Bisher war es US-Bundesstaaten nur gestattet, Umsatzsteuer von Händlern einzusammeln, wenn sie eine physische Präsenz in dem betreffenden Staat hatten. Doch der Supreme Court der USA hat dieses Gesetz gekippt – die großen Online-Händler bekommen erste Auswirkungen dieser Entscheidung bereits zu spüren.

US Supreme Court
© Steve Heap – Shutterstock.com 

Mit einer knappen Mehrheit von fünf zu vier Stimmen hat der Oberste Gerichtshof der USA ein Gesetz gekippt, dem es US-Bundesstaaten untersagte, Umsatzsteuern von Händlern einzufordern, wenn sie über keine physische Präsenz – etwa in Form von Filialen – in dem Bundesstaat verfügten. Diese Regelung kam vor allem den Online-Händlern entgegen, die so in vielen Fällen der Steuerzahlung entgingen. Bei den Bundesstaaten und stationären Händlern sorgte das Gesetz aber für Frust.

Die Richter des Supreme Court werteten die Regelung, die in einem Rechtsstreit 1992 gerichtlich bestätigt worden war, als „unvernünftig und inkorrekt“, wie Retail Dive berichtet. Welche Auswirkungen die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs langfristig haben wird, sei bisher noch nicht absehbar. Die US-Bundesstaaten könnten VentureBeat zufolge aber möglicherweise Milliarden an Umsatzsteuern von Online-Händlern eintreiben – von bis zu 13 Milliarden US-Dollar an Steuermehreinnahmen spricht ein Regierungsbericht.

Aktien von Online-Händlern unter Druck

Erste Auswirkungen habe es dem Magazin zufolge bereits gegeben: Die Aktien von Online-Händlern seien nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gefallen. Overstock verlor 7,2 Prozent an der Börse und auch Amazons Aktie sank um 1,1 Prozent. Auf Online-Kunden könnten hingegen künftig höhere Produktpreise zukommen.

In dem Rechtsstreit vor dem Supreme Court ging es um ein Gesetz aus dem Bundesstaat South Dakota, das 2016 erlassen und von Overstock, Wayfair und Newegg angefochten wurde. Das Gesetz richtet sich gegen größere Online-Händler, die nicht aus South Dakota stammen, und verpflichtet sie dazu, Umsatzsteuern zu erheben und zu entrichten, wenn sie mehr als 100.000 US-Dollar Umsatz erzielen oder über 200 einzelne Transaktionen tätigen. Dass nun andere Bundesstaaten nachziehen, sei VentureBeat zufolge wahrscheinlich.

Donald Trump zeigt sich erfreut

Amazon selbst zahlt Umsatzsteuern auf Direktverkäufe, aber nicht für Produkte, die von Drittanbietern auf dem Marketplace angeboten werden. Diese stellen aber etwa die Hälfte aller Verkäufe über Amazon dar. Das Unternehmen könnte sich also veranlasst sehen, auch diese Verkäufe künftig zu besteuern. US-Präsident Donald Trump, der seit geraumer Zeit eine Vendetta gegen Amazon und Jeff Bezos führt, zeigte sich über die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs erfreut. „Großer Sieg vor dem Supreme Court in Sachen Internet-Umsatzsteuer – wurde Zeit!“, twitterte Trump. „Großer Sieg für Fairness und für unser Land. Toller Sieg für Kunden und Händler.“

„Die bisherige Regelung abzuschaffen ist notwendig, um sicherzustellen, dass künstliche Wettbewerbsvorteile nicht durch die bisherige Rechtssprechung erzeugt werden“, erklärte Richter Anthony Kennedy. Trotzdem könnte es gegen die Regelung aus South Dakota und mögliche ähnliche Gesetze, die nun in anderen Bundesstaaten folgen könnten, weitere Rechtsbeschwerden geben. Auch der US-Congress könnte sich in dieser Frage einschalten, um eine US-weite Lösung zu erreichen.