Amazon-Händlerinnen und -Händler müssen sich auf Änderungen bei der Abrechnung gefasst machen: Eine entsprechende Ankündigung zur Änderung der Abrechnungsmethodik hatte der Konzern bereits Ende Mai im SellerCentral verkündet – allerdings ohne, dass dies größere Wellen geschlagen hätte.

Nun allerdings scheint man sich in der Branche allmählich der potenziellen Auswirkungen klarzuwerden. Es gibt sogar Warnungen, dass sich Marktplatz-Anbieterinnen und -Anbieter womöglich auf Engpässe der Liquidität einstellen müssen. Kritisch könnte das vor allem mit Blick auf das anstehende Weihnachtsgeschäft werden.

Worum geht es überhaupt?

Bisher war es für deutsche Unternehmen so, dass die Abrechnung verschiedener Amazon-Gebühren über eine Konzernniederlassung in Luxemburg erfolgte. In solchen Fällen griff das sogenannte Reverse-Charge-Verfahren: Da Amazon die Rechnungen für die Dienstleistungen aus dem Ausland stellte, mussten hiesige Händlerinnen und Händler zum Teil die Umsatzsteuer für eben jene Leistungen eigenständig berechnen und dann auch selbstständig ans Finanzamt abführen.

Das ändert sich ab dem 01.08.2024. Ab diesem Zeitpunkt werden verschiedene Amazon-Dienstleistungen nicht mehr von der Amazon Services Europe S.à r.l. („ASE“) mit Sitz in Luxemburg, sondern von der Amazon EU S.à r.l. („AEU“) durch eine lokale Niederlassung abgerechnet. Für Deutschland also durch eine Niederlassung mit Sitz im Inland. Amazon selbst formuliert das folgendermaßen:

„Ab dem 1. August 2024 werden Verkaufen bei Amazon, Versand durch Amazon und alle anderen Dienstleistungen der Amazon Services Europe S.à r.l. („ASE“) von der Amazon EU S.à r.l. („AEU“) bereitgestellt. Alle Verträge, Richtlinien und Geschäftsbedingungen (einschließlich der Verträge mit Amazon Payments), die sich derzeit auf die ASE beziehen, gehen auf die AEU über. Darüber hinaus werden alle Rechnungen von Amazon ab dem 1. August 2024 nicht mehr durch die ASE, sondern durch die AEU ausgestellt.“

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Welche Händlerinnen und Händler sind betroffen?

Von der Änderung betroffen sind nicht nur deutsche Händlerinnen und Händler, sondern auch Unternehmen, die in Belgien, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Polen, Schweden, Spanien und im Vereinigten Königreich sitzen. Für sie alle gilt, dass die jeweiligen Rechnungen für verschiedene Amazon-Dienste über eine Amazon-Niederlassung („AEU“) in den entsprechenden Niederlassungsländern ausgestellt werden.

Die Folge: Geringere Auszahlungen an Händlerinnen und Händler

Warum genau ist das nun wichtig? Weil es bedeutet, dass im Rahmen der Rechnungsstellung auch die jeweiligen lokalen (!) Umsatzsteuerregelungen gelten: Bei Leistungen für Händlerinnen und Händler aus Deutschland wird demnach auch die hiesige Umsatzsteuer abgerechnet.

Im Endeffekt fallen Rechnungen demzufolge höher aus und auch Auszahlungen von Amazon durch Verkäufe schrumpfen zunächst. Im Regelfall können sich Händlerinnen und Händler die Umsatzsteuer dann später über die standardmäßige Umsatzsteuererklärung zurückerstatten lassen.

Finanzielle Engpässe als Konsequenz?

Ein großes Aber scheint es allerdings zu geben, denn aus der Branche ist zu vernehmen, dass manche Händlerinnen und Händler durch die Umstellung womöglich Schwierigkeiten mit ihrer Liquidität bekommen könnten. 

Das Problem dabei sei nicht die Steuer selbst, denn diese lässt sich ja, wie bereits erklärt, in einem zweiten Schritt anrechnen. Das Problem sei der zeitliche Versatz, wie Steuer-Spezialist Thomas Matisheck jüngst in einem YouTube-Video erklärte. Die Spanne dieser zeitlichen Verschiebung liege demnach bei einem bis anderthalb Monaten.

Was zunächst vielleicht nur nach einer kurzen Spanne klingt, könne dem Experten zufolge aber gerade mit Blick auf das anstehende Weihnachtsgeschäft und den damit verbundenen Ausgaben und Vorfinanzierungen kritisch werden. Händlerinnen und Händler sollten daher ihre Liquidität im Auge behalten und sich auf die Anpassungen vorbereiten.

Anmerkung der Redaktion: Nach Veröffentlichung des Beitrags wurde ein Zitat von Amazon entfernt.