Beim Verkauf von Waren an Verbraucher:innen im Internet besteht in der Regel ein Widerrufsrecht. Eine Ausnahme gibt es allerdings dann, wenn das Produkt individuell erstellt wurde. Ab wann ein Produkt als individuell angefertigt gilt, ist nicht immer so leicht zu erkennen, wie dieser Fall vor dem OLG Brandenburg zeigt, über den beck-aktuell berichtete

Konfiguriertes Notebook als Maßanfertigung?

Im Fall vor dem OLG Brandenburg hatte eine Verkäuferin auf Ebay ein Notebook verkauft. Auf der Angebotsseite konnte das Notebook aus den vorgegebenen Optionen „persönlich“ zusammengestellt werden. Die einzelnen Bauteile werden fest miteinander verbaut und können nicht problemlos wieder auseinander genommen werden. Der Kunde schickte das Notebook originalverpackt und versichert wieder zurück und wollte den Kaufvertrag widerrufen. Die Händlerin verweigerte die Rückabwicklung mit der Begründung, dass es sich um ein personalisiertes Produkt handelt, welches vom Widerrufsrecht ausgeschlossen ist. Gegen diese Entscheidung ging der Kunde vor. Vor dem Landgericht bekam die Händlerin noch recht, hier war das Gericht der Auffassung, dass das Notebook nur sehr schwer und mit finanziellen Preisnachlässen weiterveräußert werden kann. Die Konfiguration sei, nach Ansicht des Landgerichts, mit einer Maßanfertigung gleichzusetzen und somit bestehe kein Widerrufsrecht. 

OLG stellt sich aufseiten des Verbrauchers

Der Käufer legte gegen dieses Urteil Berufung ein und bekam vor dem Oberlandesgericht recht. Die Richter:innen des OLG waren der Auffassung, dass es sich nicht um eine Maßanfertigung handle, da es nach den vorgegebenen Optionen der Händlerin konfiguriert wurde (OLG Brandenburg, Urteil vom 16.07.2024 - 7 U 133/23). Bei vorgegebenen Auswahlmöglichkeiten handle es sich nicht um eine Maßanfertigung, so das OLG und somit kann ein Widerrufsrecht nicht ausgeschlossen werden. Das Notebook wurde serienmäßig hergestellt und der Käufer konnte bei vier Komponenten eine vorgegebene Auswahl treffen. Von dieser Auswahl konnte der Käufer gerade nicht abweichen. Die Anpassungen seien ähnlich, wie bei Kleidungsstücken, bei denen Farbe und Größe ausgewählt werden kann. Das Risiko, dass das Produkt nur noch schlechter verkauft werden könne, hat nach Ansicht des OLG die Verkäuferin zu tragen. 

Welche Auswirkungen hat das Urteil auf Online-Händler?

Das Urteil zeigt, dass ein Ausschluss des Widerrufsrechts nur unter strengen Bedingungen möglich ist. Eine Konfiguration von vorgegebenen Kriterien stellt noch keine Individualisierung dar. Werden bei Kleidung beispielsweise Farbe und Motiv von der Kundschaft zusammengestellt, handelt es sich noch nicht um eine Maßanfertigung und somit besteht weiter ein Widerrufsrecht. Anders sieht es aus, wenn die Kundschaft selber Bilder oder Texte einreicht, etwa Produkte, die mit Fotos bedruckt werden oder eine persönliche Gravur enthalten. Die Frage ist also immer: Wird genau dieses Produkt nur einmalig für die Kundschaft angefertigt oder könnten auch andere Kund:innen das Produkt in dieser Form kaufen? Denn mit dem Ausschluss des Widerrufsrechts sollen Händler:innen davor geschützt werden, auf Ware sitzen zu bleiben, die sich nicht an andere Kund:innen weiterverkaufen lässt. 

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