Amazons Marktmacht dürfte während der Coronakrise einen zusätzlichen Schub erfahren. Davon ist das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) überzeugt.

Wenn es derzeit für jemanden ziemlich gut läuft, dann ist das Amazon. Während Unternehmen weltweit quasi kollektiv rote Zahlen schreiben, steigert Amazon seinen Wert in nicht einmal zwei Wochen um 100 Milliarden Euro – Tendenz wahrscheinlich steigend. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) geht davon aus, dass Amazon seine Marktmacht in den kommenden Wochen weiter steigern wird und gestärkt aus der Krise kommen könnte. John Naughton vom Guardian ist gar der Ansicht, dass Amazon in der aktuellen Situation bereits eine wirtschaftliche und politische Führungsrolle eingenommen hat; in Zeiten, in denen Donald Trump weniger mit Krisenmanagement und mehr mit Verharmlosung auffällt.

Darum wird Amazon durch die Coronakrise noch stärker

Das IW macht seine Prognose an drei Punkten fest: Zum einen hat der ohnehin umsatzstärkste deutsche Online-Anbieter – 2018 erwirtschaftete Amazon einen Umsatz von 9,2 Milliarden Euro in Deutschland – einen enormen Bekanntheitsvorsprung. In einer Statista-Umfrage im vergangenen Jahr gaben 82 Prozent der 18- bis 64-Jährigen an, in den vergangenen zwölf Monaten bei Amazon bestellt zu haben. Das Vertrauen, das Amazon entgegengebracht wird, dürfte in der Krise dem IW zufolge eher noch steigen.

Zweitens punktet Amazon mit der Breite seines Sortiments. Amazon bietet auf seinem Marktplatz alles, was für den täglichen Bedarf notwendig ist, dazu Klein- und Großelektronik, Baumarktprodukte, Bücher oder Kleidung. Dazu kommt das Streaming-Angebot, das in Zeiten häuslicher Isolation verstärkt genutzt wird und das Cloud-Angebot, welches Unternehmen im Homeoffice die notwendigen Tools bietet.

Der dritte entscheidende Punkt ist für das IW die Liefersicherheit von Amazon. Allein aufgrund seiner Größe könne Amazon etwa krankheitsbedingte Ausfälle besser kompensieren, die Wahrscheinlichkeit von Lieferengpässen ist wegen geringerer Abhängigkeit von Logistik-Dienstleistern viel kleiner. Ausgerechnet in diesem Punkt aber hat Amazon längst selbst eingeräumt, dass es zu Problemen kommen kann. Amazon-Kunden – auch Prime-Nutzer – müssen bereits bis zu vier Wochen auf Pakete warten, Amazon hat bestimmte Produktgruppen priorisiert, um ausreichend Nachschub zu gewährleisten.

IW fordert Wachsamkeit der Wettbewerbshüter

Das IW sieht aber auch Stolpersteine für Amazon auf dem Weg zu mehr Marktmacht. Die Konsumenten könnten etwa gerade jetzt bewusst kleine stationäre Händler unterstützen, weil diese die Einnahmen derzeit sehr viel nötiger brauchen als Amazon. Der Umgang des Konzerns mit Daten sei ein weiterer Faktor, der die Kunden eher zur Konkurrenz treiben könnte. Das IW appelliert an die Wettbewerbsbehörden, gerade jetzt ein besonderes Auge auf Amazon zu werfen. Es gelte „umso mehr, die konsequente Anwendung des bestehenden Wettbewerbsrechts“ durchzusetzen, um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten.