Wie groß die Ambitionen von Amazon sind, die Logistik verstärkt selbst zu übernehmen, lässt sich noch nicht sicher feststellen. Die pausenlosen Meldungen aus diesem Bereich sprechen jedoch dafür, dass der Online-Händler weitreichende Ziele verfolgt. Dabei scheint es jedoch derzeit noch an grundlegenden Mechanismen zu hapern.

Amazon-Logo

(Bildquelle Amazon-Logo: Adrienne Hoffman via Flickr, ohne Änderungen bestimmte Rechte vorbehalten)

Amazon startet eigene Paketlieferdienste in München und in Berlin. Amazon least 20 Boeing-Flugzeuge und sogar Seefrachter. Amazon will eigene Packstationen aufstellen, die sowohl die Abholung als auch die Rückgabe von Bestellungen vereinfachen sollen. Auch die Bestellungen selbst will Amazon immer rasanter zu den Kunden bringen.

In Sachen Logistik scheint es derzeit nichts zu geben, was Amazon nicht erreichen will. Die Schlagzeilen nehmen kein Ende – ständig kommen weitere Neuigkeiten aus diesem Bereich hinzu. Und mit jeder weiteren Nachricht steigt auch die Anzahl an Kommentaren, die den etablierten Logistikunternehmen wie DHL und Hermes keine rosige Zukunft in Aussicht stellen.

Amazon Logistics: Etablierung in der nächsten Zeit unwahrscheinlich?

Doch ist es wirklich so? Müssen die großen Firmen um ihre Bilanzen bangen, weil zukünftig zunehmend Amazon-Pakete wegfallen, die der Online-Händler in Zusammenarbeit mit kleineren, regionalen Lieferdiensten selbst zustellt? Einige Hinweise sprechen zumindest gegen eine schnelle und baldige Etablierung von Amazon als eigenständiges und großes Logistikunternehmen.

Einige Zuschriften, die uns auch von Online-Händlern erreicht haben, machen deutlich, was bei Amazon zumindest derzeit noch falsch läuft, wenn es um das Thema Logistik geht. Dabei werden drei Punkte deutlich, bei denen Amazon grundlegend noch Probleme zu haben scheint.

Kritikpunkte: Sendungsverfolgung, Paketzustellung, Packstation

Sendungsverfolgung: Amazon soll bis dato noch keine Sendungsverfolgung beim Versand anbieten. Das bedeutet, dass bis auf die Information „wurde versendet“ keine weitere Statusmeldung auftaucht – beispielsweise wann das Paket zugestellt wurde beziehungsweise wo es zum jeweiligen Zeitpunkt stecken könnte. „In der Regel“ wird innerhalb von 24 Stunden nach dem Versand das Paket auch zugestellt – so lautet in etwa die mehr als vage Angabe von Amazon.

Unzustellbares Paket: Wenn ein Paket nicht erfolgreich zugestellt werden konnte, werden die Händler anscheinend nicht darüber informiert. Der Artikel wird lediglich beim Bestand zurückgebucht. Sollte er beim Versand beschädigt worden sein, wird er angeblich als „unverkäuflich“ eingebucht – zu Lasten des Händlers. Selbst Amazon-Fulfillment-Dienstleistern soll es nicht anders gehen.

Insgesamt erhalten Händler also keine Information, wenn die Kunden Pakete nicht erhalten. Dieser Umstand fällt erst dann auf, wenn der Kunde beim Händler selbst nachfragt, wie der Stand seiner Bestellung aussieht. Gleichzeitig soll jedoch auch keine Möglichkeit bestehen, selbst bei externen Verkäufen eine Zustellung durch Amazon Logistics ausschließen zu können.

Packstation: Ein weiteres Problem besteht in den Packstationen. Sobald eine Packstation-Adresse angegeben wird, soll diese nicht verlässlich auf „Versand durch DHL“ umgeleitet werden, sondern die Zustellung in manchen Fällen den Status „Zustellung durch Amazon-Logistik“ beibehalten. Da die DHL-Packstationen lediglich von der DHL selbst genutzt werden, erfolgt in diesen Fällen auch keine Zustellung. Auch hier wird eine mangelnde Rückinformation an den Händler bemängelt.

Auf Nachfrage heißt es von Amazon unter anderem: „Die Möglichkeit zur Verfolgung von Amazon Logistics Sendungen ist leider noch nicht fertiggestellt, auch wenn Sie auf unseren Hilfeseiten bereits darauf hingewiesen werden. Die Möglichkeit besteht derzeit leider selbst für uns nicht.“ In dem konkreten Fall, soll eine korrekte Identifikation der DHL nicht funktioniert haben, weil sich hinter dem Wort „Packstation“ ein Doppelpunkt befunden habe. „Eine Erstattung durch uns kann hier also nur dann erfolgen, wenn der Artikel, der noch im Versand ist, beschädigt wieder eingebucht wird.“

Anzahl an Kundenbeschwerden ebenfalls hoch

Auch ein Blick in die Diskussionsforen von Amazon offenbart: Im Logistikbereich herrscht noch erhebliches Verbesserungspotenzial. Nicht umsonst hat der Thread „Versand per Amazon Logistics grundsätzlich verspätet“ nahezu 1.000 Beiträge (Stand: 01.06.2016) und befindet sich nahezu durchgängig auf dem obersten Platz der aktuellsten Themen im Amazon-Forum.

Hierbei sollte natürlich beachtet werden, dass die meisten Einträge des genannten Threads aus Kundensicht stammen, die verspätete Zustellungen, fehlende Benachrichtigungen usw. bemängeln – allesamt Bereiche, mit denen auch andere Logistikunternehmen ab und zu Probleme haben. Dennoch scheint bei Amazon Logistics die Fehlerquote derzeit noch recht hoch zu sein.

Insgesamt ist Amazon wohl noch weit entfernt davon, den großen Logistikunternehmen den Rang abzulaufen. Der Online-Händler betont jedoch auch immer wieder, dass dies auch nicht im Interesse von Amazon sei. Vielmehr will der Verkaufsriese auch zukünftig mit DHL & Co. zusammenarbeiten. Ob diese Aussage in mehreren Jahren nicht vielleicht doch noch revidiert wird, steht noch in den Sternen. Bis dahin sind wohl noch einige Logistiklöcher zu stopfen, um so das Vertrauen sowohl der Händler als auch der Kunden für sich zu gewinnen.