Howard Lerman ist ein extrovertierter Typ. Wenn der CEO von Yext über sein Unternehmen und seine Idee des Internets spricht, dann ist es schwer, sich von seiner Leidenschaft nicht anstecken zu lassen – selbst, wenn er stets eine Spur zu dick aufträgt. Lerman will das Internet revolutionieren, er will es dezentralisieren und auf den Kunden zuschneiden. Das haben schon viele gesagt. Lermans Idee, Yexts Modell, scheint aber tatsächlich in der Lage zu sein, das zu erreichen. Denn Yext muss es nicht dem Endkunden recht machen. Die Plattform des US-Unternehmens soll es vielmehr den Anbietern, den Händlern, ermöglichen, auf Kundenfragen so zu reagieren, dass diese bekommen, was sie suchen.

Über allem stehen bei Yext die sogenannten Brand-verified Answers, etwas ungelenk eingedeutscht in Brand-verifizierte Antworten. Das bedeutet grob zusammengefasst, dass Kunden, die online etwas suchen, die Antwort bekommen, die für die jeweilige Anfrage tatsächlich relevant ist. Unerheblich dabei ist, über welchen Weg gesucht wird. Yext will dafür sorgen, dass der Kunde jeweils die Antwort bekommt, die er benötigt – egal, ob als Sprachsuche über Alexa, via Google oder auf der Webseite des Unternehmens. Lerman konkretisiert das Prinzip der Brand-Verifizierung im Interview an einem Beispiel: „Suchst du zum Beispiel bei Google nach ‚McDonalds in der Nähe‘, dann bekommst du nicht Mcdonalds.com, sondern das Restaurant, welches dir am nächsten ist. Wenn du wissen willst, wie viele Kalorien ein BigMac hat, dann sollte die Antwort direkt von McDonalds kommen und nicht von einer Drittanbieterplattform, also von der Marke verifiziert. Yext bereitet all diese Antworten auf und optimiert sie für Suchmaschinen wie Google, Siri oder Alexa. Wenn du also eine Frage stellst, bekommst du eine verifizierte Antworte von der Marke selbst.“

Unternehmen müssen Answers-ready werden

Damit das funktioniert, müssen Unternehmen die entsprechenden Informationen erst einmal bereitstellen. „Marken müssen heutzutage das sein, was wir ‚Answers-ready‘ nennen“, so Lerman. Dafür seien drei Schritte notwendig. Zunächst muss ein Knowledge Graph erstellt werden. Alle notwendigen Daten für Antworten auf Kundenfragen müssen gesammelt und strukturiert werden.

Auf der Explore19 in London verdeutlichte Yext dies an einer Beispiel-Suchanfrage: Jaguar-Händler in meiner Nähe, die jetzt offen sind und einen Range Rover Sport im Angebot haben. Diese sehr spezifische Anfrage kann nur dann vollumfänglich beantwortet werden, wenn die jeweiligen Teilaspekte der Suchmaschine bekannt und diese im Hintergrund entsprechend verknüpft sind. „Die auf der Yext-Plattform gespeicherten Fakten sind für Suchanfragen derart strukturiert, dass Unternehmen ihren Kunden genau im Moment ihrer Suche digital begegnen können“, so Marc Ferrentino, Chief Strategy Officer von Yext.

Im zweiten Schritt sollen Fragen direkt auf der Webseite beantwortet werden. Dafür entwickelt das Unternehmen mit Yext Answers aktuell eine neue Form der Site Search. Wer eine Webseite führt, weiß, wie schwierig es ist, eine zufriedenstellende interne Suche zu entwickeln. Und wer mit der alten Google Site Search versuchte, innerhalb eines Webauftritts etwas zu finden, weiß, wie frustrierend das in den meisten Fällen war. Answers soll dies besser machen. Sucht ein Nutzer etwa nach einem bestimmten Mitarbeiter, soll dieser direkt angezeigt, je nach Position im besten Fall mit Kontaktdaten oder Kurzbiographie. Dafür müssen wiederum die Daten entsprechend aufbereitet sein.

Im dritten Schritt sollen Nutzerfragen überall beantworten werden, egal, ob im eigenen Portal, bei Google, bei Bing oder via Sprache bei Alexa oder Siri. Damit behalte das Unternehmen die Kontrolle über die Customer Journey. Diese, so das Mantra von Howard Lerman, „beginnt mit einer Frage“.

Paradigmenwechsel in der Online-Suche

Dass die Customer Journey mit einer Frage beginnt, verändert das Suchverhalten der Nutzer. Dabei fällt bei Lerman immer wieder der Begriff Voice Search. Diese, das weiß nicht nur Lerman, wird quasi täglich relevanter, allerdings geht es gar nicht darum, dass plötzlich alle Nutzer nur noch Sprachbefehle geben. „Voice Search ist eher ein Interface. Schau dir zum Beispiel China an, wo es sehr aufwändig ist, zu tippen. Dort nutzen alle Voice Search. Die Sprachsuche wird in Zukunft wichtiger werden. Sie wird eine von mehreren Möglichkeiten sein, Antworten zu bekommen.“

Die Art, wie wir per Sprache suchen, verändert aber die Art, wie wir generell Informationen aus dem Internet ziehen. Früher gab man Keywords in Suchmaschinen ein, mehr und mehr werden Google und Co. aber mit halbwegs ausformulierten Fragen konfrontiert. Sucht der Nutzer einen Kardiologen, der derzeit geöffnet hat und ein bestimmtes Problem behandelt und bekomme die gewünschte Antwort, wird er nach und nach darauf trainiert, mit ausformulierten Fragen zu suchen. Das muss nicht zwangsläufig per Spracheingabe geschehen. Die Art der Formulierung ist der menschlichen Kommunikation aber schlicht näher als lose Keywords.

Lerman nennt diese Entwicklung einen Paradigmenwechsel, eine neue Ära der Online-Suche. Man mag das übertrieben finden, klar ist aber, dass Antworten auf Kundenfragen relevantere (und schnellere) Ergebnisse bieten als eine Sammlung kryptischer Links. Yext trifft den Zeitgeist – das zeigen schon die Kunden des Unternehmens. Die deutsche Vertretung von Yext ist gerade mal zwei Jahre alt, zu den hiesigen Nutzern der SaaS-Lösung zählen aber schon jetzt Schwergewichte wie BMW, McFit, MediaMarktSaturn, T-Mobile, Puma und Sixt.

Unternehmen können unabhängiger von Google werden

Und dann ist man wieder bei der Leidenschaft von Howard Lerman. Er muss keinem Endkunden erklären, wie wichtig es ist, dass eine Suche zu einem erfolgreichen Ergebnis führen muss. Er muss die Unternehmen überzeugen, dass sie den Kunden ein optimales Erlebnis liefern. Angesichts des Vormarschs von Voice Search ist es da sogar noch bedeutender, überall optimal auf Fragen zu reagieren. Alexa hat keine erste Seite wie Google. Alexa gibt genau eine Antwort.

Wer diese bietet, trifft den Kunden, wo es notwendig ist – und macht sich ganz nebenbei ein bisschen unabhängiger von der Google-Deutungshoheit im Netz. „Ich sehe eine Zukunft, in der Information wieder dezentralisiert wird, wie es in den Anfangstagen des Internets war. Wo jedes Unternehmen die Fragen der Nutzer beantworten kann. Das ist eine ziemlich große Idee und wir von Yext wollen helfen, das möglich zu machen“, schließt Lerman. Etwas pathetisch, ja, letztlich aber doch genau das, was der Kunde will.