Paketboten haben einen sehr anstrengenden Job und er ist überall auf der Welt gleich. Die Paketboten haben vieles gemeinsam, doch der Mangel an Kollegen macht ihnen am meisten zu schaffen.

In Deutschland arbeiten rund 210.000 Menschen in der KEP-Branche. Und es müssen mit Blick auf das steigende Paketvolumen noch mehr werden. Doch der Job ist anstrengend und nicht gerade beliebt – bereits im September 2017 wurde bekannt, dass 5.300 Stellen unbesetzt sind.

Doch wie genau ergeht es Paketboten bei ihrer Arbeit? Die Zeit hat dafür fünf Paketboten aus Deutschland, Brasilien, China, Japan und Frankreich dazu befragt. Dabei zeigt sich, dass die Paketboten weltweit mit den gleichen Herausforderungen zu kämpfen haben: fehlende Kollegen und ein steigendes Paketaufkommen.

Deutschland: 2.080 Euro Brutto-Verdienst, der Druck ist hoch

In Deutschland beispielsweise muss die Paketbotin Nadine Hampel, die bei der Delivery-Regionalgesellschaft in Kassel angestellt ist, aktuell um die 200 Pakete pro Tag ausliefern. Sie sagt selbst, dass ihr der Job Spaß macht. Seit mittlerweile drei Jahren fährt sie Pakete aus. Sie hat eine feste Tour und ist mit vielen Kunden per Du. Problematisch ist für sie jedoch oft der Straßenverkehr, denn es kommt immer wieder vor, dass sie in der zweiten Reihe parken muss – sehr zum Missfallen anderer Verkehrsteilnehmer, die sie dann auch durchaus mal übel beschimpfen. „Einer wollte mir mal die Seitenspiegel abtreten. Andere haben mich angezeigt, weil ich sie beleidigt haben soll. Das muss man aushalten und ganz entspannt bleiben“, berichtet sie.

Was die Bezahlung angeht, zeigt sie sich grundlegend zufrieden. Sie erhält 12,96 Euro und kommt monatlich so auf 2.080 Euro brutto. Doch die Belastung ist hoch und die Pläne der Deutschen Post DHL, die eigenen Zusteller und die der Delivery-Regionalgesellschaften unter einem Dach zusammenarbeiten zu lassen, stoßen ihr bitter auf. Für sie sieht es so aus, als ob man versuchen will, die Löhne zu drücken. „Und zwei verschiedene Lohngruppen unter einem Dach – das findet auch keiner gerecht“, resümiert sie.

Brasilien: Angst vor der Privatisierung

In Brasilien steht hingegen das Thema Sicherheit ziemlich im Fokus. Matheus Cesar ist seit sieben Jahren bei Correios, der brasilianischen Post, angestellt. In der Zeit wurde er zwei Mal von Bewaffneten auf Motorrädern überfallen. Passiert ist ihm dabei nichts. Der Bote ist zu Fuß unterwegs und erklärt, dass er es so gut wie nie schaffe, alles auszuliefern. Das liegt unter anderem auch daran, dass einfach Mitarbeiter fehlen. „Schon heute fehlen 18.000 Postmitarbeiter in Brasilien“, berichtet er. Eine mögliche Privatisierung der Post, wie sie aktuell im Gespräch ist, würde seiner Meinung nach den Notstand noch verschärfen.

Einsparungen machen sich allerdings auch so schon bemerkbar. So wurde beispielsweise der Betriebsarzt abgeschafft und künftig sollen die Paketboten 40 Prozent der Arztrechnung selbst zahlen. Das dürfte bei dem Gehalt jedoch schwer werden. Cesar verdient brutto 1.600 Real, was ungefähr 400 Euro entspricht. Zwar erhält er zusätzlich einen Nahrungsmittelgutschein sowie ein Busticket, doch wie er seine Familie von dem Gehalt bezahlen soll, wenn er auch die Arztrechnung anteilig bezahlen muss, weiß er nicht.

China: Es gibt Prämien für ausgefahrene Pakete  

Shen Jianjue arbeitet seit elf Jahren bei der EMS, dem Paketdienst der staatlichen Post in China. Er ist froh dort zu arbeiten, auch wenn er dafür täglich drei Stunden pendeln muss. Service wird bei EMS großgeschrieben, denn wenn Jianjue nach seiner ersten Runde in der Paketstelle zurückkommt, ruft er die Kunden an, die er nicht angetroffen hat, und fragt sie, wann sie zuhause sind. „Die Kunden sind normalerweise freundlich. Man kennt einander, ich fahre immer dieselbe Strecke. Beschwerden gibt es aber manchmal trotzdem“, berichtet er.

