In unserem zweiten Teil „Ware zur Person vs. Person zur Ware“ zum Thema Krankenstände in der Logistik dreht sich dieses Mal alles um die Verpflichtung der Logistik-Unternehmen, die Mitarbeiter auf der Reise der permanent neuen Anforderungen mitzunehmen. Denn mit dem Einsatz neuer Technik am Arbeitsplatz können Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen erheblich verbessern.

Denn die „Sofortness“, die wir als Kunde und Käufer bereits entwickelt haben, also der Wunsch, Dinge sofort und umgehend zu erhalten und dies möglichst fehlerfrei und gleichzeitig günstig, mit einem hohen Anspruch an Service, Leistung, Qualität und Preis, wirkt auf jeden von uns. Die Wirtschaft ist ein Kreislauf. Mit dieser Erwartungshaltung geht auch die Tatsache einher, dass dieser Druck irgendwann die meisten von uns betreffen wird. Gleichzeitig kommt hinzu, dass Service, Leistung, Qualität und Preis auch seinen Preis hat und die Wünsche zwischen dem besten Service und einem möglichst günstigen Preis betriebswirtschaftlich gegensätzlich wirken.

 

Darüber hinaus nimmt das Durchschnittsalter der Bevölkerung stets zu, etwas, was auch auf dem Arbeitsmarkt seit Längerem zu beobachten ist. Als besondere Herausforderung ist in diesem Szenario, sowohl für die Unternehmen als auch die Mitarbeiter, zu nennen, dass mit der steigenden Lebenserfahrung und mit dem zunehmenden Alter der Mitarbeiter, die Fähigkeit sich auf Veränderungen einzulassen, nicht unbedingt steigt.

 

Kurz: Im ersten Teil dieses Beitrages sind wir auf die Entwicklung des Internets und dessen Einfluss auf unsere Gesellschaft, mit all den daraus entstehenden Erwartungshaltungen, eingegangen. Die Unternehmen haben diesen Trend erkannt. Damit steigt aber auch die Anforderung an neue Lösungen in der Logistik. Gleichzeitig verändern sich auch die Erwartungshaltungen an die Führungskräfte. Etwas, worauf wir in einem der späteren Teile eingehen werden.

Die Gestaltung von Arbeitsplätzen in der Intralogistik zum effizienten Einsatz auch von älteren und behinderten Menschen

Mit diesem Titel begann Andreas Oy, Global Sales Manager SSI Schäfer in Giebelstadt, seinen Vortrag.

Logistikarbeiter bei täglicher Arbeit

 

Im Rahmen seiner Leistungen und als der führende Hersteller von Förder- und Kommissionier-Systemen (Lagertechnik, Arbeitsplatzsystemen sowie IT-Lösungen), die die SSI Schäfer Gruppe mit mehr als 9.000 Mitarbeitern weltweit anbietet, zeigte Herr Oy auf, wie wichtig dem Unternehmen die Fragestellung nach der Logistik der Zukunft bereits heute ist.

 

Unter der Aussage „Humane Arbeitsplätze schaffen“ verwies Herr Oy auf klassische Szenarien, die sich sicherlich in jeder Paketfabrik vorfinden lassen. So wird zum Beispiel bei der Kommissionierung von Paletten die tägliche Belastung deutlich, unter der Mitarbeiter in den Logistikzentren arbeiten. Diese Belastungen durch ungünstige Körperhaltung oder Bewegungsabläufe mit gleichzeitiger manueller Lastenhandhabung gehören zum Alltag.

CUELA: Computer-Unterstützte Erfassung und Langzeit-Analyse

Das Messsystem CUELA wurde von dem IFA (Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung) entwickelt.

 

Mit dem System ist es möglich, die Belastungen während der einzelnen Arbeitsvorgänge, also unmittelbar am Arbeitsplatz und somit unter realen Bedingungen, zu messen. Wie das im „live“ Einsatz aussieht, ist auf den nachfolgenden Bildern sehr gut zu erkennen. Über Sensoren werden die gesamten Bewegungsabläufe gemessen und an die Software „WIDAAN“ übertragen. Durch Auswertungen der Messdaten nach arbeitswissenschaftlichen sowie biomechanischen Abläufen ist es dann möglich, Aussagen über die Belastung zu treffen. Gleichzeitig sind auch Rückschlüsse über gezielte Gegenmaßnahmen und zur zukünftigen Reduzierung oder Vermeidung berufsbedingter Gesundheitsgefahren möglich.

© SSI Schäfer 2014 - CUELA im Detail
© SSI Schäfer 2014 - CUELA im Detail - Quelle: Randy Meinhard

Person zur Ware vs. Ware zur Person

Die Methoden „Person zur Ware“ und „Ware zur Person“ sind grundsätzlich nicht neu und werden in wohl in den meisten Logistikzentren in irgendeiner Form eingesetzt. So wird die „Person zur Ware“-Methode auch als „manuelle Kommissionierung“ bezeichnet. Gekennzeichnet ist diese durch klassische Kommissionier-Touren z.B. mit Kommissionier-Wagen oder Hubwagen. Die Ware wird somit am Lagerort gepickt. Dies kann einstufig, also direkt auf bestimmte Aufträge erfolgen oder in einem mehrstufigen Verfahren. Hier meist verbunden mit dem Einsatz von Sortern oder z.B. auch manuellen Put-to-light-Systemen. Letzteres meint die Zusammenführung der Artikel zu dem entsprechenden Auftrag nach dem Picken, da sie auch aus unterschiedlichen Lagerzonen stammen können.

