OSS-Mahnungen aus dem Ausland: Muss ich zahlen?

Veröffentlicht: 01.08.2024
imgAktualisierung: 01.08.2024
Geschrieben von: Yvonne Bachmann
Lesezeit: ca. 3 Min.
01.08.2024
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ca. 3 Min.
Auf einem bunten Tisch rechnet eine Person ihre Steuern aus mit einem Taschenrechner, um sie in ein Formular einzutragen. Das soll den Vorgang symbolisieren, den Unternehmen erledigen müssen, um ihre Steuern über den OSS-Verfahren zu zahlen.
VadimVasenin / Depositphotos.com
Das OSS-System soll den Aufwand für Unternehmen reduzieren. Trifft die Zahlung jedoch zu spät ein, sind Mahngebühren aus dem Ausland die Folge.


Die zunehmende Globalisierung und der grenzüberschreitende Handel innerhalb der Europäischen Union haben den Bedarf an effizienteren und transparenteren Steuersystemen verstärkt. Vor diesem Hintergrund wurde das One-Stop-Shop (kurz: OSS)-Verfahren eingeführt, das es Unternehmen ermöglicht, ihre Umsatzsteuerpflichten für grenzüberschreitende Verkäufe innerhalb der EU über ein einziges Portal zu erfüllen.

Trotz dieser Erleichterung stehen viele Händlerinnen und Händler vor kleinen und großen Herausforderungen technischer und administrativer Natur. Mahnungen aus Spanien und anderen Ländern, weil die dortigen Zahlungsfristen nicht eingehalten wurden, sind eine praktische Folge, um die es in diesem Beitrag gehen soll.

Auch die Zahlungsfrist verpasst?

Die Einhaltung der Zahlungsfristen ist weiterhin entscheidend, um zusätzliche Kosten durch Mahngebühren und Verzugszinsen zu vermeiden. Dies ist besonders relevant für deutsche Händlerinnen und Händler, die von ausländischen Behörden kontaktiert werden, weil sie die dort geltenden Zahlungsfristen nicht eingehalten haben.

Aktuell berichtete uns ein Betroffener von ebenjenem Schreiben. Der Brief der spanischen Steuerbehörde Agencia Tributaria informiert in Englisch darüber (Order of Enforcement), dass man die Zahlungsfrist für die Umsatzsteuer im Rahmen des OSS-Verfahrens für das jeweilige Quartal verpasst habe. Die geschuldete Zahlung sei erst nach Ablauf der Zahlungsfrist beglichen worden, was zu einem Zuschlag von 5 Prozent der Steuersumme (Executive Surcharge) führe. Er wird aufgefordert, den Betrag innerhalb der angegebenen Frist zu zahlen, um zusätzliche Zinsen und Kosten zu vermeiden.

Allein die Fristberechnung ist für uns etwas ungewöhnlich, denn es wird kein konkretes Fälligkeitsdatum genannt. Dieses muss man sich anhand des Erstellungsdatums des Briefes selbst berechnen. Detaillierte Anweisungen zur Durchführung der Zahlung sind zwar angegeben, einschließlich der Wichtigkeit, die richtige Zahlungs-ID anzugeben, um die Überweisung korrekt zuzuordnen. Dazu teilt der Steuerexperte Dr. Roger Grothmann von Taxdoo seine Erfahrungen zu den Tücken bei der Zahlung mit allen Betroffenen.

Bei Nichtzahlung innerhalb der angegebenen Fristen wird mit einer Beschlagnahme des Eigentums gedroht, um die Schulden, den Vollstreckungszuschlag, Verzugszinsen und Verfahrenskosten zu decken. Der Betroffene hat die Möglichkeit, gegen diese Mahnung innerhalb eines Monats Einspruch zu erheben oder eine Beschwerde einzulegen. Und hier kommt auch schon die entscheidende Frage: Ist die Mahnung berechtigt?

Trotz rechtzeitiger Zahlungsanweisung – Ist die Mahnung legal?

Interessant an dem uns vorliegenden Fall ist, dass der Händler sich keiner Schuld bewusst ist. Die Zahlung sei fristgerecht (für Zahlungen betreffend Q1 ist es der 30.04.) am 29.04.2022 ausgegangen. Knackpunkt könnte jedoch trotzdem ein zeitlicher Versatz gewesen sein. Der 29.04.2022 war ein Freitag und somit besteht zumindest die Möglichkeit, dass die Zahlung nicht spätestens am Samstag, dem 30.04.2022 eingegangen ist.

Das wäre jedoch die Voraussetzung, denn das Umsatzsteuergesetz besagt: „Die Entrichtung der Steuer erfolgt [...] fristgemäß, wenn die Zahlung bis zum letzten Tag der Frist [...] bei der zuständigen Finanzbehörde des anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union eingegangen ist.“ Grothmann empfiehlt, „die Meldung UND die Zahlung 5 Werktage vor Fristende zu leisten“, damit es nicht zu solch einer Mahnung kommt. Ist man sich nicht sicher, sollte man mit dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) beziehungsweise der Bundeskasse in Trier noch einmal Rücksprache halten.

