Blitzerfoto oder Steuerbescheid: Bei diesen Schreiben handelt es sich um Verwaltungsakte, die per Post versendet werden und wichtige Fristen auslösen. 

Vermutung, dass Brief innerhalb von drei Tagen zugestellt wird

Ist vom Empfänger eines Verwaltungsschreibens eine Reaktion erforderlich, beispielsweise eine Auskunft oder eine Zahlung, ist das Eintreffen durchaus relevant. Noch viel prekärer ist der Fall sogar, wenn Rechtsmittel eingelegt werden, beispielsweise ein Widerspruch oder Einspruch. Wird die Frist versäumt, ist das Behördenschreiben rechtskräftig, mit teilweise weitreichenden Folgen. Nicht umsonst kommt es daher immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten, ob die Frist eingehalten wurde.

Die Fristen, beispielsweise zur Zahlung oder Einlegung von Rechtsmitteln, berechnen sich immer anhand der sogenannten Bekanntgabe, sprich der Zustellung. Behördenschreiben werden jedoch nicht per Einschreiben oder einer anderen Versandart versandt, mit der sich die Zustellung eindeutig datieren und belegen lässt. Der exakte Zeitpunkt ist daher meist nicht mehr nachvollziehbar. Das Gesetz behilft sich daher mit einer Fiktion.

Nach §§ 41 Abs. 2 VwVfG, 122 Abs. 2 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) beispielsweise gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Das gilt nicht, wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.

Aufgabe zur Post bedeutet im Falle eines Verwaltungsschreibens das Einwerfen in einen Postbriefkasten oder Einlieferung (Übergabe) bei der Post. Die Behörde hat in diesem Zusammenhang Folgendes zu beweisen: Zum einen den Zeitpunkt der Aufgabe zur Post des Verwaltungsakts. Zum anderen muss sie auch den Zugang beweisen, was immer wieder zu Streit führt.

Exkurs: Fiktion gilt auch für andere Postdienstleister

Diese oben genannte Fiktion hielt Einzug ins Gesetz, als es keine anderen ernst zu nehmenden Zusteller als die Deutsche Post gab. Ein beauftragtes privates Postdienstleistungsunternehmen ist also streng genommen keine Post i.S. des Gesetzes. Stimmt die Arbeitsweise in den wesentlichen Zügen mit denen der Deutschen Post überein, beispielsweise weil durch den Dienstleister regelmäßig an sechs Tagen in der Woche Post zugestellt wird, wird es aber wie die echte Post behandelt und die Drei-Tages-Fiktion gilt auch für mit diesem versandte Briefe. Voraussetzung ist außerdem, dass bei den privaten Dienstleistern regelmäßig von einem Zugang der Briefe innerhalb von drei Tagen ausgegangen werden kann (BFH, Urteil v. 14.6.2018, III R 27/17, BStBl 2019 II S. 16).

Nur, wenn die Briefe im Laufe des Beförderungsprozesses an ein weiteres Beförderungsunternehmen übergeben werden, der Dienstleister sich also eines weiteren Sub-Unternehmens bedient, gilt die Drei-Tages-Vermutung nicht mehr.

Berechnung der Drei-Tages-Vermutung

Für den Beginn der eingangs erwähnten Drei-Tages-Frist kommt es auf die Aufgabe des Briefes zur Post und nicht automatisch auf das aufgedruckte Bescheiddatum an. Um den Tag der Aufgabe eines Verwaltungsakts zur Post feststellen zu können, kann die Behörde nun in einem Rechtsstreit darlegen, wie der Ablauf der Postversendung gestaltet ist und welche Maßnahmen ergriffen worden waren, um die Gewähr für die Übereinstimmung von Bescheiddatum und tatsächlichem Aufgabetag zu bieten. In einem Prozess würde die Behörde nun erläutern, wie der Postversand organisiert ist, beispielsweise, ob eine automatisiert arbeitende Druck- und Kuvertieranlage genutzt wird, damit das Bescheiddatum mit dem Aufgabevermerk übereinstimmt. In der Regel ist jedoch das Bescheiddatum der Tag der Aufgabe zur Post und der Beginn der Drei-Tages-Frist.

Nicht jeder leert regelmäßig seinen Briefkasten am Wochenende, besonders Unternehmen nicht, wenn dort an einem Samstag, Sonntag oder Feiertag nicht gearbeitet wird. Liegt das Ende der Drei-Tages-Frist an einem dieser Tage, verschiebt sich die Bekanntgabe auf den nächsten Werktag (§ 108 Abs. 3 AO).

Beispiel: Wenn das Datum des Bescheids und die Aufgabe bei der Post der 29.12.2022 ist, wäre die Bekanntgabe drei Tage später, also der 01.01.2023. Da der 01.01.2023 ein Sonn- und Feiertag war, verschiebt sich das Ende der Drei-Tages-Frist auf den nächsten Werktag. In dem Fall der Montag, der 02.01.2023. An dem Tag gilt der Bescheid als bekannt gegeben und es laufen die Fristen, beispielsweise zur Zahlung oder zur Erhebung eines Einspruchs.

Ausnahmen

Diese Drei-Tages-Vermutung findet auch Anwendung, wenn – z. B. wegen mehrerer arbeitsfreier Tage oder Personalausfall – innerhalb der Drei-Tages-Frist an zwei Tagen keine Zustellung stattfindet.

Beispiel: Wird bei Aufgabe zur Post am Freitag, dem 29.04.2022, trotz des Feiertags am 01.05.2022 der Zugang am Montag, dem 02.05.2022, grundsätzlich vermutet.

Hier müssen sich aber die Empfänger auch entlasten können, wenn an ihrer Adresse Zustellprobleme vorherrschen, die dauerhaft sind. Die Zugangsvermutung findet keine Anwendung, wenn an der Adresse des jeweiligen Empfängers innerhalb der Drei-Tages-Frist nach der Versendung regelmäßig nicht an allen Werktagen vom Postdienstleistungsunternehmen Post zugestellt worden ist. Liefert die Post oder ein anderes Postdienstleistungsunternehmen also an bestimmten Tagen dauerhaft gar keine Post aus, wie es in einigen Regionen Deutschlands derzeit der Fall ist, wird die Drei-Tages-Fiktion ausgehebelt und es kommt auf den tatsächlichen Zugang an. 

Dies müsste in einem Rechtsstreit mittels Zeugen oder Dienstplänen aufwendig nachgewiesen werden. So geschehen in einem aktuellen Urteil, welches diese Woche veröffentlicht wurde (Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.08.2022, Az. 7 K 7045/20). Die Beteiligten stritten darum, ob die Empfängerin eines Einkommensteuerbescheides die Einspruchsfrist gewahrt hat. Zeugen konnten belegen, dass in der Straße der Betroffenen nur fünfmal die Woche (entweder von Dienstag bis Samstag oder von Montag bis Freitag) Post zugestellt wird. Damit wurde auch in diesem Fall die Drei-Tages-Fiktion ausgehebelt. Der Zugang fand erst am vierten Tag statt, was im Prozess belegt werden konnte.

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