In unserer Reihe „Dreist oder berechtigt?“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbraucher:innen, der Kundschaft und Beschäftigten unter die Lupe.

In dieser Woche geht es um einen Fall, über den auch häufiger in den Medien berichtet wurde: Eine Kundin bestellt bei einem Online-Händler ein Handy. Direkt am Tag der Zustellung schickt sie ihm ein Bild von dem Versandkarton, in dem kein Handy, sondern eine Verteilerdose liegt. Sie erklärt dem Händler, dass das Paket mit diesem Inhalt ankam. Der Händler wundert sich. Ein Packfehler ist ausgeschlossen, da der Händler keine Verteiler im Sortiment hat. Er fragt die Kundin, ob das Paket irgendwie beschädigt war. Immerhin hat er in seinen AGB stehen, dass das Paket beim Empfang direkt auf eventuelle Manipulationen untersucht werden muss. Die Kundin sagt, dass sie sich das Paket vor dem Öffnen nicht so genau angeschaut hat. Immerhin hätte es keine groben Schäden gegeben, das sei ihr aufgefallen. Sie bleibt also dabei und fordert eine Ersatzlieferung. Zu Recht?

Grundsatz: Gewerbetreibende haften für den Transport

Im Online-Handel gelten besondere Verbraucherrechte. Diese besonderen Rechte spiegeln sich auch im Versand wider. So haften die Händler:innen für den Versand. Das bedeutet: Geht die Ware auf dem Weg zur Kundschaft zufällig verloren oder wird beschädigt, muss der Online-Shop dafür geradestehen. Das gilt auch für Fälle, in denen auf dem Weg die Ware geklaut wird. Das Problem ist aber: Wer muss beweisen, dass die Ware nicht mehr im Paket war? Bei einer falsch gelieferten Ware handelt es sich für gewöhnlich um einen Sachmangel, den die Kundschaft erst mal beweisen muss; allerdings sind die Beweishürden nicht sehr hoch, denn: Wie soll bewiesen werden, dass etwas nicht da ist?

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Was bedeutet das für unseren Fall? Hier spricht vieles dafür, dass die Käuferin nicht lügt. Sie hat gleich am Tag des Empfangs Fotos geschickt. Dass sie nicht sicher sagen kann, ob das Paket irgendwie manipuliert wurde, kann ihr nicht zur Last gelegt werden. In letzter Zeit kursieren immer mal Meldungen davon, dass Produkte auf dem Weg zur Kundschaft ausgetauscht werden. Möglicherweise öffnen die Täter:innen die Sendungen relativ vorsichtig und ein erneuerter Paketklebestreifen fällt nicht unbedingt auf. Dass die Kundin das Paket laut AGB hätte prüfen müssen, ist ebenfalls irrelevant, da so eine Pflicht nicht auf Verbraucher:innen übertragen werden kann. Entsprechend darf die Kundin hier eine Ersatzlieferung verlangen. Die Forderung ist berechtigt.