Haben Rostockerinnen oder Xiaomi-Besitzer weniger Geld und bekommen deshalb günstigere Preise angezeigt als Münchener oder i Phone-Besitzerinnen, die „sich mehr leisten“ können? Und sind Menschen, die online in Preisportalen aktiv Preise vergleichen, besser oder schlechter dran als die, die sich ewig nicht für ein Hotelzimmer entscheiden können? Es ist keine Seltenheit mehr, dass Preise nicht starr festgelegt werden, sondern sich durch bestimmte Faktoren wandeln – sie sind sozusagen dynamisch beziehungsweise personalisiert. Wir untersuchen, ob das überhaupt legal ist.

Jeder erhält „seinen“ Preis

Schmerztabletten hat jede Hausapotheke parat und auch der Online-Kauf solcher Medikamente gehört längst zum Alltag vieler Menschen. Will man sich erst einmal einen Überblick verschaffen, bringt Google bereitwillig den erwünschten Vorschlag: 2,99 Euro soll die 20er-Packung Tabletten eines bekannten Herstellers kosten. Ginge man hingegen direkt auf die Website der Apotheke, beispielsweise, weil man dort schon bestellt und somit Vertrauen aufgebaut hat, wäre genau das gleiche Präparat fast 2 Euro teurer. 4,79 Euro kostet es über diesen Weg. Die Verbraucherzentrale Hamburg stellte das auch für viele weitere Artikel fest. Informiert wird man darüber im Shop nicht.

Preise müssen also heutzutage nicht mehr starr sein, sondern können dynamisch oder personalisiert ermittelt werden.

  • Dynamische Preise ändern sich basierend auf externen Faktoren wie Nachfrage, Zeit oder Marktbedingungen dynamisch. Beispielsweise kann ein Flugticket am Morgen günstiger sein als am Abend, und kurz vor Abflug teurer als sechs Monate vor Reiseantritt. Der Mechanismus dahinter ist die Echtzeitanpassung der Preise, um das Angebot oder die Nachfrage optimal auszubalancieren.
  • Personalisierte Preise hingegen werden individuell bezogen auf die Zielgruppe festgelegt, basierend auf deren Verhalten und persönlichen Daten. Ein Online-Shop könnte einem Kunden, der regelmäßig ein bestimmtes Produkt kauft, einen anderen Preis anzeigen als einem neuen Kunden. Auch kann der Preis variieren, je nachdem, ob der Kunde mit einem iOS- oder Android-Gerät einkauft. Hier basiert die Preisgestaltung auf spezifischen Daten wie dem Surfverhalten, dem bisherigen Kaufverhalten oder der verwendeten Hardware. Möglich sind noch unzählige andere Parameter.

Beide Strategien werden zunehmend durch den Einsatz von Algorithmen und künstlicher Intelligenz unterstützt, die es ermöglichen, Preisänderungen schnell und präzise durchzuführen. Zusammengefasst reagieren dynamische Preise auf allgemeine Marktbedingungen, während personalisierte Preise auf den individuellen Kunden oder die jeweilige Kundin zugeschnitten sind und persönliche Daten nutzen, um die Preise festzulegen.

Anpassung der Preise an individuelle Schmerzgrenzen: Ist das erlaubt?

Anders als bei preisgebundenen Artikeln wie Büchern oder verschreibungspflichtigen Medikamenten dürfen Unternehmen die Preise zwar selbst bestimmen. Knackpunkt ist hierbei jedoch die Transparenz beziehungsweise deren Fehlen, wenn die Preise nicht rein kalkulatorisch, sondern auch auf Basis anderer Faktoren festgelegt werden.

Im deutschen Recht gibt es zwar kein explizites Verbot, weder für dynamische noch für personalisierte Preise, denn diese Preismodelle sind Ausdruck der Marktwirtschaft und der Preis-Privatautonomie. Allerdings kann man an anderen Punkten ansetzen, um die Art der Preisbildung infrage zu stellen.

