Dass die Kundschaft betrügerisch vorgehen kann, ist für Online-Händler:innen nicht neu. Dass es aber durchaus verbreitet ist, den Online-Shop an der Nase herumzuführen und dass sich das schlechte Gewissen dabei in Grenzen hält, überrascht dann doch. Eine umfangreiche Studie des Unternehmens Ravelin setzt sich mit dem sogenannten „freundlichen Betrug“ auseinander. Ravelin nennt die Ergebnisse „alarmierend“, denn diese Art des Betrugs ist offenbar weit verbreitet.

40 Prozent der befragten Personen geben an, im vergangenen Jahr Online-Shops betrogen oder zumindest deren Gutmütigkeit ausgenutzt zu haben. 36 Prozent würden es in der Zukunft tun. Schlechtes Gewissen? Pustekuchen! Fast die Hälfte (45 Prozent) findet es sogar legitim, Vorteile aus bestimmten Schlupflöchern zu ziehen. „Das gilt nicht nur für die technisch versierten Verbraucher, sondern für alle“, sagt Ravelin-CEO Martin Sweeney.

Was ist freundlicher Betrug?

Aber was fällt denn eigentlich unter den Oberbegriff „freundlicher Betrug“? Gemeint sind damit Betrugsarten, die von Kund:innen mit ihrer echten Identität vorgenommen werden. Es geht hier also nicht um gefälschte Kreditkartendaten oder von Kriminellen gekaperte Accounts, sondern um die Möglichkeiten, die Kund:innen nutzen, um sich Vorteile zu verschaffen. In den meisten Fällen geht es dabei letztlich um die Täuschung der Online-Händler:innen, zum Beispiel mit Retourenbetrug.

Diese Arten sind verbreitet – und nicht legal!

Im Folgenden klären wir die wichtigsten Arten des „freundlichen Betrugs“ und warum man es als Kund:in trotzdem nicht machen sollte:

  • Eine der beliebtesten Arten des freundlichen Betrugs ist eine betrügerische Rückbuchung, also: Die Kund:innen fordern eine Rückzahlung für eine Sendung an, die angeblich nicht angekommen ist (obwohl sie angekommen ist) oder für eine Sendung, die verspätet doch noch ankommt und nicht zurückgeschickt wird. Zehn Prozent der Befragten geben an, dies in den letzten zwölf Monaten getan zu haben. Das ist natürlich nicht erlaubt: Wer fälschlicherweise eine Rückbuchung durchgeführt hat oder auf Nachfrage darüber lügt, ob ein Paket angekommen ist, macht sich strafbar.
  • Ebenfalls weit verbreitet ist die Nutzung mehrerer Accounts, um z. B. mehrfach von Gutscheinen zu profitieren. Das erklärt die juristische Kollegin Sandra May: „Werden Neukundenrabatte angeboten, gelten diese auch nur für Neukund:innen. Bekommt der Online-Shop mit, dass jemand mehrere Accounts erstellt, um von den ‚Neukundenrabatten‘ zu profitieren, so kann er diese Rabatte verwehren. Schließlich handelt es sich hier um eine Täuschung.“
  • Viele Befragte der Studie kauften etwa mit der Absicht, es nach Gebrauch wieder zurückzuschicken. Aber: Online-Shops sind keine Leihhäuser! „Hat man von vornherein nicht die Absicht, etwas zu behalten, dann ist die Ausübung des Widerrufsrechts rechtsmissbräuchlich“, so May. 
  • Ein Zehntel der Befragten kaufte bewusst mehr Produkte als benötigt wurden, um zum Beispiel die Schwelle für die kostenlose Lieferung oder Retoure zu erreichen und schickte die ungewollten Produkte dann kostenlos wieder zurück. Sandra May sagt dazu ganz klar: „Wer einfach nur mehr bestellt, um einen bestimmten Wert zu überschreiten und vorher schon weiß, dass er diese Produkte zurückschicken wird, handelt rechtsmissbräuchlich. Als Händler hätte man hier das Recht, den Widerruf abzulehnen.“ Dies könne zudem unter den Verdacht der arglistigen Täuschung fallen. Allerdings haben es Händler:innen hier schwer: Den Missbrauch können sie nur schwer nachweisen.

Kund:innen sollten sich bewusst sein, dass sie mit diesem Verhalten den Online-Shops schaden. Und tatsächlich geben in der Ravelin-Umfrage 16 Prozent der Menschen, die aufgehört haben, zu betrügen, an, dass sie einsehen, dass es sich um kriminelles Verhalten handelt. Mehr als ein Drittel (37 Prozent) hat sogar aufgehört, weil es dem Online-Shop gegenüber nicht fair ist. Händler:innen sollten auf der anderen Seite stets im Auge behalten, ob Kund:innen besonders viel retournieren oder häufig Rückbuchungen anfordern. 

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