Seit über zwei Monaten schon bestimmt das Thema Corona unser aller Leben. Man kann sich inzwischen ja kaum noch an eine Zeit v. C. – vor Corona – erinnern. Unglücklicherweise brachte diese Zeit auch eine Reihe von Schreckensmeldungen für den Handel mit sich: Erhebliche Umsatzeinbrüche, massenhafte Insolvenzen und Geschäftsschließungen. Aber zwischen all den Hiobsbotschaften gibt es auch immer wieder die eine oder andere Meldung, die Hoffnung macht und wie ein Silberstreif am sonst so düsteren Horizont erscheint. Wie zwei E-Commerce-Businesses versuchen, sich mit kreativen Geschäftsideen durch die Krise zu retten, zeigen wir hier.

Snag Tights: Heute eine kaufen, morgen zwei bekommen

Das schottische Unternehmen Snag Tights verkauft weltweit Strumpfhosen in allen Größen und Farben, und das bis zur Krise sehr erfolgreich. Dabei legt das Unternehmen vor allem den Fokus auf Strumpfhosen in größeren Größen, um für jede Körperform, jedes Alter und Geschlecht das passende Modell anzubieten. Mit dieser Philosophie konnte Snag Tights eine große Fangemeinde und Käuferschaft erreichen. Doch dann kam Corona und stürzte das Unternehmen in eine mittelschwere Krise. Seit dem Lockdown im März bekamen die Briten keine Lieferung mehr, die Produktion musste gestoppt werden und das Geschäft stockte. Ohne Bestände konnten auch keine Strumpfhosen mehr verkauft werden, Snag Tights drohte unterzugehen.

save our snag

Doch dann startete das Unternehmen einen Hilferuf unter seinen Käufern und entwickelte schließlich die rettende Idee: SOS Vouchers, wie Snag Tights diese bezeichnet hatte. Das Prinzip: Kunden konnten sich Gutscheine für eine Strumpfhose kaufen, erhalten bei der Einlösung dann zwei Paar. Die Gutscheine können allerdings erst ab November eingelöst werden, bis dahin hoffen die Schotten, ihre Lieferketten wieder am Laufen zu haben. 

Der Erfolg dieser Aktion war überwältigend. Innerhalb weniger Tage wurden so viele Gutscheine bestellt, dass Snag Tights die Aktion stoppte. In einem emotionalen Facebook-Post bedankte sich Snag-Gründerin Brie Read bei allen Unterstützern und konnte die frohe Botschaft verkünden, dass das Unternehmen gerettet sei und man sogar auf finanzielle Hilfe vom Staat verzichten kann. Auch wenn der Betrieb von Snag Tights langsam wieder anläuft, sind nach wie vor eine Reihe von Modellen aktuell nicht verfügbar. Dank der SOS-Gutscheine werden die Briten aller Voraussicht nach aber dennoch die Coronakrise überstehen und hoffentlich bald wieder ihre Kunden auf der ganzen Welt mit schrillen Strumpfhosen versorgen.

Urlaubspiraten: Andere Branche, gleiches Prinzip

Stellt man sich die Frage, welche Bereiche wohl am meisten von der Coronakrise betroffen sind, kommen einem spontan zwei Branchen besonders in den Sinn: Gastronomie und Tourismus. Während es in der Gastronomie nun langsam vorangeht und bereits die ersten Restaurants, Cafés und Biergärten wieder öffnen konnten, schaut die Tourismusbranche noch in die Röhre. Seit über zwei Monaten schon liegt die Reisebranche praktisch brach, Flugzeuge heben so gut wie überhaupt nicht mehr ab. Davon betroffen sind neben Hotels und Pensionen natürlich auch Anbieter wie Airbnb oder Booking.com. Erst Anfang Mai wurde bekannt, dass der Wohnungsvermittler Airbnb rund 1.900 Mitarbeiter entlassen musste, ein herber Schlag nicht nur für den Konzern selber, sondern auch für die unzähligen Nutzer, welche Wohnungen und ganze Häuser über die Plattform inserieren. 

Urlaubspiraten Facebook

Auch die Urlaubspiraten, eine Marke der HolidayPirates GmbH, die über ihre gleichnamige Website im deutschsprachigen Markt Reisen vermitteln, hat die Coronakrise hart getroffen. „Die Tourismusindustrie macht gerade eine enorm schwierige Zeit durch“, bestätigt auch Marc Auggenthaler, Reiseexperte bei den Urlaubspiraten. „Viele Unternehmen sind bereits hart von der Situation betroffen. Reisebüros, Buchungsplattformen und andere Player der Branche können das Überleben in der Krise nur sichern, indem sie momentan die Bindung zu den Kunden durch Beratung aufrecht erhalten.“ Auch die Online-Buchungsplattform hat in der Krise nach Möglichkeiten gesucht, um mit den Kunden weiterhin in Kontakt zu bleiben und ihnen Angebote für zukünftige Reisen zu bieten. Unter dem Motto „Buy Now, Travel Later“ verkaufen die Urlaubspiraten aktuell Gutscheine für Reisen, Hotelübernachtungen oder besondere Erlebnisse, die zu einem späteren Zeitpunkt eingelöst werden können. „Unsere Kunden nehmen diesen Trend sehr gut an. Sie können auf Urlaubspiraten.de Gutscheine kaufen, um zu einem späteren Zeitpunkt zu reisen“, so Marc Auggenthaler weiter. 

