Mal noch schnell auf dem Weg zur Arbeit ein Paket für Amazon ausliefern und auf diese Weise ein wenig Geld dazuverdienen? Das US-Unternehmen scheint an einem solchen Konzept zu arbeiten, bei dem Privatpersonen zu Gelegenheitsboten werden. Damit will Amazon auch die eigenen Lieferkosten nach unten drücken.

Mit einer neuen App, die derzeit noch den Arbeitstitel „On my way“ – also „Auf meinem Weg“ – tragen soll, will Amazon offenbar Privatpersonen zu Paketboten machen. Das berichtet das Wall Street Journal unter Berufen auf mit der Sache vertraute Personen. So sollen die Pakete in Zukunft in stationären Filialgeschäften abgegeben und dort von den Privatpersonen zur Zustellung abgeholt werden. Die Lieferung wird dann zu einer kleinen Nebenbeschäftigung, während man sich von A nach B durch die Stadt bewegt – und der Empfänger der Sendung auf dem Weg liegt.

Für Amazon wäre das Crowdshipping-Konzept keineswegs uneigennützig: Die Lieferkosten sind im vergangenen Jahr für das US-Unternehmen quasi explodiert. Um mehr als ein Drittel schossen sie nach oben – ein weit stärkeres Wachstum als der eigentliche Umsatz. Damit wird das Thema Auslieferung zu einem beträchtlichen Kostenfaktor für Amazon. Die Gelegenheitsboten sollen für ihren Aufwand zwar auch entlohnt werden, doch die Kosten werden sicherlich unter den Preisen für professionelle Logistiker liegen.

Amazon muss noch einige Fragen klären

Amazon könnte durch die „On my way”-App also zumindest teilweise auf gewerbliche Paketdienste verzichten. Es bleiben aber einige Fragen zu klären: Denn wer übernimmt die Haftung für beschädigte oder verlorene Pakete, wenn Privatpersonen sie ausliefern? Und es gibt noch weit mehr Probleme beim Thema Crowdshipping, wie die US-Postbehörde in einem Bericht bereits aufgezeigt hat. „Wie oft wird es vorkommen, dass die Person, die das Paket ausliefern soll, länger im Büro bleiben muss oder in einen Stau gerät oder vergisst, dass er zum Baseball-Spiel seines Kindes kommen wollte?“, heißt es in dem Bericht. „Werden Privatpersonen die Lieferung über ihre privaten Angelegenheiten stellen?“

Diese Fragen gilt es zu klären – sofern Amazon seinen Plan denn umsetzt. Das sei nämlich keineswegs gesichert, wie die Insider berichten. Ein Starttermin sei noch nicht bekannt und bei der App könnte es sich ebenfalls nur um einen frühzeitigen Test handeln, der es nie zur Marktreife bringt. Dass derartige App-Konzepte aber funktionieren können, zeigt nicht zuletzt der umstrittene Taxi-Konkurrenz Uber, der Privatpersonen zu Gelegenheits-Chauffeuren macht. Und auch Same-Day-Delivery-Anbieter wie Tiramizoo informieren ihre Fahrer ebenfalls per App über anstehende Lieferungen.