Der alte Kalenderspruch „Recht haben und recht bekommen sind zwei verschiedene Dinge“, gilt auch in unserem heutigen Rechtsstaat weiter fort. Das Oberlandesgericht Frankfurt bezieht Stellung, wie man sich aktiv gegen Hasspostings wehren muss, um gehört zu werden (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 13.6.2024, Az.: 16 U 195/22, vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 14.12.2022, Az.: 2-03 O 325/22).

Verantwortung von Plattformen bei Hasspostings wird verwässert

Der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte Michael Blume ging gegen X vor, nachdem er mehrere als rechtsverletzend empfundene Tweets gemeldet hatte. X reagierte zwar, indem es den Account des betreffenden Nutzers löschte, lehnte jedoch eine Löschung weiterer ähnlicher Äußerungen ab. In erster Instanz gab das Landgericht Frankfurt Blume teilweise recht und verpflichtete X, die Verbreitung spezifischer Äußerungen zu unterbinden. Auf Berufung von X wies das OLG die Klage des Betroffenen nun jedoch ab. 

Das Gericht betonte, dass X als Plattformbetreiber erst dann haftet, wenn der Rechtsverstoß offensichtlich ist. Die Verantwortlichen hinter einer Social-Media-Plattform wie X seien jedoch nicht automatisch für rechtswidrige Inhalte haftbar, die dort gepostet werden. Außerdem muss man seine Beanstandungen als Betroffener konkret genug fassen, damit X eine Rechtsverletzung ohne umfassende Prüfung nachvollziehen kann. Es müssen also konkrete Tatsachen dargelegt werden, aus denen eine Rechtsverletzung tatsächliche erkennbar und möglichst belegbar ist. Eine Aufforderung zur Löschung von Posts ohne jegliche Begründung oder Sachverhaltsdarstellung und nur mit dem Verweis auf „rechtswidrigen Inhalte“ sei zu wenig.

Schutz vor rechtswidrigen Inhalten nur mit Nachdruck

Genau das brachte das Gericht auch zur Abweisung der Klage. Aus den beanstandeten Tweets, die über das Meldesystem eingereicht wurden, war nicht ersichtlich, dass sie erfundene Geschichten über den Kläger verbreiten, die keine tatsächliche Grundlage haben oder unwahre Behauptungen darstellen. Daher war es für X auch nicht offensichtlich, dass diese Tweets rechtswidrig sind.

Der Fall zeigt auf, dass die Anonymität des Internets zwar oft die Verbreitung fragwürdiger Inhalte fördert. Betroffenen von Hasspostings wird ihr eigener Rechtsschutz aber insoweit erschwert, als sie die Plattform zunächst aktiv mit den Beanstandungen konfrontieren müssen – und das so konkret wie möglich, damit der Rechtsverstoß unschwer nachvollziehbar ist. Erst dann trifft den Provider die Verpflichtung zur weiteren Ermittlung und Bewertung des Sachverhalts. Nutzt man eines der eingerichteten Meldeformulare, gegen die das Gericht im Übrigen nichts einzuwenden hatte, sollte man also alle möglichen Formularfelder nutzen, um seine Beanstandungen zu erklären und zu untermauern.

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