Der noch amtierende US-Präsident Joe Biden hat sich mitten im Wahlkampf für die US-Präsidentschaftswahl am 4. November zurückgezogen. Jetzt ist für die Demokraten Vize-Präsidentin Kamala Harris am Zug und stellt sich im Präsidentschaftsrennen gegen Republikaner Donald Trump auf, der eine zweite Amtszeit anstrebt. Der Ausgang dieser Wahl wird in jedem Fall auch die Wirtschaftspolitik beeinflussen – und zwar nicht nur in den USA, sondern auch hierzulande.

Während bei einer Wahl von Harris die aktuelle Wirtschaftspolitik auch mit Blick auf den Handel im Wesentlichen fortgesetzt werden würde, seien unter Trump „Unberechenbarkeit, Aggressivität und verstärkter Protektionismus“ zu erwarten, erläutert etwa Hubertus Bardt vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW).

Auswirkungen für den europäischen Außenhandel

Die USA sind der größte Handelspartner der EU. Unter demokratischer Führung sind in der Handelspolitik weder mit größeren Initiativen noch mit Verschärfungen zu rechnen, meint Bardt vom IW. In Fortsetzung der aktuellen Politik setze sich Harris wahrscheinlich für eine stärkere Diversifizierung der Lieferketten und eine gemeinsame Haltung des freien Westens gegenüber China ein. „Hier gibt es gute Ansatzpunkte für die Kooperation mit der Europäischen Union (EU)“, erklärt der Wirtschaftswissenschaftlicher.

Unter Trump gebe es indes Herausforderungen für die europäische Sicherheit und die Außenhandelsorientierung Europas. Der Republikaner „würde Zölle als Druckmittel einsetzen, um kurzfristige Vorteile für die USA zu erzielen, und die multilateralen Regelsysteme und Institutionen geringschätzen oder gar verlassen“, so Bardt. Zudem hat er sich für einen protektionistischen Schutzwall um die USA ausgesprochen. Investmentbanker Goldman und Sachs rechnet durch die Zollpolitik laut dem News-Portal Das Investment gar mit einem negativen Einfluss von 0,5 Prozent auf das europäische Bruttoinlandsprodukt.

Wirtschaftsexperten: Europa muss sich vorbereiten

Schon jetzt sollte sich Europa auf eine potenzielle Wiederwahl Trumps einrichten, meint der IW-Experte Bardt. Dazu zähle es, Prioritäten zu erarbeiten und so zu wissen, wo Zugeständnisse möglich seien und wo nicht. Auch Gegenmaßnahmen – etwa gegen Zolldrohungen – müsse man erarbeiten.

Bislang sei Europa – etwa dreieinhalb Monate vor der Wahl – auf die Konsequenzen einer Trump-Regierung jedoch nicht vorbereitet, mahnt auch Wirtschaftsjournalist Henrik Müller vom Manager Magazin. Trump hätte aufgrund seiner Umfrageergebnisse schon jetzt Einfluss auf die Börse genommen – und Europa müsse das ebenfalls ernst nehmen. Die EU müsse jetzt die Eurozone und den europäischen Binnenmarkt ausbauen und die Abhängigkeit von bestimmten Importen und der auswärtigen Nachfrage reduzieren. „Die EU, und Deutschland im Besonderen, hat sich daran gewöhnt, hohe Exportüberschüsse zu fahren, was einem so großen Wirtschaftsraum eigentlich schlecht zu Gesicht steht“, so Müller. 

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