Viele Nutzerinnen und Nutzer zeigen sich unzufrieden über Amazon: Der Konzern hatte im Februar damit begonnen, Werbung bei seinem Streaming-Dienst Prime Video einzuführen. Weil das Publikum nicht um Zustimmung gebeten, sondern vor vollendete Tatsachen gestellt wurde, kam auch aus dem Bereich des Verbraucherschutzes massive Kritik. Das Vorgehen von Amazon wurde zum Teil als rechtswidrig eingestuft.

Volumen der Klage könnte sich auf mehr als eine halbe Milliarde Euro pro Jahr summieren

Auf Grundlage der vermeintlich rechtsverletzenden Änderung hat die Verbraucherzentrale Sachsen e. V. Mitte Mai eine Verbandsklage eingereicht und Verbraucherinnen und Verbraucher dazu aufgefordert, sich dieser anzuschließen. Und wie sich zeigt, sind Zehntausende Menschen diesem Ruf bisher gefolgt – und es werden immer mehr.

Insgesamt haben sich bisher 50.123 Menschen der Sammelklage angeschlossen – und das innerhalb von nur acht Wochen, wie die Verbraucherzentrale Sachsen am Dienstag mitteilte. Doch rein theoretisch könnten es noch deutlich mehr werden: Auf rund 17 Millionen schätzen die Verbraucherschützerinnen und -schützer die Zahl potenziell Betroffener, wodurch sich die Klage auf ein Gesamtvolumen von bis zu 610 Millionen Euro pro Jahr summieren könnte. Für Amazon sei es indes die erste Sammelklage in Europa.

Verbraucherzentrale: Amazons Vorgehen ist „enttäuschend“

Amazon hatte zu Beginn des neuen Jahres angekündigt, Werbung bei Prime Video einzuspielen. Wer das nicht möchte, kann seither ein Extra-Abo buchen, das monatlich mit 2,99 Euro zu Buche schlägt und ein werbefreies Anschauen von Filmen und Serien garantiert. Allerdings steht im Zentrum der Klage nicht die eigentliche Einführung der Werbung, sondern vielmehr die Art und Weise, wie Amazon die Änderung umgesetzt hatte.

Nach Einschätzung der Verbraucherzentrale handelt es sich bei der Anpassung um eine wesentliche Vertragsänderung, die Amazon ohne die Einwilligung der Prime-Abonnentinnen und Abonnenten gar nicht hätte umsetzen dürfen. Die bloße Ankündigung der Neuerung sei demnach nicht ausreichend gewesen.

Eine Teilnahme an der Klage ist weiterhin möglich

„Es ist enttäuschend, dass die größten und einflussreichsten Unternehmen scheinbar davon ausgehen, mit allem durchzukommen. Andere Streaming-Dienste zeigen bereits, wie es richtig geht“, kommentierte Michael Hummel, Rechtsexperte der Verbraucherzentrale Sachsen, die Entwicklung. „Umso mehr freuen wir uns, dass so viele Verbraucher uns das Vertrauen schenken, Ihre Interessen durchzusetzen.“ 

Ziel der Klage ist eine Rückerstattung der zusätzlichen Zahlungen für alle Mitglieder des Prime-Abos – und zwar unabhängig davon, ob sie das neue Extra-Abo auch tatsächlich gebucht haben oder nicht. Auf ein Jahr belaufe sich die Entschädigung jeweils auf 35,88 Euro. Da sich das Verfahren aber wohl über mehrere Jahre hinziehen dürfte, summiere sich die Summe im Laufe der Zeit.

Interessierte können sich auch aktuell der Sammelklage noch anschließen. Auf der Seite des Bundesamtes für Justiz müssen sie sich dafür im Verbandsklageregister eintragen, indem sie das entsprechende Formular ausfüllen.

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