Rechtliches zu Transportschäden – einfach erklärt

Veröffentlicht: 15.08.2024
imgAktualisierung: 15.08.2024
Geschrieben von: Sandra May
Lesezeit: ca. 5 Min.
15.08.2024
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ca. 5 Min.
Eine handgezeichnete Illustration zeigt ein gelbes DHL-Lieferfahrzeug, das langsam durch eine Stadt fährt. Die Hintertür des Fahrzeugs ist leicht geöffnet, und ein braunes Paket fällt sanft heraus.
Erstellt mit Dall-E
Was tun, wenn die Lieferung beschädigt ankommt oder ganz ausbleibt? Dieser Artikel klärt über Rechte von Verbraucher:innen und Pflichten von Händler:innen auf – sowohl im B2C- als auch im B2B-Bereich.


Unter dem Motto „Wo gehobelt wird, fallen Späne“ kommt es im Versandhandel immer wieder vor, dass Ware beschädigt oder gar nicht geliefert wird. Angesichts der Belastungen, denen Pakete während des Transports ausgesetzt sind, ist das kaum verwunderlich. Doch was passiert, wenn ein solcher Fall eintritt? Welche Rechte haben Kund:innen und worauf müssen Online-Händler:innen achten? In diesem Artikel beleuchten wir typische Szenarien und erklären, wie die Rechtslage sowohl im B2C-Bereich (Verbraucherschutz) als auch bei B2B-Geschäften zu bewerten ist.

Ware trotz ausreichender Verpackung beschädigt

Der Fall: Annika bestellt bei Marianne ein Tafelservice. Marianne verpackt die Ware sorgfältig. Sie hat solche Ware schon mehrfach versendet und nie ging mit ihrer Verpackungsweise etwas zu Bruch. Dennoch kommt die Ware quasi als Bausatz bei Annika an. Ein Großteil der Stücke ist zu Bruch gegangen. Auch Annika sieht direkt, dass so etwas nicht hätte passieren dürfen. Immerhin sieht sie, wie gut gepolstert alles war. Hier scheint ordentlich etwas beim Logistikunternehmen schiefgegangen zu sein. Marianne fragt sich nun, ob sie Annika neue Ware zusenden muss.

Wenn Annika Verbraucherin ist: Im B2C-Handel tragen Händler:innen das sogenannte Transportrisiko. Sie müssen also dafür geradestehen, wenn die Ware auf dem Weg zur Kundschaft kaputt oder verloren geht. Marianne muss Annika also einen Ersatz liefern. Gegebenenfalls hat Marianne aber Ansprüche gegen das Logistikunternehmen.

Wenn Annika Unternehmerin ist: Anders sieht es aus, wenn Annika das Service für ihren Gewerbebetrieb bestellt hat. Hier trägt Marianne nicht das Transportrisiko. In dem Moment, in dem sie die Ware an das Transportunternehmen übergibt, endet ihre Haftung. In diesem Fall muss Marianne also keinen Ersatz leisten.

Ware wegen unzureichender Verpackung beschädigt

Der Fall: Marius will an seinen Kunden Philipp eine Vase versenden. Diese verpackt er eher nach dem Motto „Wird schon schiefgehen“ und – nun ja – es geht halt schief. Die Vase kommt kaputt an. Muss hier ein Ersatz geliefert werden?

Wenn Philipp Verbraucher ist: Hier gilt dasselbe wie im ersten Fall. Marius haftet als Unternehmer so oder so für das Transportrisiko und muss Philipp einen Ersatz liefern.

Wenn Philipp Unternehmer ist: Hat Philipp die Vase als Dekoration für sein Büro bestellt, sieht der Fall gleich aus. Zwar haftet Marius im B2B-Geschäft nicht für den Transport; allerdings ist das hier gar keine Frage des Transportrisikos. Vom Transportrisiko spricht man nämlich, wenn die Ware zufällig – also ohne, dass die Kundschaft oder die Verkäuferseite Schuld ist – kaputtgeht. Hier ist die Vase aber aufgrund der unzureichenden Verpackung zu Bruch gegangen. Entsprechend haftet Marius hier für den Schaden und muss für Ersatz im Wege der Nacherfüllung sorgen.

Paket verschollen

Der Fall: Luise bestellt bei Lisa neue Werkzeuge. Lisa versendet diese und schickt Luise die Sendungsverfolgungsnummer. Allerdings kommt das Paket nie an. Wirklich nachvollziehen, wo das Paket gelandet ist, lässt sich nun auch nicht mehr. Lisa fragt sich, wie das Ganze jetzt rechtlich aussieht.

Wenn Luise Verbraucherin ist: Hat Luise die Werkzeuge für ihren Hobbykeller bestellt, ist die Sache ganz klar. Lisa haftet als Unternehmerin für den Transport. Allerdings muss hier keine Neulieferung veranlasst werden. Geht eine Sendung verloren, darf der Kaufpreis direkt erstattet werden. Wichtig zu wissen ist hier, dass man der Kundschaft in aller Regel nicht zumuten kann, bis zum Ende des Nachforschungsauftrags zu warten.

