Wenn du das in deiner Produktbeschreibung hast, zögert deine Kundschaft

Veröffentlicht: 06.08.2024
imgAktualisierung: 08.08.2024
Geschrieben von: Hanna Behn
Lesezeit: ca. 3 Min.
06.08.2024
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ca. 3 Min.
Frau blickt skeptisch auf Laptop
VitalikRadko / Depositphotos.com
Nicht alle finden künstliche Intelligenz gut, offenbart eine neue Untersuchung.


Das Buzzword „künstliche Intelligenz“ (KI) begegnet uns aktuell quasi überall – sei es in Verbindung mit Schulaufsätzen, die per ChatGPT erstellt werden, Models bei Mango oder Suchmaschinen-Algorithmen. Doch wenn KI in den Produktmerkmalen des potenziell neuen Fernsehers auftaucht, ist das offenbar ein Grund, diesen lieber zu meiden.

Das jedenfalls zeigt eine aktuelle US-Studie der Washington State University, die bei 1.000 erwachsenen Personen die Reaktion auf KI beim Kauf ermittelt hat, berichtet Heise. Die Befragten wurden in zwei Testgruppen aufgeteilt. Die eine erhielt beispielsweise zu einem Smart-TV Produkttexte, in denen KI vorkam, die anderen nicht. Und das Ergebnis war recht eindeutig: Sobald in der Produktbeschreibung von künstlicher Intelligenz die Rede war, sank die Kaufbereitschaft. 

Darum schrecken Kund:innen zurück

Der Grund dafür ist, dass künstliche Intelligenz den Leuten einfach noch nicht so recht geheuer ist. „Wenn KI erwähnt wird, sinkt tendenziell das emotionale Vertrauen, was wiederum die Kaufabsichten verringert“, führt Studienautor Mesut Cicek, klinischer Assistenzprofessor für Marketing, zu den Forschungsergebnissen aus. „Wir haben festgestellt, dass emotionales Vertrauen eine entscheidende Rolle dabei spielt, wie Verbraucher KI-gestützte Produkte wahrnehmen.“

Getestet wurden insgesamt acht verschiedene Produkt- und Dienstleistungskategorien – und bei allen war es ein Nachteil, wenn KI in der Beschreibung stand, so Cicek. Noch deutlicher komme der Effekt zutage, wenn die Produkte mehr kosten – bei teurer Elektronik, medizinischen Geräten oder Finanzdienstleistungen. Denn je höher die Investition, desto größer ist das Risiko beim Kauf – und deshalb wird noch intensiver abgewogen.

 

Das rät das Forschungsteam

Was heißt das also unterm Strich? „Marketer sollten sorgfältig überlegen, wie sie KI in ihren Produktbeschreibungen präsentieren oder Strategien entwickeln, um emotionales Vertrauen zu stärken. Die Betonung von KI ist möglicherweise nicht immer von Vorteil, insbesondere bei risikoreichen Produkten“, rät der Wissenschaftler und hat einen sehr simplen Praxistipp: „Konzentrieren Sie sich auf die Beschreibung der Funktionen oder Vorteile und vermeiden Sie KI-Schlagworte.“

E-Commerce-Expertin: KI-Trend resoniert nicht mit Kundschaft

Auch Prof. Dr. Renata Thiébaut, Professorin für E-Commerce und China-Expertin an der Gisma University of Applied Sciences, betont im Zuge der Kaufzurückhaltung rund um das Thema KI, wie stark eigene Emotionen mit dem Einkaufen verbunden sind: „Meiner Erfahrung nach liegt das Problem darin, dass Verbraucher nicht nur Produkte kaufen, sondern in eine emotionale Verbindung und die Erlebnisse investieren, die bestimmte Produkte und Marken ihnen bieten. Ich erkenne eine starke Resonanz zwischen Konsumenten und Themen wie Nachhaltigkeit, Fair Trade und Inklusivität, welche eher zu einer Kaufentscheidung führen als KI.“

Menschlichkeit und Authentizität haben deshalb eine hohe Relevanz. „Obwohl KI fast schon zu einem Buzzword geworden ist und neue Technologien die Produktleistung zweifelsfrei verbessern können, bleibt ein starkes Stigma in Bezug auf die Verbindung zwischen Maschinen und Menschen bestehen. Menschen bevorzugen nach wie vor menschliche Interaktionen und menschliche Empfehlungen“, so die Wissenschaftlerin. Beispielhaft bezieht sie sich auf ein Projekt, das sie bei Alibaba betreut hat: Ein menschlicher Live-Stream-Host sollte durch eine qualitativ hochwertige KI abgelöst werden. Die KI basierte auf Deep-Fake-Technologie. „Trotz der ausgefeilten Technik verlangten die Kunden dennoch nach einem menschlichen Host. Es war ihnen deutlich wichtiger, mit einer Person zu sprechen, die menschliche Probleme und Konsumbedürfnisse nachvollziehen kann und die ‚natürlicher‘ kommuniziert“, erklärt sie.   

Wir wurden gefragt: Muss ein Hinweis auf KI in der Produktbeschreibung stehen?

So manche Verbraucher:innen werden ihre Bedenken gegenüber KI daher schüren, dass hinter ihr ein vermeintliches Superhirn oder Spionagetool steckt. Allerdings ist KI nicht gleich KI: Sogenannte schwache KI-Systeme erledigen nur in Teilbereichen bestimmte Aufgaben, während nur „starke KI“ aus eigenem Antrieb superintelligent und flexibel handeln würde.

Solche starken Systeme wurden laut dem Portal Mindsquare bislang zwar noch gar nicht entwickelt, doch dürfte all das eher Nischenwissen sein. Deshalb ist für viele Menschen vor dem Kauf durchaus relevant, mit welchen Technologien das Gerät arbeitet und wie sie davon persönlich betroffen sind. Hierzu verlangt das Gesetz generell, dass alle „wesentlichen Merkmale“ eines Produkts auch in der entsprechenden Beschreibung aufgeführt werden. Ein Hinweis auf eine eingebaute KI-Technologie kann also je nach Umfang und Funktionsweise ein wesentliches Merkmal sein, welches sowohl in der Beschreibung als auch im Check-out erwähnt werden muss. Marketing-Wunsch hin oder her – im Zweifel sollte sich ein Hinweis auf KI in der Beschreibung finden.

Hinweis: Wir haben diesen Beitrag um eine Experten- und eine rechtliche Einschätzung zum Thema ergänzt. 

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Veröffentlicht: 06.08.2024
img Letzte Aktualisierung: 08.08.2024
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Hanna Behn

Hanna Behn

Expertin für Handel & Unternehmertum

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