Paketkästen bzw. Paketboxen scheinen die Lösung für Probleme in puncto Paketzustellung beim Endkunden. Doch die Systeme sind vielfältig. Normen gibt es bisher nur in puncto Beschaffenheit der Boxen. Doch das soll sich ändern – die DIN hat sich jetzt eingeschaltet und Wirtschaft, Verbände und Behörden an einen Tisch gebracht, um zu klären, ab wann „offen für alle“ auch wirklich offen für alle meint.

Der Online-Handel hat in den letzten Jahren für eine Flut an Paketen gesorgt. Eine Änderung ist nicht abzusehen. Ein Blick auf die Zahlen macht das Wachstum deutlich. Wurden im Jahr 2000 1.690 Millionen Sendungen von Kurier-, Express- und Paketdienstleistern (KEP) in Deutschland transportiert, waren es 2010 schon 2.330 und 2014 schließlich schon 2.780 Millionen - Tendenz steigend.

Allerdings stehen vor allem die Paketdienstleister vor enormen Problemen, wenn es darum geht, dem Endkunden das Paket wirklich in die Hand zu drücken. Denn zu oft, sind diese nicht da und das Paket muss noch ein zweites Mal zugestellt werden oder landet schließlich in einer Abholfiliale. Für beide Parteien ein sehr umständliches, ärgerliches und vor allem auch teures Prozedere. An einer Lösung wird schon seit langer Zeit gearbeitet: Paketkästen vor Einfamilienhäusern oder in Mehrfamilienhäusern werden entwickelt.

DIN holt alle beteiligten Player an einen Tisch

Während die DHL bereits seit Mai 2014 mit einem eigenen und geschlossenen System experimentiert und dieses seit September letzten Jahres auch in Mietshäuser bringt, plant die Konkurrenz ein offenes System für alle. Hermes, DPD und GLS haben dafür die ParcelLock GmbH gegründet. Zur Vorstellung des Paketkastens erklärt ParcelLock-Geschäftsführer Dirk Reiche im Oktober 2015, dass „Paketkästen, die nicht auf einen Dienstleister beschränkt sind, [..] das Empfangen von Paketen für viele Menschen vereinfachen“ können.

Doch was meint eigentlich „offen für alle“? Um diese Frage zu klären, hat sich nun das Deutsche Institut für Normung – kurz DIN – in die Diskussion um den Aufbau eines einheitlichen Systems eingeschaltet und hat in einem Arbeitskreis Unternehmen aus der Logistik- und Transportbranche sowie Unternehmen des Online-Handels zusammen gebracht. Weiterhin sind in dem Arbeitskreis auch der DIN-Verbraucherrat und Vertreter aus der Forschung sowie Verbände wie der BdKEP und der Händlerbund eingebunden, offene Lösungen schwerpunktmäßig voranbringen. „Sie erarbeiten gemeinsam eine unternehmensübergreifende Lösung, die es allen Marktteilnehmern – Anbietern und Kunden – ermöglicht, über ein allgemein gültiges Login-System auf Paketkästen zuzugreifen: für die Anlieferung, als auch für die Rücklieferung“, erklärt Andrea Schröder, Leiterin der Kommunikation bei DIN. „Im Zentrum des DIN-Normungsprojektes steht eine einheitliche Zugangsmöglichkeit, die von allen Logistik- und Transportbetreibern sowie anderen Dienstleistern genutzt werden kann. Ein solcher Standard führt zu Effizienz und Kosteneinsparungen bei den Anbietern und Komfort bei den Kunden“, heißt es dazu weiter.

Kriterien sollen Gutachtern helfen

Das Thema Paketboxen resultierte aus einem Workshop zum Thema „Logistik in der Stadt der Zukunft“, zu dem das DIN eingeladen hatte. Dort wurde in den Diskussionen von den Teilnehmern der Bedarf nach einem solchen Standard formuliert.

Welchen Fragen stellt sich der Arbeitskreis nun? Andreas Schumann, Teilnehmer des Arbeitskreises und Vorsitzender des Bundesverbandes der Kurier-Express-Post-Dienste, erklärt auf Anfrage des LogistikWatchblogs, dass „anhand der beim DIN angestrebten Normen, Gutachter beurteilen sollen können, ob eine Paketbox als ‚offen‘ nach den Kriterien des DIN bezeichnet werden darf.“

Die Kriterien sollen entsprechend folgender Themenbereiche definiert werden:

  • Wie ist sichergestellt, dass die Zusteller von berechtigten Post- und Kurierunternehmen Sendungen in die Paketbox zustellen können?
  • Wie kann festlegt werden, welche Sendungen der Post- und Kurierunternehmen in der Paketbox zugestellt werden können?
  • Kann so die Rückgabe von Retouren durchgeführt werden, und wenn ja, wie?
  • Wie werden die Logistikdaten, die bei der Zustellung und Entnahme von Sendungen anfallen, verwaltet?
  • Über welche Schnittstellen können die IT-Systeme der Kurier- und Postdienste mit den Paketboxen kommunizieren?

Wann es zu einer Einigung bezüglich der Kriterien/Normen kommt, steht noch nicht fest. Der Sprecher des Arbeitskreises, Martin Jaeppche von TNT, weist jedoch darauf hin, dass der Arbeitskreis „an einem ersten Entwurf der Norm“ arbeite. „Das ist insofern ein bedeutender Schritt, als das alle relevanten Marktteilnehmer an diesem Unterfangen teilnehmen. Dies schließt bereits auf dem Markt agierende Akteure mit ein.“

Grundlegend ist aber zu sagen, dass die Anwendung von DIN-Normen grundsätzlich freiwillig ist. Erst wenn Normen zum Inhalt von Verträgen werden oder wenn der Gesetzgeber ihre Einhaltung zwingend vorschreibt, werden Normen bindend.