Preiswahrheit und -klarheit

Unternehmen müssen zwar nicht darüber belehren, wie genau sie ihre Preise konkret berechnen. Irreführende oder intransparente Preisangaben sind jedoch verboten. Grundsätzlich geht also auch die Mehrheit der Internetnutzerinnen und -nutzer davon aus, dass sie in einem Shop für dasselbe Produkt den gleichen Preis zahlen. Hängt der konkret angezeigte Preis aber von einem anderen Faktor ab, unterliegt es dem Zufall, welcher Preis verlangt wird. Dabei wird es einem faktisch unmöglich gemacht, verschiedene Angebote zu vergleichen.

Um beim Beispiel der eingangs erwähnten Schmerztabletten zu bleiben, würde man sozusagen bei Unwissenheit mehr für das Produkt zahlen. Alle Menschen, die den Preistrick kennen, sind hingegen im Vorteil. Verdeckte Preisschwankungen, die auf personalisierten Faktoren beruhen, sind somit nicht erlaubt. Konkret verankert war das im Gesetz aber lange Zeit trotzdem nicht. Der Gesetzgeber hat schließlich auch nicht mit einem generellen Verbot reagiert, sondern mit einer praktikablen Zwischenlösung gearbeitet.

Informationspflicht für personalisierte Preise

Wird der Preis eines Angebots auf der Grundlage automatisierter Entscheidungsfindung oder aufgrund von Profilen des Verbraucherverhaltens („Profiling“) individuell festgelegt, müssen die Betroffenen jedoch eindeutig darauf hingewiesen werden, damit sie die möglichen Risiken bei ihrer Kaufentscheidung berücksichtigen können. Das gilt seit Mai 2022 und fand über mehrere Richtlinien (siehe Erwägungsgrund 45) seinen Weg ins deutsche Recht. Wie der Hinweis konkret aussehen soll, ist der Gesetzgeber allen Anwender:innen jedoch schuldig geblieben. Ein Sternchenhinweis am Preis ist eine denkbare Lösung, die darüber informiert, dass die angegebenen Preise auf der Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung basieren und variieren können. Entscheidend ist hierbei, dass nur über die Art der Preisgestaltung zu informieren ist, nicht jedoch wie genau man individuell seinen Preis beeinflussen könnte.

Diese Informationspflicht gilt nicht für Techniken wie die dynamische Preissetzung oder die Preissetzung in Echtzeit, bei denen sich der Preis in sehr flexibler und schneller Weise in Abhängigkeit von der Marktnachfrage ändert, da diese Techniken ohne Personalisierung arbeiten, z. B. Tankstellen, Supermärkte.

Lockpreise und stringenter Check-out

Die Preise in Preissuchmaschinen müssen außerdem mit den im Online-Shop angegebenen Preisen übereinstimmen, um Transparenz und Fairness gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu gewährleisten. Abweichungen können das Vertrauen untergraben und zu rechtlichen Konsequenzen führen, sind in der Praxis jedoch keine Seltenheit, da es zu Verzögerungen bei der Aktualisierung kommen kann. Es ist wichtig, dass Unternehmen sicherstellen, dass ihre Preisangaben stets aktuell und korrekt sind. Nur so kann eine faire Marktübersicht gewährleistet werden.

Ebenfalls klar unzulässig ist eine Anpassung des Preises nach oben im Warenkorb/Check-out, denn das wäre eine klare Falle und somit unlauter.

Diskriminierung

Abgesehen von der Transparenz kann jedoch auch die Gleichbehandlung ins Wanken geraten, denn Menschen werden aufgrund von personalisierten Preisen unter Umständen in unfairer Weise benachteiligt. Ihnen wird ein Preis ausgespielt, der beispielsweise auf rein statistischen Erhebungen und Wahrscheinlichkeiten basiert, aber nichts mit dem konkreten Fall zu tun haben muss. Bestimmte Regionen Deutschlands sind beispielsweise nur statistisch gesehen reicher als andere und nicht jede Frau ist gewillt, für ein Parfüm auch automatisch mehr Geld auszugeben als es ein Mann tun würde.