Wenn Luise Unternehmerin ist: Hat Luise die Werkzeuge für ihr Kfz-Unternehmen bestellt, sieht die Sache schon anders aus. Gehen wir davon aus, dass Lisa das Paket richtig adressiert hat, dann endet ihre Haftung mit der Abgabe beim Logistiker. Entsprechend ist Lisa aus der Haftung raus und Luise steht ohne Geld und ohne Ware da.

Paket vom Ablageort gestohlen

Der Fall: Martin bestellt bei Heikes Buchhandel einige Fachbücher für seinen Garten. Als der Lieferdienst ihn nicht antreffen kann, stellt dieser das Paket einfach an der Haustür ab. Als Martin es abends einsammeln will, steht es nicht mehr da. Offenbar hat die Gelegenheit hier Diebe gemacht. Die Frage ist nun: Wer kommt für den Schaden auf?

Wenn Martin Verbraucher ist: Hat Martin die Bücher für sein Hobby erworben, kommt es für die Frage der Haftung ganz entscheidend darauf an, ob der Ablageort so von Martin angegeben wurde oder nicht. Hat Martin diese Stelle als Ablageort hinterlegt, endet die Haftung von Heike in dem Moment, in dem der Paketdienst die Ware dort abstellt. Düster für Heike sieht es aber aus, wenn kein Ablageort von Martin genehmigt wurde. Dann wurde das Paket noch nicht wie vereinbart zugestellt und Heike muss den Kaufpreis erstatten.

Wenn Martin Unternehmer ist: Hat Martin die Bücher für seinen Gartenbaubetrieb erworben, gilt das, was schon in den anderen Fällen galt. Heikes Haftung hört in dem Moment auf, in dem sie das Paket an den Versanddienstleister übergeben hat.

B2C: Paket kommt nach Widerruf nicht an

Der Fall: Als Letztes geht es noch um einen Fall, der nur Verbraucher:innen betrifft. Paul bestellt bei Sabine einige Kleidungsstücke und macht dann von seinem Widerrufsrecht Gebrauch. Er verpackt die Ware und gibt sie im Paketshop ab. Allerdings kommt die Ware nie an. Bekommt Paul dennoch sein Geld zurück?

Lösung: Im B2C-Handel trägt das Unternehmen nicht nur das Transportrisiko für den Hinversand, sondern auch für den Rückversand im Widerrufsfall. Gehen wir davon aus, dass Paul die Ware ordentlich verpackt und richtig adressiert hat, hat Sabine hier das Nachsehen.

Fazit: Verbraucher:innen stark geschützt

Zusammenfassend zeigt dieser Artikel, dass im Versandhandel eine klare Unterscheidung zwischen B2C- und B2B-Geschäften wesentlich ist, um die Haftungsfragen bei beschädigten oder verlorenen Waren richtig zu bewerten. Während Verbraucher:innen im B2C-Bereich umfassend durch die Haftungsregelung zum Transportrisiko geschützt sind und Händler für Schäden oder Verluste haften, sieht die Situation im B2B-Bereich anders aus. Hier endet die Haftung der Händler:innen in der Regel mit der Übergabe der Ware an den Versanddienstleister. 

Es ist daher für alle Beteiligten wichtig, die jeweiligen rechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um Streitigkeiten zu vermeiden. 

Veröffentlicht: 15.08.2024
img Letzte Aktualisierung: 15.08.2024
Lesezeit: ca. 5 Min.
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Sandra May

Sandra May

Expertin für IT- und Strafrecht

KOMMENTARE
1 Kommentare
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DFr
16.08.2024

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Während die rechtliche Lage anscheinend derart klar ist, sieht es in der Praxis so aus, dass sowohl Kunde (B2B und B2C) als auch Transportdienstleiser i.d.R. folgenden Verständnis von Transportschäden haben: "Wurde ein Artikel beim Transport beschädigt, war er nicht ausreichend verpackt." Ich habe seit Anfang der 90er viele tausend Pakete persönlich verpackt und während es anfangs noch möglich war, bei Beschädigungen Ersatz zu bekommen, halte ich das inzwischen für nahezu ausgeschlossen. Ich würde mich freuen wenn andere Leser Positiveres berichten könnten. Verlust wird sicher ersetzt und vielleicht auch kuriose Schäden, die praktisch nicht vorkommen aber der Standard-Schaden weil z.B. die teuren originalen DHL-Kartons schlichtweg zerdrückt werden weil sie für normalen Versand absolut unzureichend sind wird vermutlich immer beim Versender bleiben und nicht vom transportdienstleister übernommen - solange man nicht ein seeehr großes Versandvolumen hat. Natürlich ersetze ich meinem B2B-Kunden Transportschäden - zumindest wenn ich ihn nicht verlieren möchte und ich keine Lust auf Anwalt, Gericht, Gutachter habe. Unterschied zum B2C-Kunden mache ich lediglich bei der Frist zur Mängelrüge.