Unsere Welt ist digital und wird noch digitaler. Das gilt auch für einen Teil unseres sozialen Austauschs und Miteinanders sowie für die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen. Im Netz nutzen viele Privatpersonen, Medienhäuser, Influencer:innen und Unternehmen soziale Netzwerke wie Instagram, TikTok, YouTube oder auch LinkedIn, um verschiedenste Inhalte zu präsentieren, zu teilen oder einzuordnen. 

Doch nicht für jede:n sind diese Inhalte leicht oder selbstverständlich zugänglich. Die Informationen sind schlichtweg nicht barrierefrei. „Jeder stand schon einmal vor einer digitalen Barriere. Ein unlesbarer Text, weil der Kontrast zum Hintergrund zu gering war. Eine unverständliche Erklärung zur Bedienung einer Software. Ein zu kleiner Button, den Sie auf Ihrem Smartphone wiederholt verfehlen. Kommt dann noch eine körperliche oder kognitive Beeinträchtigung hinzu, sind solche Barrieren nicht zu überwinden“, erläutert etwa das Projekt Teilhabe 4.0, ein Schulungsportal zur digitalen Barrierefreiheit.  

Doch digitale Barrieren können und sollten abgebaut werden – damit Informationen und Inhalte für alle nutzbar sind, die selbstverständlich Teil unserer Gesellschaft sind. Dass Menschen aufgrund einer Behinderung nicht benachteiligt werden dürfen, ist bereits in unserem Grundgesetz verankert, es gibt überdies weitere gesetzliche Grundlagen für Barrierefreiheit. Die Social-Media-Portale bieten dafür bereits selbst einige Funktionen. Unternehmen und Creator:innen können ihre Inhalte und Designs aber auch inklusiver erstellen und teilen und damit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen. Schwer ist das nicht, insbesondere, wenn es von Anfang an bei der Erstellung bedacht wird – wir geben einen Überblick und Tipps.

Alternativtexte für Bilder

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben weltweit etwa 2,2 Milliarden Menschen Einschränkungen im Sehvermögen, allein in Deutschland betrifft dies mehr als eine halbe Million. Allem voran auf Instagram, aber auch auf Plattformen wie Facebook oder Kurznachrichtendiensten wie X oder Bluesky werden Fotos und Grafiken veröffentlicht. „‚Content Creator‘ haben einen erheblichen Einfluss auf die Barrierefreiheit des sozialen Netzwerks, das sie nutzen. Es liegt an ihnen, ob ihr lustiges Meme von Hilfstechnologien lediglich mit der leeren Information wiedergegeben wird, es handle sich um ein Foto – und damit schnell weitergescrollt wird. Oder man nutzt die Chancen zur Barrierefreiheit, die Instagram bietet, um den Inhalt möglichst allen Menschen zugänglich zu machen“, bringt es Blogger Marvin Siefke auf barrierefreies.design auf den Punkt.

Damit Menschen mit Sehbeeinträchtigungen Bildinhalte mit Tools wie Screenreadern erfassen können, helfen sogenannte Alternativtexte. Sie beschreiben kurz und aussagekräftig Inhalte von Grafiken und Fotos. Nach Angaben von Instagram werden diese Texte automatisch erstellt. Sie lassen sich aber auch manuell hinterlegen: Bei einem Bild-Posting kann man im letzten Schritt der Beitragserstellung „Erweiterte Einstellungen“ auswählen. In diesen findet sich der Punkt „Barrierefreiheit“, wo anschließend ein Alternativtext eingegeben werden kann. Auch Facebook bietet ähnliche Funktionen.

Im Alt-Text sollte stehen, was tatsächlich auf der Abbildung zu sehen ist: „Bild eines Balkendiagramms“ ist weniger aussagekräftig als „ein Balkendiagramm zeigt den stetigen Zuwachs von Inklusionsmaßnahmen in Unternehmen von 2018 bis 2023“.  Das gilt besonders für Abbildungen, auf denen eine Funktionsweise illustriert ist. Kurze und präzise Texte sind besser als längere. „Blinde Personen müssen vor allem überflüssige Informationen filtern können. Je mehr Informationen ihnen vermittelt werden, die im aktuellen Kontext nicht relevant sind, desto stärker werden sie vom eigentlichen Inhalt abgelenkt“, empfiehlt das Portal netz-barrierefrei.de, allerdings mit Verweis auf Alternativtexte auf Webseiten. Wenn das Bild einen Text enthält, der von zentraler Bedeutung ist, sollte er in der Beschreibung unter dem Bild-Posting stehen.  So löst es zum Beispiel die Organisation Charta der Vielfalt auf Instagram: 

Auch sollten Texte, die die Bilder inhaltlich beschreiben, ohne Wertung sein: „Blinde und sehbehinderte Menschen sind in vielen Zusammenhängen auf Beschreibungen angewiesen und sie schätzen es sehr, wenn sie sich zu dem, was beschrieben ist, selbst eine Meinung bilden können“, gibt der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband zu bedenken.

