Der deutsche Autor Thomas Montasser geht wegen Amazons Lieferstrategie in der Coronakrise hart mit dem Unternehmen ins Gericht: Amazon nutze die Lage, um seine E-Book-Sparte zu pushen, so der Vorwurf.

Buchliebhaber, die sich derzeit ein gedrucktes Werk bei Amazon bestellen, haben es nicht leicht: Auf ihr Paket können sie unter Umständen viel länger warten als sonst. Der Grund: Amazon zieht wegen der Coronakrise dafür wichtige Produkte wie Medizin- und Hygiene-Artikel in der Bearbeitung vor. Der deutsche Autor und Literaturagent Thomas Montasser hat sich in einem offenen Brief Luft gemacht und sieht hinter der Priorisierung sogar eine Kampagne für Amazons E-Books, wie buchreport berichtet.

Nutzt Amazon die Coronakrise für seine E-Book-Sparte aus?

Wer jetzt bei Amazon ein Buch suche, lande unmittelbar im Kindle-Shop und müsse sich über andere Ausgaben des betreffenden Werks erst einmal mit mehreren Klicks schlau machen, schreibt Montasser. „Amazon, entlarve dich doch nicht selbst als Lügner! Du hast tausende Sortimentsbuchhandlungen weggebissen. Jetzt nutzt du deine Marktmacht schamlos aus, um das E-Book durchzusetzen“, so der konkrete Vorwurf des Schriftstellers. „Mach es den Leuten so schwer wie möglich, ein Printbuch zu erwerben, dann nehmen sie schon das E-Book.“

„Bald sind wir Schweine, die von Amazon zum Schlachten getrieben werden“

Der vermutete Grund dahinter: E-Books bieten aus vielerlei Gründen möglicherweise mehr Gewinn für Amazon. Die Kosten sind niedriger – auch, weil Autoren etwa bei Amazons Self-Publishing via Kindle nur nach Anzahl der gelesenen Seiten bezahlt werden. Autoren und auch Verlage würden in der Folge immer weniger Geld erhalten, vermutet Montasser. „Bald sind wir also die Schweine, die von Amazon zum Schlachten getrieben werden, und zwar in der Hoffnung, dass sich die Leser für die lukrativsten Stücke entscheiden. Der Rest wird nicht bezahlt, sondern darf nur die Auslage schmücken“, so die drastische Kritik.

Autor fordert mehr Einsatz von Verlagen und Lesern

Montasser fordert allerdings auch von der Buchbranche mehr Gegenwehr: „Verlage, tut euch zusammen und macht eurem größten Vertriebspartner klar, dass er jetzt liefern muss – und zwar buchstäblich. Lasst euch nicht bei jeder neuen Verhandlungsrunde über Konditionen von Amazon auspressen, und dann legt der Großhändler die Beine hoch, wenn man ihn braucht.“ Zum Glück gebe es auch viele Buchhändler, die in Krisenzeiten „aus dem Nichts funktionierende Lieferdienste aus dem Boden stampfen“ – für Montasser „die Helden der Stunde“. Auch von den Lesern wünscht sich Montasser mehr Unterstützung für die stationären Geschäfte: „Wer es bei seinem örtlichen Buchhändler bestellt und sich liefern lässt, stützt die kleinen Unternehmen, ohne die unsere Städte Wüsten wären.“

Der Münchner Autor Thomas Montasser ist unter dem Pseudonym „Fortunato“ bekannt und hat unter anderem „Das Geheimnis der Gaukler“ geschrieben.