Zwischen Theorie und Praxis klafft häufig eine Riesenlücke – das gilt besonders auch bei den „guten Vorsätzen“ für die eigene Gesundheit. Warum es besser ist, ungesunde Angewohnheiten zugunsten vernünftigerer Verhaltensmuster anzueignen, hat wohl jede:r schon intellektuell durchdrungen. Ein beliebter Vorsatz: keinen Alkohol mehr trinken.

Aus der Nüchternheit wurde längst ein eigener Lebensstil destilliert, der in diversen (Sub-)Kulturen in verschiedenster Ausprägung daherkommt. Von religiös-motivierten Abstinenzler:innen bis hin zur Straight-Edge-Bewegung, die ihren Ausgang ausgerechnet in der für ihre Bierseligkeit bekannten Punk-Szene genommen hat – der Blick auf die Vorzüge der Enthaltsamkeit kann von vielen Warten aus erfolgen.

Sober Curiosity befreit Antialkoholisches aus dem Nischendasein

Mittlerweile ist der Trend zum Alkoholverzicht auch immer mehr im Mainstream angekommen: Mit dem Sober October und dem Dry January gibt es bereits zwei Monate, um das „Nein“ zu Wein und Co. zu zelebrieren. Gleichzeitig hat sich mit dem Trend der „Sober Curiosity“ ein weiteres Vehikel herausgebildet, um die Vorteile eines promillefreien Lebens zu transportieren. 

Bei „Sober Curiosity“ – wörtlich: „nüchterne Neugier“–  geht es im Wesentlichen darum, auf Alkohol und andere Rauschmittel zu verzichten. Dieser Trend ist besonders bei jungen Menschen beliebt, die sich bewusster ernähren und auf ihren Körper achten möchten.
Sie suchen nach Alternativen zu den herkömmlichen alkoholischen Getränken; Alternativen, die spannender als das allzu asketisch anmutende Glas Wasser sind.

Händler:innen haben diesen Trend frühzeitig erkannt und sich entsprechend auf die rasant steigende Nachfrage nach alkoholfreien Produkten eingestellt. Dies verrät ein Blick auf die Daten, die uns bei Faire als Onlinegroßhändler vorliegen. So sind die Suchanfragen mit den Begriffen „non-alcoholic“ und „alcohol free“ zwischen 2021 und 2022 um 250 Prozent gestiegen, was sich entsprechend auf die Verkäufe niedergeschlagen hat. Besonders stark hat sich die wachsende Hinwendung zu Sober Curiosity in Deutschland bemerkbar gemacht – auch über den Dry January hinaus. 

Im Januar 2023 lagen die Verkaufszahlen für Produkte der Kategorie nichtalkoholische Getränke satte 500 Prozent über dem Niveau vom Januar 2022 – der „trockene Januar“ scheint seinem Namen zunehmend gerecht zu werden. Das heißt jedoch nicht, dass ab Februar wieder auf breiter Front die Korken knallten. Unsere Daten zeigen: auch in den folgenden Monaten verbuchten antialkoholische Durstlöscher ein Nachfrageplus von 41 Prozent.  

Gin, Rum, Whiskey, Mezcal: Die Renner unter den Alkohol-Alternativen

Getränkehersteller und Lebensmittelhändler machen es Konsument:innen derweil immer leichter, auf Alkohol zu verzichten, ohne Einbußen beim Geschmack oder der „Kulturtechnik“ des Trinkens hinnehmen zu müssen. Voll im Trend liegen beispielsweise Mocktails, also alkoholfreie Cocktails. Was früher noch eine bessere Limo war, ist heute – dank neuer Entwicklungen im Bereich der alkoholfreien Spirituosen – geschmacklich und optisch kaum noch von einem klassischen Cocktail zu unterscheiden.

Da nimmt es wenig wunder, dass die alkoholfreien Versionen von Rum, Whiskey, Tequila und Mezcal zuletzt die am häufigsten gekauften Produkte in der Kategorie „Zero Alcohol“ auf Faire.com waren. Das massive Umsatzwachstum in diesem Bereich zeigt, dass Alkohol-Alternativen ihr Nischendasein verlassen haben. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, wird vielleicht eines Tages die Rede von alkoholhaltigen Alternativen sein. Die Lebern dieser Welt würden dieser Entwicklung sicher nichts entgegenzusetzen haben.


Frederik Reim Country Lead Germany Faire

Der Autor: Frederik Reim ist Country Lead Germany des Online-Großhandels Faire. Er ist Experte für den unabhängigen Einzelhandel. Auf der Plattform beobachtet er regelmäßig neue Trends, die sich in den Käufen und Verkäufen der über 700.000 Einzelhändler:innen und über 100.000 unabhängigen Marken abzeichnen.