Wenn Online-Händler massenhaft retournierte Produkte wegwerfen, ist dies nicht nur schlecht für die Umwelt, sondern auch fürs Image. Amazon hat sich nun noch einmal explizit gegen diese Praxis ausgesprochen.

 

Im Sommer 2018 ging ein gigantischer Aufschrei durch die Medien, nachdem in einem Beitrag des ZDF-Magazins Frontal21 über die massenhafte Vernichtung von funktionstüchtigen und teils neuwertigen Produkten die Rede war. Das Format berichtete damals, dass Amazon Waren aus verschiedensten Kategorien tonnenweise in den Müll wandern lässt – egal ob Möbel, Handys oder elektrische Großgeräte wie Kühlschränke oder Waschmaschinen. Jeden Tag würden „Waren im Wert von mehreren zehntausend Euro vernichtet“, sagte damals eine Amazon-Mitarbeiterin.

Seither wurde das Thema rund um Retouren und Warenvernichtung nicht nur von Händlern und Kunden, sondern auch in der Politik immer wieder aufgegriffen. Schließlich sind solche Strategien nicht nur massiv umweltschädlich, sondern schaden auch den entsprechenden Akteuren. Nachdem Amazon bereit im vergangenen Jahr versprochen hat, unverkäufliche Waren zu spenden, statt sie zu vernichten, hat der Konzern das Thema nun noch einmal aufgegriffen und Einblicke in seine Prozesse gewährt.

Vernichtete Ware ist verlorenes Geld

In einem entsprechenden Beitrag auf Amazons Blog Day One wird zunächst Claudia Dörr-Voß, Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, zitiert. Sie verwies kürzlich darauf, dass es im Interesse keiner Firma sei, Waren zu vernichten – schon allein aus wirtschaftlicher Sicht: „Kein Unternehmer vernichtet freiwillig in großem Stil gebrauchsfähige Waren, selbst wenn dies in der aktuellen Debatte um ein Verbot der Vernichtung von Retouren regelmäßig unterstellt wird. Letztlich gilt: Vernichtete Ware ist nicht verkaufte Ware und damit verlorenes Geld!“ Dieser Aussage schließe sich Amazon an.

„Wir sind entschlossen, die Entsorgung von Produkten weitestmöglich zu reduzieren. Denn dieser Weg ist schlicht richtig – für unsere Kunden, für die Gesellschaft, für die Umwelt und für Unternehmen“, sagt Amazon. Dennoch sei der Umgang mit Retouren grundsätzlich kein Leichtes und eine Herausforderung: Um diese zu meistern, setzte Amazon auf ein umfassendes Kreislaufwirtschaftsprogramm. Ziel sei es dabei nicht nur, Retouren zu mindern, sondern auch Produkte wiederzuverwenden und weiterzuverkaufen, um so wenige Produkte wie nur möglich vernichten zu müssen. 

Bereits auf dem Online-Marktplatz könnten dafür die ersten Stellschrauben justiert werden, etwa durch detailreiche Produktbeschreibungen oder Kundenbewertungen, durch einen umfassenden Technik-Support oder ausführliche Hilfeseiten.

Was passiert mit Retouren?

Trotz solcher Maßnahmen fallen auch weiterhin Retouren an. Jedes retournierte Produkt durchlaufe nach Aussagen von Amazon eine strenge Inspektion. Der Großteil der zurückgeschickten Produkte könnte nach der ausführlichen Prüfung wieder als Neuware verkauft werden. Schafft es ein Produkt, das von Amazon verkauft wurde, nicht wieder in die Neuwaren-Kategorie, wird es entweder an den Hersteller zurückgegeben oder landet als Gebrauchtware über „Amazon Warehouse“ auf dem Amazon-Marktplatz. Auch ein Verkauf an Restpostenhändler oder eine Sachspende sei möglich. Nur wenn diese Optionen wegfallen, etwa aus Hygienegründen oder bei Beschädigungen, müssen die Produkte recycelt werden oder landen „als allerletzte Option“ auf der Deponie. „Dieser Weg ist für uns die letzte und am wenigsten attraktive Option – ökologisch und ökonomisch“, schreibt das Unternehmen. Der Anteil entsorgter Produkte liege allerdings im Promillebereich.

Bei den Produkten, die von Dritthändlern über den Amazon-Marktplatz verkauft werden, ist das Prozedere ein anderes: „Da die zurückgesendeten Produkte nicht uns gehören, liegt es an den Verkaufspartnern zu entscheiden, was mit ihnen geschehen soll“, schreibt Amazon. Allerdings würden den Händlern ähnliche Mechanismen angeboten, um sie zu unterstützen, nachhaltigen Entscheidungen zu treffen. So werde es den Drittanbietern beispielsweise einfach gemacht, selbstständig Restpostenhändler auszuwählen oder Sachspenden zu tätigen. Auch eine geänderte Gebührenstruktur sowie Angeboten in den Bereichen Wiederverkäufe und Restpostenhandel würden Anreize für mehr Nachhaltigkeit schaffen.

Amazon verweist auf Missstände im Steuerrecht

Ein Manko in Sachen Nachhaltigkeit sieht Amazon derweil ganz konkret im deutschen Steuerrecht. Hier gäbe es eine regulatorische Herausforderung, die sich auf spendenfreudige Unternehmen nachteilig auswirke: „Das deutsche Steuerrecht verpflichtet Unternehmen dazu, Umsatzsteuer auf den Wert aller gespendeten Waren – mit Ausnahme von verderblichen Lebensmitteln – zu entrichten. Für Unternehmen in Deutschland ist es daher oft teurer, Waren zu spenden, als sie zu entsorgen. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen sind dies Mehrkosten, die sie nicht immer tragen können.“

Um diese Hürde künftig abzubauen und Unternehmen dadurch zu ermutigen, nachhaltige Entscheidungen zu treffen, arbeite Amazon nach eigenen Aussagen mit politischen Entscheidungsträgern zusammen.