Ausnahmsweise sind es mal nicht die strengen Deutschen, sondern die spanischen Behörden, die auch tatsächlich ab dem ersten Tag fünf Prozent des Umsatzsteuerbetrages anmahnen. Das, so Grothmann, sei in Spanien so gesetzlich geregelt und damit offensichtlich legal.

Zahlungserinnerungen: Praxistipp & Fazit für Unternehmen

Unternehmer, die am One-Stop-Shop-Verfahren der EU teilnehmen, erhalten immer wieder Zahlungserinnerungen von anderen EU-Mitgliedstaaten. Diese Erinnerungen sind auf Verzögerungen bei der Weiterleitung von Steuerzahlungen zurückzuführen. Wer solch eine Erinnerung erhalten hat, sollte überprüfen, ob die Steuern ordnungsgemäß an die Bundeskasse Trier überwiesen wurden. In diesem Fall sollte man, ggf. mit fachlicher Hilfe, dem betreffenden Mitgliedstaat mitteilen, dass die Zahlung rechtzeitig erfolgt ist.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Veröffentlicht: 01.08.2024
img Letzte Aktualisierung: 01.08.2024
Lesezeit: ca. 3 Min.
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Yvonne Bachmann

Yvonne Bachmann

Expertin für IT-Recht

KOMMENTARE
3 Kommentare
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Jens Hessberger
08.08.2024

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Hallo, genau das gleiche ist und zwei mal passiert. Ich dachte erst die spanische email sei ein Fake und habe die deutsche Steuerbehörde angeschrieben. Da ich auch kein spanisch kann muss ich mir alles übersetzten lassen. Die Zahlung von ca 3 € haben wir dann geleistet nachdem ein persönlicher Brief aus spanien kam mit amtlichen Stempel oder so. Aslo doch kein Betrug. Jetzt das gleiche wieder. Das komische ist es geht um das jahr 2022 wir schreiben jetzt August 2024. Was weiss ich den heute noch wann ich das 2022 agbgeschickt habe. Da machen die so ein leben wegen 3 € und ich dachte schon wir deutschen haben ein Schatten. Aber apple, facebook und co die gar keine Steuern zahlen das ist okay. Komische welt
Martin
07.08.2024

Antworten

Hallo Yvonne, super nachvollziehbarer Hinweis - wir haben ebensolche Strafzahlung auch für Spanien bereits erledigt. Mir selber liegen aber auch schon einigen anderen Ländern derartige Forderungen vor - und das zu Verspätungen bei den ersten beiden Quartalen, in denen OSS gerade gestartet war: Q3 und Q4-2021. Wenn wir uns erinnern: weder direkt beim Bundeszentralamt noch via Datev war hier alles problemlos übermittelbar. Genau das Argument hat bei den niederländischen Behörden gewirkt: dort wurde auf die Verfolgung verzichtet. Insbesondere, wenn der Hinweis freundlich erfolgt und mitgeteilt wird, dass ja in der Folge pünktlich gezahlt wurde. Befremdlicherweise wird einem Unternehmen es sehr schwer gemacht, mit den anderen ausländischen Behörden in Kontakt zu treten. Denn eine Emailadresse findet man auf den meisten dieser Schreiben nicht. Es könnte Absicht dahinter stehen, dass man "Rückfragen" dazu vermeiden möchte. Der wichtige Ratschlag, der sehr ernst gemeint ist: die pünktlichen Zahlungen sollten auf keinen Fall versäumt werden. Denn, das haben wir mehrere StB bereits bestätigt: wer als unzuverlässiger Zahler identifiziert wird, dem kann die Teilnahme an OSS verweigert werden. Konkret bedeutet das, dass ein solches Unternehmen dann wieder eigenverantwortlich bei jedem einzelnen Land eine Steuernummer beantragen und die Beträge individuell erklären und zahlen muss. Das wurde mir mit solchem Nachdruck zweimal mitgeteilt, dass kein Zweifel daran aufkommen sollte, dass sowas ernst gemeint ist. In diesem Sinne: fröhliches Melden und Zahlen - aber pünktlich :-)
dirk
02.08.2024

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Es wäre vor allem auch hilfreich, wenn das BZSt es auch schaffen würde, geänderte Steuersätze der EU-Länder rechtzeitig ins OSS-Meldesystem einzupflegen. Und nicht wie bei Malta, Tschechien etc., wo dies im 1. Quartal 2024 versäumt wurde, obwohl die geänderten Steuersätze bereits seit dem 01.01.2024 galten. Es wird spannend, ob und wie die Erhöhung der MwSt. in Finnland von 24 auf 25,5% zum 01.09.2024 umgesetzt wird - zumal die Änderung INNERHALB eines Quartals erfolgt, also Abgrenzungen für Juli und August sowie dann für September mit dem neuen Steuersatz erfolgen müssen. So etwas ist im jetzigen System nämlich eigentlich nicht vorgesehen...