Die Reederei-Branche nicht nur in Deutschland befindet sich auf dem Höhepunkt einer historischen Krise – auch weil viele kleine Familienbetriebe nicht mehr zeitgemäß geführt werden.

Containerschiff

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2017 wird das neunte Jahr der großen Schifffahrts-Krise und wahrscheinlich wird es das schlimmste Jahr für die deutschen Reedereien. „Eine Krise wie diese gab es in der Schifffahrt zuletzt nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71“, so Bertram Rickmers von der Hamburger Rickmers-Gruppe gegenüber dem Handelsblatt. Das war vor 145 Jahren! Für viele Reedereien geht es ums Überleben, auch, weil sie die Zeichen der Zeit verschlafen haben.

Schiffe sind nur noch den Schrottpreis wert

Schiffsbanken bekommen keine Zinsen und keine Tilgung für Kredite mehr, Schiffe, die weniger als zehn Jahre alt sind, werden abgewrackt, gebrauchte Schiffe sind nur noch ihr Schrottgewicht wert. Die Rickmers-Gruppe verchartert Schiffe an die namhaften Reedereien wie Maersk oder Hamburg Süd. Vor einigen Jahren lag der Tagescharter für mittelgroße Containerschiffe noch bei 25.000 Dollar, aktuell bekommen die Reeder die Schiffe für 4.000 Dollar täglich.

Eines der Hauptprobleme ist, dass viele Reedereien noch immer kleine Familienbetriebe sind, die kaum zukunftsfähig geführt werden. Es fehlen finanzielle Reserven. Das Ergebnis: Fusionen, Übernahmen und Pleiten. Etwa 400 deutsche Schiffe sind in den vergangenen Jahren in die Insolvenz gegangen, würden verkauft oder verschrottet. Die deutsche Handelsflotte ist laut Reederverband um ein Viertel geschrumpft. Rickmers: „Wir zahlen jetzt alle für unsere Fehler in der Vergangenheit – Reeder, Anleger und Banken.“

Die Talsohle wird dabei wohl in diesem Jahr erreicht. „2017 wird noch nicht besser, aber 2018 könnte der Umschwung kommen“, so Rickmers. Spätestens 2020 nämlich wird eine Verschrottungswelle erwartet, weil strengere Umweltregeln für Schiffe in Kraft treten werden. Bis dahin rechnet der Experte mit weiteren Reederei-Abwicklungen. Der Markt schrumpft sich gesund, auf Kosten vieler Traditionsbetriebe.