In Videos wiederum hilft es Menschen mit Einschränkungen, wenn sie eine Audiodeskription über wichtige visuelle Inhalte informiert. Eine Stimme erklärt, was im Video passiert. Geeignet ist das eher für Videos, in denen es viel Aktion und weniger gesprochenen Text gibt. Wenn ein Video keinen Ton hat, kann man eine Videobeschreibung beispielsweise in den Kommentaren hinterlegen und darauf hinweisen.

Untertitel in Videos, Storys, Shorts und Reels

Über 430 Millionen Menschen leben der WHO zufolge mit Einschränkungen im Hörvermögen. Das erschwert ihnen beispielsweise den Zugang zu Videoinhalten, seien es lange Videos oder Shorts auf YouTube, Reels oder Story-Formate. Helfen können Untertitel. Diese können bei YouTube beim Upload hinzugefügt werden, sie lassen sich manuell oder automatisch erstellen und anschließend nachbearbeiten. Ähnliche Möglichkeiten hat auch TikTok. Auf Instagram werden Untertitel ebenso automatisch erstellt und eingeblendet, wenn man dies nicht manuell deaktiviert. Außerdem gibt es Untertitel-Sticker für Storys und Reels, die man im Sticker-Bereich wählen und dann die Option „Untertitel“ nutzen kann. Auf LinkedIn soll es auch eine Funktion für automatische Untertitel geben, sie ist aber noch nicht überall verfügbar.

Übrigens: Über Instagrams „Live Rooms“ ist es möglich, beispielsweise Vorträge auf Veranstaltungen oder Pressekonferenzen in Echtzeit auch in Gebärdensprache zu übertragen. Laut der Plattform wird dies bereits in den USA von einigen Creator:innen genutzt. 

Verständlichkeit sicherstellen

Damit Inhalte einfacher erfasst werden können, lohnt sich ein Blick auf die Sprache: Leichte Sprache trägt zur Barrierefreiheit bei. Das heißt: Lange und schwierige Wörter sollten vermieden, Fachbegriffe erklärt werden. Kurze Sätze sind besser als lange und komplexe – für alle. Ausführliche Informationen liefert beispielsweise das Portal leichte-sprache.de. Etwas Hilfe bei der Texterstellung kann man sich auch von Tools wie ChatGPT holen, das Ergebnis ist aber noch nicht zufriedenstellend, zeigt eine Auswertung.

Eine Besonderheit gibt es zudem bei Hashtags (#) zu beachten, die schließlich essenzieller Bestandteil von Social-Media-Postings sind. Setzen sich diese aus mehreren Begriffen zusammen, sollten die einzelnen Wörter stets mit einem Großbuchstaben beginnen, z. B. #InklusionFürAlle. Das ist einfacher lesbar und kann von Screenreadern besser verarbeitet werden. Hashtags sollten zudem am Ende des Postings oder, wenn es ganze Blöcke der Tags sind, besser noch in einem separaten Kommentar eingefügt werden. Stehen sie mitten im Beitrag, kann das Leser:innen verwirren. 

Auch Emojis können von Screenreadern vorgelesen werden. Diese sollten idealerweise aber sparsam verwendet und sorgsam ausgewählt werden.

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Diskriminierungen in der Sprache vermeiden 

Mit Sprache können wir Menschen ein- oder ausschließen, beleidigen, unsichtbar machen oder anderweitig eine ungleiche Behandlung hervorrufen – beispielsweise durch die Nutzung sogenannter Ableismen. In dem Begriff Ableismus steckt das englische Wort „able“, dt. „fähig“, und er beschreibt eine strukturelle, ungerechtfertigte Ungleichbehandlung wegen einer körperlichen oder psychischen Beeinträchtigung oder aufgrund von Lernschwierigkeiten. Eine Übersicht zu Formulierungen, die man meiden sollte und Alternativen liefert beispielsweise das Portal Leidmedien. Nützliche Hinweise für eine nicht-diskriminierende Sprache bietet auch ein Leitfaden des österreichischen Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit. Auch sollte man sich die Zeit nehmen, sich über bestimmte Ausdrücke und Selbstbezeichnungen, beispielsweise von Personengruppen oder Merkmalen, zu informieren.

