In unserer Reihe „Dreist oder berechtigt?“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbraucher:innen, der Kundschaft und Beschäftigten unter die Lupe.

 

Diesmal geht es wieder um das Widerrufsrecht: Eine Kundin bestellt bei einer Händlerin unterschiedliche Produkte für ihren Garten. Durch die Bestellung mehrerer Artikel überschreitet sie die Versandkostenfreigrenze von 50 Euro. Nachdem sie die Ware erhalten hat, stellt sie fest, dass sie einige Artikel behalten will, die Laubsäge doch nicht ganz ihren Vorstellungen entspricht. Sie erklärt den Widerruf für dieses Produkt. Die Händlerin weist sie darauf hin, dass Teilwiderrufe in der Regel nicht möglich seien. Außerdem würde sie durch den Widerruf unter die 50-Euro-Grenze rutschen. Sie sei gern bereit, die Säge aus Kulanz zurückzunehmen, würde dann aber die Kosten für den Hinversand in Rechnung stellen. Das findet die Kundin nicht fair. Zu Recht?

Grundsatz: Teilwiderruf hat keine Grundlage

Das Gesetz kennt in Sachen Widerruf nur Hop oder Top: Entweder wird die ganze Bestellung behalten oder sie geht zurück. Einen Teilwiderruf, wie er vor allem im Modehandel gang und gäbe ist, kennt das Gesetz nicht. Auch Urteile dazu finden sich nicht. Folglich ist auch nicht geregelt, inwiefern Versandkosten bei einem Teilwiderruf nachberechnet werden dürfen, wenn der Warenwert durch den Widerruf unter eine Versandkostenfreigrenze fällt. Hierzu hat sich unter Jurist:innen die Meinung gebildet, dass eine Nachberechnung nicht einfach so möglich ist. Hin und wieder liest man, dass sie möglich sei, wenn entsprechend aufgeklärt wurde und die Kundschaft durch eine Check-Box zugestimmt hat. Was am Ende die rechtssichere Lösung ist, ist noch nicht entschieden.

Fakt ist jedenfalls: Ist der Teilwiderruf in der Widerrufsbelehrung nicht geregelt, kann er generell abgelehnt werden. Das ist in der Praxis nicht unbedingt der beste Weg. Schließlich wird die Kundschaft dann einfach die komplette Bestellung widerrufen und die Teile, die behalten werden sollen, neu bestellen. Oder es wird woanders bestellt, weil die Kundschaft die Ablehnung als schlechten Service wahrnimmt. Wird der Teilwiderruf aus Kulanz akzeptiert, kann dieser an Bedingungen geknüpft werden.

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Fazit: Kundin hat keinen Anspruch auf Teilwiderruf

Was aber bedeutet das für unseren Fall? Gehen wir davon aus, dass die Händlerin den Teilwiderruf nicht in der Widerrufserklärung geregelt hat, dann ist sie auch berechtigt, den Teilwiderruf abzulehnen. Dass sie ihn aus Kulanz akzeptiert und an Bedingungen knüpft, ist ihr gutes Recht. Immerhin wird damit nicht das Recht der Kundin auf einen vollständigen Widerruf beschnitten. Die Forderung der Kundin ist dreist.