Rufe nach Nachhaltigkeit und steigende Kosten im Zuge der Energiekrise machen ein Umdenken erforderlich. Sind Amazon-Retourenpaletten und Mysteryboxen eine Alternative?

Was macht Amazon mit Retouren?

Amazon hat mit Bergen von Retouren zu kämpfen. Dabei müssen es nicht immer nur defekte Waren sein, sondern es können auch solche sein, die im Zuge des regulären gesetzlichen Widerrufsrechts vom Kunden zurückgegeben werden. Diese Waren können komplett neu und original verpackt, aber auch geöffnet und benutzt sein. Der Umgang mit den Retouren durch Amazon war dabei jedoch alles andere als vorbildlich.

In den vergangenen Jahren haben Medienberichte deshalb weite Wellen geschlagen, in denen Amazon die großflächige Vernichtung von zurückgesendeten Artikeln vorgeworfen wurde. Wie das Unternehmen jedoch beteuert, würden retournierte Artikel werden teilweise von Amazon direkt wieder eingelagert und als Neuware weiterverkauft, wenn sie ohne Beanstandungen zurückgeschickt werden. Haben die Artikel kleinere Mängel, kommen sie teilweise über Amazon Warehouse-Deals oder Amazon Renewed wieder ins Sortiment. Wiederum andere Artikel werden gespendet oder müssen aus hygienischen Gründen recycelt werden.

„Für andere Produkte wiederum arbeiten wir mit gewerblichen Aufkäufern von Restposten zusammen“ schreibt aboutamazon. Firmen, wie Avides, kaufen Restbestände, bereiten sie auf und geben sie in ihre eigenen Verwertungskanäle. Eine Vertriebsoption sind die sogenannten Retourenpaletten (beziehungsweise die kleine Schwester: die Mysterybox).

Was sind Retourenpaletten und Mysteryboxen und wo kann man sie kaufen?

Die Boxen oder Paletten fangen bei wenigen Euro an und dem Budget sind nach oben keine Grenzen gesetzt. Sie werden nach dem Zufallsprinzip zusammengestellt und können alles enthalten, angefangen von Handys über Drohnen bis hin zu Smartwatches, Spielekonsolen oder elektrische Beauty-Tools. Angeboten werden die Boxen nicht von Amazon selbst, sondern von Drittanbietern und Restpostenhändlern. Zu finden sind die Angebote zudem auch nicht direkt im Amazon Shop, sondern auf Restposten- oder Kleinanzeigen-Portalen.

Wo liegen die Risiken?

Zum einen besteht der Clou an der Sache daran, dass der Kunde vor einer Bestellung nicht weiß, was er bekommt. Daher hat er aber auch die Chance, für wenig Geld hochwertige Produkte zu erhalten. Das ist jedoch meist nur ein leeres Versprechen. Das Echo der meisten angebotenen Boxen ist nämlich tendenziell negativ. Bei Amazon alleine lesen sich die Bewertungen als Abschreckung: „Zu teuer und nichts Besonderes darin“ sind da noch die harmloseren Feedbacks. Bewertungen wie „Reine Abzocke!!!“ oder „Betrug!“ sprechen schon deutlichere Worte. Ein Kunde schreibt, dass von den 50 Euro Kaufpreis lediglich Ware im Wert von 15 Euro enthalten gewesen sei. Ob man mit einer benutzten elektrischen Zahnbürste und einem Laubbläser in der Mietwohnung glücklich wird, sei mal dahingestellt. Durchweg zufriedene Käufer findet man daher selten. „Sie werden in solchen Boxen niemals ein iPhone, eine Playstation oder ähnliche Ware finden“, erklärt Ralf Hastedt, Geschäftsführer von Avides, einem Unternehmen, das mit Amazon im Retourengeschäft zusammenarbeitet, gegenüber dem Stern.

Wenn dem Kunden in der Artikelbeschreibung ein bestimmter Mindestwert versprochen wird, der nicht eingehalten wird, kann man durchaus einen Mangel vermuten. Über mögliche enthaltene benutzte Artikel wurde in den Beschreibungen meist hingewiesen. Sie sind daher kein Grund für Ersatzansprüche.

Ein weiteres Risiko besteht darin, dass Anbieter bei Retourenpaletten und Mysteryboxen nicht Amazon selbst ist, sondern Dritt- und Restpostenhändler. Diese sitzen jedoch nicht notwendigerweise in Deutschland und haben überwiegend dürftige Artikelbeschreibungen, erst recht keine Rechtstexte. Ergo sind eventuelle Widerrufs- oder Gewährleistungsrechte nur schwer durchsetzbar. Deutsche Anbieter müssen jedoch ein Widerrufsrecht anbieten und dürfen dies auch bei den Überraschungspaketen nicht ausschließen. Voraussetzung ist jedoch, dass man die Retourenpalette und Mysterybox zu privaten Zwecken gekauft hat (dazu später mehr). Es kann jedoch sein, dass man die Kosten für die Rücksendung tragen muss.

Was ist bei einem Weiterverkauf zu beachten?

Viele Käufer wittern mit den Amazon Retouren-Paketen das große Geschäft. 100 Euro ausgeben und 1000 Euro erhalten. Bei den diversen Kleinanzeigenportalen sollen die Elektrogeräte dann gewinnbringend landen. Leider lässt der Wert der meisten Boxen arg zu wünschen übrig (s.o.). Dass man hier also direkt mit einem Verlustgeschäft startet, ist daher nicht ausgeschlossen. Zeit und Aufwand für den Weiterverkauf sind da noch nicht einkalkuliert.

Zudem muss man sich bewusst sein, dass der Einkauf und möglichst gewinnbringende Weiterverkauf die Schwelle vom privaten zum gewerblichen Verkauf überschreiten kann. Widerrufsrecht, Gewährleistung, IHK-Beitrag und Steuererklärung sind die Folgen eines gewerblichen Handelns. Die Behörden, insbesondere die Finanzämter, sind hier immer rigoroser. Nicht zuletzt müssen die Plattformen selbst seit dem 01.01.2023 die Finanzbehörden einweihen und melden, wenn ein privater Verkäufer die Plattform im Jahr 30 Mal genutzt hat, oder wenn über 2.000 Euro mit der Nutzung der Plattform eingenommen worden sind.

Zu beachten ist auch, dass sich einige Angebote direkt an gewerbliche Wiederverkäufer richten, Privatpersonen haben hier von vornherein rein faktisch keine Kaufmöglichkeit. Dann ist von vornherein auch jeglicher Widerruf ausgeschlossen und auch das Gewährleistungsrecht ist unter Händlern erschwert.

Tipps für den Kauf von Mysteryboxen und Amazon-Retourenpaletten:

  • Achten Sie auf seriöse Anbieter: Verwendet der Shop ein Impressum und Rechtstexte und sitzt in Deutschland? Gibt es zu dem Shop bereits Erfahrungen und Bewertungen im Internet? Ist die Artikelbeschreibung aussagekräftig oder in gebrochenem Deutsch?
  • Im Widerrufsfall: Wohin muss die Ware retourniert werden und wer trägt die Rücksendekosten? Hinweise gibt die Widerrufsbelehrung.
  • Zahlen Sie nach Möglichkeit mit einer Zahlungsart mit Käuferschutz, z.B. Klarna oder Paypal, oder erst nach Erhalt der Ware.
  • Was erwarte ich von der Box? Die Wahrscheinlichkeit von teuren Markenprodukten in der Box ist gering. Teilweise sind benutzte oder gar defekte Produkte enthalten, die nur mit viel Mühe instandgesetzt oder weiterverkauft werden können.