Zudem sind Triggerwarnungen vor Postings wichtig für Menschen mit Diskriminierungserfahrungen und/oder mit Traumaerfahrung. Im Sinne einer Aufklärungsarbeit kann es aber natürlich notwendig sein, bestimmte Themen in den sozialen Netzwerken zu behandeln – etwa, um Probleme sichtbar zu machen oder Unterstützung im Umgang damit zu bieten. Das zeigt sich zum Beispiel in einem Facebook-Posting der Aktion Mensch, dem eine Warnung vor ableistischer Sprache im Video vorangestellt ist: 

Screenshot Facebook-Post der Aktion Mensch vom 28.08.22 / aufgenommen am 26.10.23

Exkurs: Barrierefreie Postings und gendersensible Sprache 

Inklusion bedeutet, auch sprachlich möglichst niemanden auszuschließen. Doch Barrierefreiheit und eine gendersensible Sprache gehen tatsächlich nur sehr schwer zusammen. So bevorzugt der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. die Beidnennung – die wiederum von einigen Betroffenen eher abgelehnt wird, da diese Sätze unnötig verlängert. Zudem ist die Paarform auch nicht inklusiv, bevorzugt wird daher ein einheitliches Sonderzeichen, der Doppelpunkt sei dafür denkbar. Die Selbstvertretung der LGBTI*Q spricht sich nach einer umfassenden Studie für die Verwendung des Asterisks (*) aus, andere Sonderzeichen werden toleriert. Einig ist man sich, dass – wo es möglich ist – am besten auf neutrale Formulierungen gesetzt werden sollte. 

Inklusives Design 

Schon bei der Erstellung visueller Inhalte sollten potenzielle Barrieren mitgedacht und entsprechend reagiert werden.  

  • Farbkontrast: Damit wichtige Informationen sich vom Hintergrund abheben, muss auf das Kontrastverhältnis geachtet werden. Das größtmögliche Kontrastverhältnis mit 21:1 bietet schwarze Schrift auf weißem Grund. Für barrierefreie Bilder sollte es mindestens bei 4,5:1 liegen, empfiehlt die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG). 
  • Hervorhebungen: Nicht alle Menschen können farbliche Hervorhebungen und so gekennzeichnte Inhalte damit beispielsweise als relevanter einstufen. Um wichtige Informationen zu kennzeichnen, könnten Symbole zum Einsatz kommen.
  • Schriftgröße und Textmenge: Grafiken sollten nicht mit Texten überfrachtet werden. Je mehr Text und je kleiner die Schrift, desto schwerer sind diese in Grafiken erkennbar. Für Schriftgrößen unter 24 px gilt das oben angegebene Mindestkontrastverhältnis, bei größerer Schrift kann es auch bei 3:1 liegen. Eine Ausnahme stellen Logos dar.
  • Animierte Grafiken: Bei animierten Bildern sollte Blinken und übermäßig viel Bewegung vermieden werden. Diese können Epilepsie, Migräne und andere Probleme bei Menschen mit Gleichgewichtsstörungen auslösen. Das sollte etwa besonders beim Posting von Memes in Form von GIFs mit viel Bewegung bedacht werden.
  • Schriftarten: In den sozialen Netzwerken kann man auch in den Posting-Editoren mit Codes für unterschiedliche Schriftarten arbeiten. Es wird beispielsweise für Hervorhebungen, manchmal aber auch für Usernamen verwendet. Bei diesen besonderen Schriftarten kommen Screenreader an ihre Grenzen, wie der nachfolgende Tweet eindrücklich veranschaulicht: 

Einen sehr ausführlichen Überblick über ein inklusives Kommunikationsdesign, dass sich eben sowohl an Menschen mit als auch ohne Sehbehinderung richtet, bietet außerdem die Plattform leserlich.info. Neben vielen nützlichen Informationen, etwa über Leslerlichkeit und Lesbarkeit, wird auch ein Kontrastrechner und ein Schriftgrößenrechner angeboten, mit dem die Gestaltung von Grafiken optimiert werden kann.

Fazit: Barrierefreiheit ist gut für alle 

Sind Inhalte im Netz so gestaltet, dass Menschen mit Behinderung oder Einschränkung sie problemlos nutzen können, profitieren alle. So können alle Menschen an den Informationen und Inhalten teilhaben, sich austauschen, mitteilen – wodurch wir Ausgrenzung und Hürden mehr und mehr abbauen können. „Für 10 Prozent der deutschen Bevölkerung, die mit einer Behinderung leben, ist Barrierefreiheit unverzichtbar, um am digitalen Leben teilzunehmen. Für mindestens 30 Prozent ist sie notwendig. Und für 100 Prozent ist sie hilfreich“, fassen dazu Ralf Ohlenbostel und Lars Bognar auf ThinkwithGoogle zusammen. Und schließlich trägt es zum Erfolg der eigenen Postings bei, wenn möglichst viele Personen die dort dargestellten Inhalte konsumieren können: Je mehr Leute man anspricht, desto höher die Reichweite.

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