Trotz aller Bemühungen kann es immer wieder zu Problemen rund um die Zustellung kommen. Doch man muss nicht immer gleich mit dem Anwalt drohen.

Eine der häufigsten Beschwerden, die Händler von Verbrauchern erhalten, sind verspätete, beschädigte oder verlorene Sendungen. Und auch im Privatbereich ist das nicht anders. Will die Großmutter ihren weit entfernt lebenden Enkeln eine Geburtstagsüberraschung schicken, soll das ebenfalls reibungslos klappen und ohne horrende Zusatzkosten idealerweise weder einen Tag zu früh noch einen Tag zu spät eintreffen. Die ehemals zuverlässige Deutsche Post hat jedoch in den letzten Jahren etwas von ihrem guten Ruf und dem Vertrauen der Bevölkerung eingebüßt.

Wenn das versendete Päckchen oder Paket auf dem Transportweg spurlos verschwindet oder in einem fragwürdigen Zustand ankommt, ärgert sich der Empfänger (z. B. der Kunde eines Online-Shops), weil seine Lieferung, mit der er fest gerechnet hat, nicht (im erwarteten Zustand) angekommen ist. Für den Absender sind der Transportverlust, beziehungsweise die -beschädigung in der Regel mit Arbeitsaufwand und finanziellen Einbußen verbunden. Besonders im Privatkundenbereich sind die Preise im Verhältnis zur Leistung derart gestiegen, dass sie sich für viele Sendungen kaum noch lohnen.

In diesem Artikel werden die häufigsten Probleme und deren Lösungswege zwischen Absendern (z. B. Online-Händlern), Transportunternehmen und Empfängern erläutert.

Verspätete Lieferungen und Verluste: Die häufigsten Rechtsfragen

Knapp 3.000 Beschwerden über Postdienstleistungen verzeichnete die Bundesnetzagentur alleine im Juni 2023. Im August gingen bei der Bundesnetzagentur sogar 3.422 Beschwerden ein. Im ersten Halbjahr 2023 wurden bei der Behörde summa summarum sogar rund 16.000 Beschwerden verzeichnet und damit fast doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum. Schuld an diesen Zahlen ist weder die Deutsche Post allein, noch deren Mitbewerber. Alle Unternehmen müssen sich mangelhafte Qualitätsprobleme vorwerfen lassen.

Oftmals verhalten sich Absender und Empfänger aus Frust darüber sowie in Unkenntnis der Rechtslage bei der Schadensregulierung falsch. Nachfolgend haben wir daher die wichtigsten Fakten rund um die Haftung bei Zustellproblemen aufgelistet, ohne die eine effiziente und zielgerichtete Schadensregulierung keinen Sinn ergibt.

  • Bei rein privaten Sendungen (z. B. Geschenke) trägt der Absender das Risiko und muss bei Bedarf mit dem Versandunternehmen eine Schadensregulierung entsprechend den Vorschriften des jeweiligen Dienstleisters durchführen.
  • Bei einem privaten Kauf im Internet (z. B. über Vinted oder Ebay) trägt der Käufer das Risiko, wenn die Sendung beschädigt wird oder verloren geht. Der Verkäufer hat seine Pflicht aus dem Vertrag erfüllt, wenn er das Paket ordnungsgemäß verpackt auf den Weg bringt.
  • Im Fernabsatzhandel trifft den Händler gegenüber den bestellenden Verbrauchern allein und in vollem Umfang das Versandrisiko, und zwar unabdingbar. Der Händler steht damit nach außen gegenüber den Kunden für Probleme bei der Zustellung ein.
  • Wenn sowohl Verkäufer als auch Käufer Unternehmer sind (B2B), trägt der Empfänger das Transportrisiko. Die Haftung für alle auftretenden Probleme geht ab der Übergabe der Ware an das Transportunternehmen auf den Empfänger über.

Erste Anlaufstelle: Die Verursacher

Sobald die Rechtslage und die entsprechende Verantwortlichkeit geklärt wurde, geht es an die Schadensregulierung. Dabei sei noch einmal erwähnt, dass sich alle Seiten bewusst sein sollten, dass viele Logistiker am Limit arbeiten und ihr Bestes geben, besonders in den Stoßzeiten alle Aufträge ordnungsgemäß und sorgsam abzuarbeiten. Personalmangel, verstopfte Autobahnen und Wetterkapriolen tun ihr Übriges. Es bringt somit nicht immer etwas, gleich mit Kanonen auf Spatzen zu schießen, sobald etwas schief läuft. Das heißt nicht, dass man sich über ein verlorenes Geschenk nicht ärgern darf, was man für 6,99 Euro mit DHL verschickt hat. Und damit sind wir auch schon bei der ersten Frage: An wen wende ich mich bei Zustellmängeln? 