 

Die „Ware zur Person“-Methode bedingt, wie der Begriff schon ausdrückt, den Transport der Ware zu entsprechenden Arbeitsplätzen z.B. Pick & Pack Plätzen. Dies impliziert auch gleichzeitig eine entsprechende Automatisierung der Logistik und zielt daher sicherlich schwerpunktmäßig auf Logistikzentren ab, die einen entsprechenden Warenumschlag sowie Sendungsoutput benötigen.

Logistikmethode Ware zum Mensch
© SSI Schäfer 2014 - Ware zum Mensch - Quelle: Randy Meinhard

Im Zuge dessen darf sicherlich auch die Frage erlaubt sein, wie eine Verbesserung im Rahmen der manuellen Kommissionierung erzielt werden kann. Denn auch wenn sich durchaus ein Trend zur „Ware zur Person“-Methode abzeichnet, wird die manuelle Kommissionierung, gerade in kleineren Unternehmen, weiterhin einen wichtigen Teil ausmachen.

Aus diesen Erkenntnissen die richtigen Schlüsse ziehen

Auch wenn die großen Logistikzentren hier ziemlich sicher eine Vorreiterrolle einnehmen und somit jeden Logistiker früher oder später in einen gewissen Zugzwang bringen werden, ist es tendenziell unwahrscheinlich, dass kleine Lager einen solchen Automatisierungsgrad erreichen. Doch auch hier bieten die Hersteller von intralogistischen Systemen verschiedene Lösungen an, die zu einer Entlastung im Arbeitsalltag beitragen. Und häufig reichen schon die ersten Maßnahmen, die manchmal zu ganz entscheidenden Verbesserungen führen können.

 

Hier seien ein paar erste Ansätze genannt, die sich im Praxiseinsatz bewährt haben. Grundsätzlich ist es hilfreich, die Belastungen seiner Mitarbeiter zu kennen, respektive die Tätigkeiten, die täglich immer und immer wieder ausgeführt werden müssen.

  • Ein entsprechendes und persönlich auf den Fuß des Mitarbeiters abgestimmtes (Sicherheits-) Schuhwerk sollte zur Verfügung stehen.
  • Bei überwiegend stehenden Tätigkeiten zeigen entsprechende Matten mit einer Dämpfung sehr gute Resultate.
  • Kommissionier-Wagen sollten so leicht wie möglich sein. Das gilt für das Eigengewicht als auch für die Zuladung im Rahmen der Kommissionier-Touren. Auch unterstützt ein gutes Abrollverhalten des Komiwagens den Picker bei seiner Arbeit.
  • Rotationen in der Tätigkeit verhindern bei einseitigen Belastungen (Picken/Packen/Putten etc.)
  • Höhenverstellbare Arbeitstische unterstützen den Mitarbeiter darin, eine für ihn bestmögliche Arbeitsposition einzunehmen. Diese gibt es in vielen Ausstattungsstufen und Ausführungen.
Höhenverstellbarer Arbeitsplatz in der Logistik
© SSI Schäfer 2014 - höhenverstellbare Tische - Quelle: Randy Meinhard

So bestätigt die B.A.D - Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH: „Wir halten die von der Firma SSI Schäfer entwickelten Arbeitsplätze für einen hervorragenden Beitrag zur Ergonomie im Bereich der Hochregallager bzw. Großlager. Sie entlasten nicht nur auf geschickte Weise die Gesundheit der Mitarbeiter, sondern leisten ebenso einen wegweisenden Beitrag zur Beantwortung der Frage, wie wir Arbeitsplätze für immer älter werdende (und damit physiologisch leistungsgeminderte) Mitarbeiter gerade an der Schnittstelle von Mensch zur Automatisierung gestalten können. Es bleibt zu wünschen, dass sich ähnliche Initiativen auch in anderen Feldern unserer Arbeitswelt durchsetzen werden“.

Soziale Verantwortung übernehmen - Walgreens als Vorbild für Integration

Abschließend ging Herr Oy im Rahmen seiner Präsentation auf ein ganz besonderes Projekt ein. Im Walgreens Distribution Center in Deerfield/USA, das Randy Lewis, Senior Vice President of Supply Chain and Logistics mit SSI Schäfer realisiert hat, besteht ein Drittel der Belegschaft in zwei Verteilzentren aus Mitarbeitern mit Behinderungen.

 

Randy Lewis war es aus persönlichen Erfahrung heraus wichtig, behinderten Menschen eine Möglichkeit zu bieten, sich den Lebensunterhalt selbst zu verdienen und somit ein möglichst eigenständiges und finanziell unabhängiges Leben führen zu können. Dabei war es wichtig, dass die Arbeitsplatzgestaltung darauf abgestimmt wurde. Ergänzend gab es Schulungen für die Mitarbeiter im Umgang mit behinderten Menschen. Somit konnte das Ziel erreicht werden, dass behinderte Personen in Vollzeit und an denselben Aufgaben arbeiten wie ihre nicht-behinderten Kollegen. Auch werden übergreifend die gleichen Leistungsdaten zugrunde gelegt. Aktuell sind diese Einrichtungen die produktivsten Verteilzentren in der Kette von Walgreens.

 

Hier finden Sie die weiteren Teile unserer Themenreihe:

Krankenstand in der Logistik - Teil 1

Krankenstand in der Logistik - Teil 3