Unterwegs sind die Paketboten mit elektrischen Lieferfahrzeugen. An normalen Tagen fährt er 70 bis 100 Pakete aus. In stressigen Zeiten kann es aber auch gern mal doppelt so viel sein. Das ist meist kurz vor dem chinesischen Neujahrsfest oder zum Singles Day (11.11.) der Fall. „An diesen Tagen müssen wir viele Überstunden machen“, berichtet er. Monatlich verdient er etwa 4.000 bis 5.000 Yuan im Monat (500 bis 650 Euro), wobei sich das Gehalt aus einem Grundgehalt und einer Prämie pro Paket zusammensetzt. Mit seinem Arbeitgeber ist Jianjue an sich zufrieden, es gibt Prämien, die Angestellten sich sozialversichert. Und besonders wichtig für ihn: Die Arbeitsbestimmungen werden eingehalten.

Japan: „In unserer Firma gab es sogar Fälle von Selbstmord.“

Ein deutlich anderes Bild zeichnet Daikichi Nakata. Seit 17 Jahren ist er Briefträger und Paketbote in Japan. In den Jahren hat er viel erlebt. Als 2005 die Post privatisiert wurde, hat sich seiner Ansicht nach viel verändert. Zwar blieben die Aufgaben dieselben, doch der Druck wurde deutlich erhöht. Die Zielvorgaben wurden höher, Lohnerhöhungen fielen geringer aus. Gerade Abteilungsleiter spürten den Druck. „Unser Abteilungsleiter wurde zusammengefaltet. In unserer Firma gab es sogar Fälle von Selbstmord. Viele kamen mit dem neuen Druck nicht klar“, erzählt er der Zeit.

Das Lieferpensum ist enorm. An einem normalen Tag liefert Nakata ungefähr 1.500 Briefe und Pakete aus. Ab Mitte Dezember steigt die Zahl, dann können es auch gern mal 2.000 Sendungen sein. Ausliefern soll er diese am besten bis zum Mittag, „möglichst schon vorher“. Individuelle Lieferungen gibt es zu jeder Tageszeit. Er informiert die Kunden zudem auch über neue Angebote. So können zu bestimmten Jahreszeiten Lieferungen beispielsweise günstiger sein. Wie viele Länder kämpft auch Japan mit dem demografischen Wandel. Offene Stellen bleiben unbesetzt, das Paketvolumen nimmt zu – und damit auch der Druck. „Deshalb muss ich heute mehr ausfahren als früher“, beendet Nakata seinen Bericht.

Frankreich: Ein persönliches Verhältnis gehört einfach dazu

In Frankreich gestaltet sich der Alltag ähnlich wie in Deutschland. Rachid Aityahia ist Paketzusteller bei einem kleinen privaten Paketdienstleister und mag seinen Beruf am meisten den persönlichen Kontakt. Dabei muss auch er fast jeden Tag über 200 Pakete ausfahren, aber er ist auf seiner Route bekannt. Auch wenn der Job stressig ist, behält er sich seine Ruhe und nimmt sich Zeit. „Noch bevor ich die Pakete abladen konnte, brachten mir die Frauen einen Kaffee“, erzählt er.

In seinem Bezirk ist er nicht allein unterwegs: Über ein Dutzend ähnlicher Firmen liefern Pakete aus, da die französische Post dies nicht mehr macht. Für 1.400 bis 1.600 Euro netto im Monat fährt er meist von morgens sechs bis nachmittags fünf Uhr mit unbezahlten Pausen die Pakete aus. In einer Gewerkschaft ist er nicht, der Kündigungsschutz ist nicht stark, doch „die Stimmung ist gut.“ Der Grund ist wie überall der E-Commerce. Jedes Jahr steigt die Zahl der Pakete und Aityahia erwartet, dass er bald wohl 250 Pakete pro Tag ausfahren muss. Doch selbst bei dem steigenden Druck will der auf das persönliche Verhältnis zu seinen Kunden nicht verzichten: „Das gehört für mich zum Pariser Selbstbewusstsein.“