Künstliche Intelligenz (KI) wird in immer mehr Bereichen eingesetzt und verspricht, Prozesse zu automatisieren und effizienter zu gestalten. Auch Amazon setzt verstärkt auf KI, um den eigenen Marktplatz zu optimieren – von der Bildauswahl auf Produktseiten bis hin zur Erstellung von Produkttiteln. Doch diese Automatisierungen sind nicht ohne Risiken. Fehlerhafte, KI-generierte Inhalte und automatisierte Änderungen können für Händlerinnen und Händler zu einer rechtlichen Falle werden, in der sie für Probleme haften müssen, die sie nicht selbst verursacht haben.

KI-Fehler und automatisierte Änderungen sorgen für Aufregung

Die jüngsten Entwicklungen auf der Plattform führten unter anderem zu Änderungen bei der Bildauswahl für Produktseiten, um die Verkaufschancen zu optimieren. Amazon priorisiert hierbei per Automatismus Bilder von Markeninhabern. In anderen Fällen haben sich durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz fehlerhafte Produkttitel in das Sortiment eingeschlichen, die für Spott sorgten, aber auch Fragen hinsichtlich Amazons Qualitätskontrolle aufgeworfen haben. Amazon hat zwar reagiert und die betroffenen Produkte entfernt, doch das Problem zeigt eine generelle Schwäche des automatisierten Systems. Besonders prekär wird die Situation durch die automatische Umsetzung solcher Änderungen ohne ausreichende Rücksprache mit den Sellern – eine Entwicklung, die für viele kleine und mittelständische Unternehmen existenzbedrohend sein könnte.

Neuester Coup: Automatisierte Änderungen

Ein weiteres beunruhigendes Beispiel für die Konsequenzen dieser Automatisierung zeigt ein aktueller Händlerbericht. „Wir führen ein neues Programm ein, das die Vorteile künstlicher Intelligenz nutzt, um umfangreichere Produktangebote zu generieren. Wir empfehlen Ihnen, einige Inhalte in den Angeboten für Produkte zu ändern“, heißt es in einer Nachricht an den Seller. Der betroffene Händler wird darin außerdem aufgefordert, die durch die künstliche Intelligenz erweiterten Inhalte zu überprüfen und ein Feedback (in diesem Fall mit einer Frist von rund zwei Wochen) zu geben und entweder zuzustimmen oder abzulehnen.

„Wenn Sie uns mitteilen, dass Sie mit den vorgeschlagenen Aktualisierungen nicht einverstanden sind, wird der bestehende Inhalt beibehalten, und wir werden die empfohlenen Aktualisierungen nicht veröffentlichen. Wenn Sie bis [...] keine Maßnahmen ergreifen, werden die empfohlenen Aktualisierungen veröffentlicht“, heißt es in der Nachricht weiter. Der Händler ist zu Recht besorgt und fragt sich, welche Ausmaße solche Aktionen annehmen können, wenn er sich beispielsweise im Urlaub befindet oder die Fristen und der Umfang so groß werden, dass man schlicht und ergreifend keine Zeit für eine durchdachte Reaktion hat. Dann gehen Inhalte online, die nicht rechtssicher sind. Abmahnung freut so etwas.

Bleiben Seller durch die Optimierungen auf der Strecke?

Die Situation ist tatsächlich heikel, da Seller die volle Verantwortung für die Inhalte ihrer Produktseiten tragen, selbst wenn Amazon automatisierte Änderungen ohne Zustimmung vornimmt. Bedenklich ist vor allem, dass Amazon weiterhin automatisierte Prozesse vorantreibt, ohne den Händlerinnen und Händlern ausreichend Kontrolle zu lassen – ein Vorgehen, das im schlimmsten Fall existenzbedrohende Folgen haben kann. Nach außen hin ist man wie vor Gericht und auf hoher See auch bei Amazon in Gottes Hand. Die Abmahnung bekommt nämlich nicht Amazon für die Fehler, sondern Händlerinnen und Händler.

Händlerinnen und Händler müssen also wohl oder übel ständig wachsam bleiben, um rechtzeitig auf potenziell problematische Änderungen reagieren zu können. Vor allem kleinere Unternehmen sind durch diese Praxis stark gefährdet, da sie oft nicht die Ressourcen haben, rund um die Uhr auf potenzielle Änderungen zu reagieren.

Allerdings bieten die jüngsten Maßnahmen auch die Chance, dass Gerichte einschreiten. Als Plattformbetreiber hat Amazon auch eine Pflicht, Schäden von seinen Vertragspartnern abzuwenden und darf nicht willkürlich und nach Lust und Laune Tools testen, die andere in Existenznot bringen. Einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb könnte das darstellen. Nur den Mut und die Ausdauer müssen die Betroffenen selbst mitbringen

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