Für Reklamationen sind je nach Konstellation also die jeweiligen Verantwortlichen zuständig. Das sind bei privaten Sendungen meist die Absender, die die zustellenden Postunternehmen (Deutsche Post, DHL oder andere private Anbieter) mit der Beschwerde konfrontieren müssen. Eine Schadensanzeige kann jedoch oftmals auch der Empfänger anstoßen.

Kommt es zu Problemen bei Online-Bestellungen in einem Shop, müssen die Kunden ihre Beschwerde erst einmal unmittelbar an ihren Vertragspartner richten. Nur so erhält das Unternehmen zeitnah von Qualitätsmängeln Kenntnis und hat die Möglichkeit, eine ordnungsgemäße Schadensabwicklung herzustellen. Eine Auseinandersetzung mit dem Postunternehmen passiert nämlich über den Händler selbst, der die Ware verschickt hat. Nur er hat eine Vertragsbeziehung mit dem Transportunternehmen. Der Kunde jedoch nicht, denn er hat nur mit dem Händler einen Vertrag geschlossen und mit dem Zustelldienst eigentlich gar nichts zu tun. 

Bis wann müssen Empfänger Schäden melden?

Eine Schadensanzeige muss bei DHL beispielsweise innerhalb der gesetzlichen Frist von sieben Tagen (§ 438 HBG) nach der Auslieferung der Sendung erfolgen. In diesem Zusammenhang besteht immer noch ein weit verbreiteter Irrtum dahingehend, dass Kunden bei der Annahme der Ware aus einer Online-Bestellung ebenfalls zu einer Kontrolle verpflichtet seien oder dass sie bei einem offensichtlichen Transportschaden oder Ähnlichem die Annahme verweigern sollen, damit sie ihre Ansprüche nicht verlieren. Dem ist jedoch aus den oben erwähnten Gründen nicht so. Verbraucher müssen die Ware bei Annahme generell und unter keinen Umständen überprüfen, um ihre Ansprüche nicht zu verlieren. Tun sie dies freiwillig, wird das jedoch aus Gründen der Effizienz gern gesehen.

Wurde eine Unstimmigkeit gefunden, ist das dem Vertragspartner natürlich idealerweise unverzüglich zu melden. Denn nur so kann der Unternehmer, der das Paket versendet hat, in die Schadensregulierung beim Transportunternehmen gehen. Die oft in Online-Shops zu findenden Hinweise wie „Der Käufer ist verpflichtet, die Ware bei Erhalt unverzüglich auf Transportschäden zu untersuchen, und die Annahme zu verweigern“ oder ähnliche Formulierungen sind jedoch nicht zulässig.

Info: Der für Abmahnungen bekannte Ido Verband mahnte beispielsweise folgenden Passus als unzulässig: „Sollte die Sendung trotzdem bei Anlieferung erkennbare Transportschäden aufweisen, sind diese unverzüglich zu melden, damit speditionsrechtliche und frachtrechtliche Anspruchsfristen gegen die Verursacher gewahrt werden können.” 

Welche Rolle spielt der Nachforschungsauftrag?

Wird das Paket nicht zugestellt, wird der erste Weg über die Sendungsverfolgung gehen. Kann daraus abgelesen werden, dass das Paket nie übergeben wurde, in einem Zwischenlager hängt oder trotz behaupteter Zustellung unauffindbar ist, wird der nächste Schritt bei privaten Sendungen eine Kontaktaufnahme mit dem Transporteur sein, um einen Nachforschungsauftrag (z. B. der Nachforschungsauftrag bei DHL) in die Wege zu leiten. Hierfür haben die Transportunternehmen meist noch eigene Bedingungen, etwa eine Frist, innerhalb der ein Nachforschungsauftrag zu beantragen ist.

Bei Online-Bestellungen ist wiederum der Kontakt zum Absender zu suchen (s. o.), da nur der Absender Haftungsansprüche geltend machen kann.

