Das Widerrufsrecht ist ein wesentlicher Bestandteil des Verbraucherschutzes, nicht nur in Deutschland, sondern der gesamten EU. Es ermöglicht Verbraucherinnen und Verbrauchern, Verträge, die online abgeschlossen wurden, innerhalb einer bestimmten Frist ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Doch kann dieses Recht verweigert werden, wenn es missbräuchlich genutzt wird?

Widerrufsrecht ohne Wenn und Aber?

Grundsätzlich soll das Widerrufsrecht Verbraucherinnen und Verbraucher schützen und ihnen ermöglichen, unüberlegte Bestellungen rückgängig zu machen. Das ist auch gut und richtig so, denn wie soll man vor einem Kauf wissen, ob die Schuhe passen oder die Bettwäsche die passende Qualität hat? Gäbe es kein Widerrufsrecht, würden wohl die meisten Menschen gar nicht erst online bestellen. Zu groß wäre das Risiko, für etwas Geld auszugeben, was nicht den Ansprüchen genügt.

Das Widerrufsrecht wird auch grundsätzlich einschränkungslos gewährt. Das Gesetz knüpft die Ausübung des Widerrufsrechts auch nicht an ein besonderes Interesse (etwa an das Nichtgefallen der Ware nach Überprüfung), sondern überlässt es allein dem freien Willen, ob und aus welchen Gründen man seine Vertragserklärung widerruft. Entsprechend ist der Widerruf auch ohne Begründung möglich. Man darf es also nutzen, ohne sich dem Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens auszusetzen. 

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Es gibt aber bestimmte Situationen, in denen dieses Recht eingeschränkt oder verweigert werden darf. Beispielsweise kann das Widerrufsrecht bei maßgefertigten Waren, schnell verderblichen Gütern oder versiegelten Produkten, die aus gesundheitlichen oder hygienischen Gründen nicht zur Rückgabe geeignet sind, ausgeschlossen sein. Allerdings sollte der Missbrauch des Widerrufsrechts nach Meinung vieler betroffener Unternehmen ebenfalls zu einem Ausschluss des Widerrufs führen. Tut er aber nicht – zumindest nicht so einfach.

Die Hürde ist hoch

Ein Missbrauch kann vorliegen, wenn Menschen systematisch Produkte bestellen, benutzen und diese dann zurücksenden. Dies führt zu erheblichen Kosten und logistischen Problemen für die Shops. Allerdings gibt es hierfür keine gesetzliche Grundlage, die in solchen Fällen automatisch zum Ausschluss des Widerrufsrechts führt. Immerhin eilte der BGH allen betroffenen Händlerinnen und Händlern zu Hilfe (Urteil vom 16.03.2016, Az.: VIII ZR 146/15). Will man sich als Unternehmen also auf einen Missbrauch berufen und den Widerrufswunsch verweigern, muss man hartnäckig sein.

Die Schwelle für den Nachweis eines Missbrauchs ist allerdings hoch. Ein betroffenes Unternehmen müsste nachweisen, dass das Gegenüber bewusst und wiederholt das Widerrufsrecht zum Nachteil des Sellers ausgenutzt hat. Und hier liegt auch der Knackpunkt, denn eine klare Linie kann man nicht ziehen.

In der Praxis ist es daher denkbar schwierig, den Missbrauch des Widerrufsrechts zu belegen, ohne dabei legitime Ansprüche zu gefährden. Daher bleibt das Widerrufsrecht ein wichtiges Instrument des Verbraucherschutzes, das nur in Ausnahmefällen eingeschränkt werden darf. Allerdings kann man sich diese Maßnahmen anschauen, um missbräuchliches Verhalten im Zaum zu halten:

  • Prüfen, ob die Widerrufsfrist verstrichen ist.
  • Prüfen, ob das Widerrufsrecht doch unter einen gesetzlichen Ausschlussgrund fällt.
  • Die Rücksendekosten werden nicht mehr vom Shop getragen.
  • Künftige Verträge werden mit der betreffenden Person nicht mehr geschlossen (sogenannte Kontensperrung).