Eine Diskriminierung aufgrund von persönlichen Merkmalen wie Geschlecht, Alter oder Standort ist verboten. Preise dürfen nicht willkürlich variieren, um bestimmte Kundengruppen zu bevorzugen beziehungsweise zu benachteiligen. Die Regulierung geschlechtsspezifischer Preisdifferenzierung beispielsweise ist bislang über die allgemeinen Diskussionen nicht hinausgekommen und auch entsprechende Fälle sind wegen der oben angesprochenen oftmals noch fehlenden Transparenz nur schlecht ermittelbar.

Ohne Datenschutz keine datenbasierten Preise

Ein weiterer Aspekt, vornehmlich bei den personalisierten Preisen, ist der Datenschutz, denn die (personenbezogenen) Daten bilden ja erst die Grundlage, überhaupt individuelle und sich anpassende Preise zu nutzen. Den wenigsten Menschen wird aber bewusst sein, dass sie einen guten Preis mit ihren persönlichen Daten bezahlen.

Wird mit personenbezogenen Daten gearbeitet, muss daher darüber aufgeklärt werden, welche Daten betroffen sind, wann und zu welchem Zweck sie ausgewertet werden und ob eine Weitergabe, beispielsweise an Drittanbieter wie Webanalyse-Tools, erfolgt. Davon macht auch die individuelle Preisbildung keine Ausnahme.

Das lässt sich zumindest halbwegs über eine transparente und verständliche Datenschutzerklärung lösen, die darüber belehrt, ob und welche Kriterien in die personalisierte Preisbildung einfließen. Nicht zu vergessen sind die entsprechenden Widerspruchs- und Widerrufslösungen, die sowohl bei Cookies als auch bei anderen Trackingvorgängen stets möglich sein müssen und so eine weitere Auswertung und Nutzung der Daten sperren. Durch die Verweigerung der datenschutzrechtlichen Einwilligung dürfen Verbraucherinnen und Verbrauchern keine Nachteile entstehen.

Zu denken ist dabei an folgende Punkte:

  • Cookies: Internetseiten, die Cookies verwenden, sollten darüber umfassend in der Datenschutzerklärung informieren und den entsprechenden Cookie-Banner implementieren.
  • Verwendung von Webanalyse-Tools: Es hat außerdem Einfluss auf die Datenschutzerklärung, wenn Webanalyse-Tools (z. B. Google Analytics, etracker etc.) verwendet werden, da diese personenbezogen funktionieren. Die Klauseln müssen aufklären, welche Daten das Tool erhebt und wie diese dann genutzt werden. Aufzuklären ist zudem, an wen die Daten ggf. übermittelt werden. Hier bedarf es für jedes einzelne Tool einer ergänzenden Regelung in der Datenschutzerklärung.
  • Google Remarketing, ExactTarget oder Adwords Conversion Tracking: Auch mit zahlreichen anderen Funktionen kann das Surfverhalten ausgewertet und zielgerichtet mit Werbung angesprochen werden. Die hierfür notwendigen Klauseln müssen aufklären, welche Daten des Webseitenbesuchers das Tool erhebt und wie diese dann genutzt werden. Aufzuklären ist obendrein, an wen die Daten ggf. übermittelt werden.

Fazit und Praxistipps

Dynamische und personalisierte Preise sind ein komplexes und in der Gesellschaft noch recht neues Thema. Obwohl die Verbraucherzentralen diese Preistaktik bisher offenbar nicht als gravierend genug betrachten, um aktiv dagegen vorzugehen, sollten Unternehmen dennoch vorsichtig sein. Verstöße gegen die Informationspflichten könnten Abmahnungen der Konkurrenz nach sich ziehen und Datenschutzverstöße Bußgelder provozieren.