat sich Wero als Insellösung positioniert, die kaum ein Mensch im täglichen Gebrauch benötigt.

Die Frage, die sich Nutzer:innen immer stellen, wenn sie etwas Neues ausprobieren: Warum sollte ich das tun? Was wird für mich im täglichen Leben dadurch besser? Zum Start von Wero ist die Antwort erstmal: Gar nichts. Und wenn die wirklich sinnvollen Funktionen dann doch irgendwann kommen, ist Wero als Marke längst verbrannt. Wieso also schon jetzt der Launch, wenn der Großteil des Funktionsumfangs noch fehlt? Wieso ist nicht wenigstens die Bezahlung in Online-Shops direkt integriert? Wieso hat man nicht einfach gewartet, bis alles fertig ist und macht stattdessen diesen Early Access?

Wero soll die „europäische Souveränität im Zahlungsverkehr stärken“, sagt Joachim Schmalzl, Vorstand im Sparkassenverband DSGV. Langfristig wolle man die Abhängigkeit von außereuropäischen Anbietern beenden. Das ist ein hehres Ziel, allein: Es wird nicht funktionieren. In einigen Jahren, wenn Wero alles kann, was es soll und mit Millionen subventioniert wurde, aber trotzdem nur Marktanteile im Promillebereich vorweist, dann wird es heißen: Wir stellen Wero ein, weil die Akzeptanz bei den Kund:innen nicht wie erwartet ausgefallen ist. Aber immerhin wird dann der nächste halbgare PayPal-Konkurrent aus Europa längst in den Startlöchern stehen.

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