Praxistipp: Viele Händler bleiben in dieser Zeit gegenüber ihren Kunden untätig und erstatten weder bereits bezahlte Kaufbeträge, noch schicken sie eine Ersatzlieferung heraus. Die Begründung ist simpel: Die Ware könnte zwischenzeitlich noch ankommen und der Kunde die Ware doppelt erhalten – oder gänzlich kostenlos. Das ist jedoch nicht rechtens. Der Vertrag ist wie vereinbart zu erfüllen, oder das Geld zu erstatten. Doppellieferungen sind vom Kunden wieder zurückzugeben.

Ultima ratio: Beschwerde, Streitbeilegung, Klage

Für alle, die mit Problemen mit dem Versanddienstleister konfrontiert sind, die sich auf den eben beschriebenen Wegen nicht lösen lassen, gibt es verschiedene weitere Möglichkeiten, Beschwerden einzureichen und Streitigkeiten beizulegen. Haben Betroffene den direkten Kontakt mit dem Versanddienstleister gesucht, um das Problem zu klären und keine Lösung gefunden, können Absender und Empfänger alternative Streitbeilegungsverfahren in Anspruch nehmen. Dies kann die Einreichung einer Beschwerde bei einer Verbraucherschutzbehörde, die Inanspruchnahme von Schlichtungs- oder Mediationsdiensten oder notfalls die Einleitung rechtlicher Schritte umfassen.

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Option 1: Beschwerde bei der Bundesnetzagentur

Ziel der Bundesnetzagentur ist es, die gesetzlich vorgeschriebene Qualität wiederherzustellen und dauerhaft zu gewährleisten. Die Hinweise der Betroffenen über die Beschwerdestelle helfen der Bundesnetzagentur, Auffälligkeiten aufzudecken und bei gehäuften Beschwerden das jeweilige Postunternehmen einer tiefergehenden Überprüfung zu unterziehen. Allerdings handelt es sich dabei, wie der Name schon sagt, lediglich um eine Beschwerdemöglichkeit, die keine rechtliche Konsequenzen für den konkreten Streit hat. Es findet keine Beratung oder Klärung im Einzelfall statt.

Option 2: Die Schlichtungsstelle Post der Bundesnetzagentur

Alternativ gibt es jedoch die Möglichkeit, ein Schlichtungsverfahren zu einem bestimmten Streit zu führen. Hier ist allerdings Voraussetzung, dass ein Verbraucher Empfänger oder Absender einer Sendung ist, und die Sendung verloren ging, entwendet oder beschädigt wurde. Zuvor muss jedoch ein Einigungsversuch mit dem Postunternehmen vergeblich gewesen sein. Online-Händler haben in der Regel Sonderbedingungen für ihre Sendungen vereinbart. Dann ist eine Schlichtung ebenfalls ausgeschlossen.

Option 3: Musterschreiben-Assistent der Verbraucherzentrale

Schnelle Hilfe bietet auch die Verbraucherzentrale an, die ein Muster-Schreiben-Tool zur Verfügung stellt, welches vielfältige Anwendungsmöglichkeiten bietet. Nach Auswahl des zutreffenden Problems und der Angabe einiger Details erhalten die Betroffenen sowohl eine rechtliche Ersteinschätzung als auch einen Musterbrief, der fertig adressiert und ausdruckbar ist. 

Musterschreiben-Tool der Verbraucherzentrale für Zustellprobleme
Musterschreiben-Tool der Verbraucherzentrale für Zustellprobleme

Dabei kann man das Schreiben entweder an den Zusteller selbst richten, oder eine Beschwerde an die Bundesnetzagentur generieren. Inhaltlich steht ein breiter Fundus an Problemen zur Verfügung, mit dem man das Tool füttern kann.

Option 4: Der klassische Rechtsweg

Manchmal hilft jedoch alle Mühe nichts, und man muss entweder Probleme aus dem Vertragsverhältnis direkt einklagen (z. B. eine Rückerstattung des Kaufpreises) oder, soweit zutreffend, den Zusteller für seine ungenügende Leistung in Anspruch nehmen. Letzteres scheuen viele Betroffene, denn zu groß und mächtig scheinen die Gegner DHL, Hermes und Co. Doch wir haben bereits über diverse Erfolgsgeschichten berichtet, in denen Zusteller erfolgreich verklagt wurden (siehe Infokasten).

 

Neben den umfangreichen Leistungen in puncto Rechtssicherheit im Online-Shop bietet der Händlerbund neben Informationen auch umfangreiche Musterschreiben zum Thema Transportschäden. Weitere Informationen finden Sie hier.

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Artikelbild: http://www.depositphotos.com