Amazon und die EU könnten sich bei der derzeitigen Kartelluntersuchung auf einen Vergleich einigen – Amazon müsste dann deutlich weniger Geld zahlen.

Seit November 2020 nehmen sich die Kartellwächter der Europäischen Union Amazon gezielt vor und haben zwei Untersuchungen eingeleitet. Dabei wird zum einen Amazons möglicher Missbrauch von Daten und die Bevorzugung eigener Produkte auf dem Marktplatz untersucht sowie die mögliche Bevorzugung von Marktplatz-Händlern, die Amazons eigenen Fulfillment-Service FBA nutzen. Amazon hatte die Vorwürfe damals zurückgewiesen.

Amazon müsste fast 40 Milliarden Dollar Strafe zahlen

Würde es zu einer Geldbuße kommen, müsste Amazon bis zu zehn Prozent seines aktuellen weltweiten Umsatzes zahlen – das wären rund 38,6 Milliarden Dollar, also selbst für Amazon eine schmerzhafte Summe. 

Das will der Online-Riese jetzt aber anscheinend vermeiden und hofft stattdessen auf einen Vergleich mit der EU-Kommission, wie Reuters berichtet und sich dabei auf interne Quellen beruft. Amazon verhandele derzeit mit der EU-Wettbewerbsbehörde und habe „Zugeständnisse“ angeboten, um deren Bedenken auszuräumen, heißt es. Wie diese Zugeständnisse aussehen, wurde nicht näher benannt. Weder Amazon noch die EU haben sich zu dem Bericht geäußert.

Die Verhandlungen für einen Vergleich könnten Monate dauern und es sei unklar, ob sich beide Seiten überhaupt einigen können. Mit einem Vergleich könnte Amazon aber die geforderten Änderungen der Kartellhüter zu seinen Gunsten abschwächen und müsste wohl deutlich weniger Geld zahlen, heißt es.

Weitere Verfahren gegen Amazon: Bundeskartellamt ermittelt in drei Untersuchungen

Es ist nicht das einzige laufende Verfahren gegen Amazon. In der EU läuft außerdem eine sogenannte Sektoruntersuchung zum Internet der Dinge, bei der auch Amazons Alexa im Fokus steht, in den USA nehmen sogar einzelne Bundesstaaten Amazon ins Visier, und auch in Deutschland ermittelt das Bundeskartellamt in gleich drei verschiedenen Untersuchungen: ebenfalls wie die EU wegen des Verdachts des Marktmachtmissbrauchs, außerdem wegen des Einflusses von Preiskontrollmechanismen auf die Preissetzung sowie wegen der Vereinbarungen zwischen Amazon und Markenherstellern wie Apple, die Dritthändler zum Teil vom Verkauf von Markenprodukten auf dem Amazon-Marktplatz ausschließen (sogenanntes Brandgating).