Seitenhiebe sind auch in der Werbebranche keine Seltenheit: Immer mal wieder tauchen Kampagnen auf, in denen Unternehmen nicht nur eigene Produkte oder Dienste ins glänzende Rampenlicht stellen, sondern gleichzeitig auch kleinere oder größere Gemeinheiten gegen Konkurrenten verteilen. Die Reaktionen der Betroffenen sind dabei ganz unterschiedlich: Manchmal reagieren die angegriffenen Mitbewerber schmallippig, manchmal verärgert oder lautstark polternd. 

In anderen – durchaus selteneren – Fällen wissen sie die vermeintliche Schmach aber für sich zu nutzen und schaffen es sogar, den Spieß umzudrehen. Ein solcher Marketing-Stunt ist nun auch dem Team von Ikea gelungen, wie auch mobiFlip berichtet. Die entsprechende Reaktion auf eine Attacke durch den Discounter Lidl darf man mehr als gelungen bezeichnen.

Lidl wirbt aggressiv mit direktem Preisvergleich

Im aktuellen Prospekt findet sich ein direkter Vergleich von eigenen und fremden Produkten: Eine Garderobe mit Ablage, eine Garderobe mit Aufhängern und eine Schuhbank aus dem Lidl-Angebot werden ähnlichen Ikea-Produkten unmittelbar gegenübergestellt. 

Screenshot: Lidl Prospekt
Bild: Lidl-Prospekt online, 05.-10.08.2024, Seite 19, Screenshot vom 07.08.2024

Die Produkt-Zwillinge sind auf den ersten Blick kaum voneinander zu unterscheiden – deutliche Unterschiede gibt es allerdings im Preis, denn Lidl bietet die Eigenmarken-Angebote deutlich günstiger als die von Ikea an. Die Preisersparnisse liegen zwischen fünf und 30 Euro. Die feine englische Art ist ein solcher despektierlicher Direktvergleich mit der Konkurrenz natürlich nicht, doch einige Kundinnen und Kunden dürften durch die Darstellung sicher einen Kaufimpuls verspüren.

Ikea kontert ebenso aggressiv

Als erfahrener Branchenplayer mit nachweislich guter Marketing-Expertise ließ Ikea den gezielten Affront jedenfalls nicht auf sich sitzen. Das Möbelhaus zückte die Werbewaffen und senkte augenblicklich seine eigenen Preise für die besagten Produkte – und zwar nochmals unter die aus dem Lidl-Angebot. Ein kecker Werbeslogan bildete dabei die Kirsche auf der werblichen Sahnehaube: Das Ikea-Angebot wurde überschrieben mit „A Lidl bit günstiger“ – was auch in sozialen Medien als gelungener Coup gewürdigt wurde.

Es bleibt die Frage: Dürfen die das?

Wenn Marketing über den gewohnten Standard hinausgeht und etwa an die Grenzen des Manierlichen stößt, wenn Marketing taktiert und provoziert, dann spielt auch immer die Frage nach der Legitimität eine Rolle. Wie weit darf ein Unternehmen mit Werbung gehen, um aufzufallen? Dürfen Konkurrenten gezielt angegriffen werden? 

Eine Beantwortung ist auch an dieser Stelle wieder einmal nicht ganz einfach. Sie heißt: Es kommt darauf an! Vergleichende Werbung ist hochsensibel und an enge Grenzen gebunden. Konkurrenten dürfen dabei nicht wahllos diffamiert beziehungsweise verleumdet werden. Ein direkter Produkt- oder Preisvergleich ist nur dann erlaubt, wenn die Produkte auch tatsächlich objektiv ähnlich und vergleichbar sind. Oder anders: Wer Äpfel mit Birnen vergleicht, dürfte Probleme bekommen. Was genau Äpfel und Birnen sind, ist dann allerdings wieder im Einzelfall zu entscheiden. Wer hier keine Abmahnung oder rechtliche Probleme bekommen möchte, sollte sich entweder gut juristisch beraten oder lieber die Finger davon lassen.