„Die Menschheit wird immer reisen wollen“

Inzwischen haben zwar die ersten Länder angekündigt, ihre Grenzen für den Sommertourismus öffnen zu wollen und auch Fluggesellschaften sollen bereits ab Juli wieder vermehrt touristische Ziele anfliegen. Dass sich die Lage in der Reisebranche in absehbarer Zeit allerdings wieder normalisiert, hält der Experte für unwahrscheinlich: „In der Reisebranche wird es erstmal keine ‚Rückkehr zur Normalität‘ geben. Wir müssen damit rechnen, dass es nicht so schnell ein ‚zurück‘ geben wird und wir uns alle auf eine ‚neue Normalität‘ einstellen müssen. Diese wird sich unter anderem durch lange Schlangen an Flughäfen, mehr Sicherheitsabstände, Mund-Nasenschutz und verstärkte Hygienemaßnahmen zeigen“.

Aus diesem Grund müssen sich auch Unternehmen überlegen, wie sie ihr Business-Modell entsprechend anpassen können, um dennoch Kunden zu erreichen, denn: „Die Menschheit wird immer reisen wollen“, ist sich Marc Auggenthaler sicher. Deswegen setzen die Urlaubspiraten nicht nur auf Reisegutscheine, sondern liefern auch Inspirationen und laden damit zum Träumen ein, „bis wir eines Tages wieder sorgenfrei die Welt erkunden können“, erklärt der Reiseexperte das Konzept.

Urlaubspiraten Facebook

Die Online-Plattform bietet vorübergehend auch weitere reisebezogene Produkte und Online-Erlebnisse an und legt den Fokus bei ihren ausgewählten Reisen verstärkt auf Ziele im Inland, da aktuell fast alle Länder ihre Grenzen für Touristen noch geschlossen halten. So zeigen die Urlaubspiraten auf ihrem Facebook-Kanal hierzulande, welch schöne Ecken Deutschland hat und dass man für türkisblaues Wasser inmitten atemberaubender Landschaften nicht unbedingt bis nach Kanada fliegen muss.

Qualität statt Quantität und hohe Flexibilität

Auf lange Sicht sieht Marc Auggenthaler durch die Pandemie aber deutliche Veränderungen am Reisemarkt. „Die Coronakrise wird das Verhalten der Kunden verändern, wie in Zukunft Urlaub gebucht werden wird“, so seine Einschätzung. „Es wird mehr auf Flexibilität bei der Buchung geachtet. Darüber hinaus herrschen momentan bei vielen auch finanzielle Einschränkungen und Sorgen durch die Kurzarbeit, die das Reisen in die Ferne erschweren, obwohl der Wunsch dazu vorhanden wäre.“ Auch werden seiner Meinung nach die Kunden künftig mehr den Fokus auf Qualität statt Quantität legen. Statt mehrmals im Jahr Urlaube zu buchen, wird der Trend eher zu einem längeren hingehen. 

Unternehmen müssen dahingehend flexibel bleiben und sich an die Kundenwünsche und -bedürfnisse anpassen, um solche Krisen auch in Zukunft zu überstehen. Dabei könnten höhere Tarife den Unternehmen helfen, aber auch Kunden die Möglichkeiten für eine erhöhte Flexibilität bieten, um beispielsweise das Verschieben oder Stornieren von Flügen oder Hotelraten zu erleichtern.

Egal, ob Unternehmen nun Gutscheine für die „Zeit danach“ verkaufen, ihre Produktion flexibel umstellen, um die aktuellen Nachfragen zu decken, oder ihr gesamtes Angebot ins Internet verlagern: Die aktuelle Krise zeigt, dass Unternehmen jeder Größe immer mit derartigen Stolpersteinen rechnen müssen. Das Wichtigste ist, flexibel und kreativ zu bleiben, um auch solche schweren Zeiten zu überstehen (weitere Beispiele haben wir auch im Artikel Wie Händler mit kreativen Geschäftsideen auf Corona reagieren vorgestellt). Denn, wie heißt es so schön: Nach Regen folgt Sonne!