Fast schon kurios muten die Fälle an, in denen die meist teuren bestellten Produkte nicht einfach nur verschwinden, sondern durch Dinge ersetzt werden, die Kriminelle scheinbar gerade zur Hand hatten. Von Klopapierhalterungen über Karl May-Bücher bis hin zu Gurken war nach den Schilderungen zahlreicher Betroffener alles dabei. Wann und wie die Täterinnen und Täter zugreifen, ist jedoch bislang unbekannt. Fest steht nur, dass die komplette Lieferkette betroffen sein kann, von der Kommissionierung bis hin zur Haustür der Kundschaft. Nachdem wir uns die Masche im ersten Teil angeschaut haben, widmen wir uns nun der Frage: Wie ist die Rechtslage, was können wir dagegen tun?

Grundsatz: Das komplette Transportrisiko trägt der Shop

Die Rechtslage sieht wie folgt aus: Bei einem Kauf von Verbraucherinnen und Verbrauchern trägt das Transportrisiko das Unternehmen, bei dem die Bestellung getätigt wurde. Transportrisiko meint dabei die Gefahr, dass die Ware auf dem Versandweg verloren geht oder, wie in den aktuellen Fällen, etwas anderes als das Bestellte geliefert wird – eine sogenannte Falschlieferung. Dieses Risiko erstreckt sich bis zur finalen Zustellung, also bis die bestellende Person ihre Ware tatsächlich in den Händen hält oder sie an seinem gewünschten Ort (z. B. Wunschfiliale) abgegeben wurde. Dabei ist es irrelevant, ob der Fehler im eigenen Versandlager entstanden ist oder auf dem Weg, gegebenenfalls auch durch weitere Subunternehmen des Transportunternehmens, ein Austausch stattgefunden hat.

Folgen: Welche Ansprüche gibt es?

Nach dem deutschen Recht steht die Falschlieferung, also die Lieferung eines anderen als des bestellten Artikels, einem Sachmangel gleich. Die Falschlieferung wird also so behandelt wie ein Defekt. Verbraucherinnen und Verbraucher haben dann einen Anspruch auf Lieferung ihrer eigentlich bestellten Ware, denn über die wurde der Kaufvertrag geschlossen – und der ist auch weiterhin zu erfüllen. Auch die notwendigen Versandkosten für den Austausch würden in diesem beschriebenen Fall auf die Kappe des Shops gehen.

Beweislage: Wer muss was beweisen?

In der Praxis spielt zwar die Frage der Beweisbarkeit eine Rolle, sie ist jedoch zugunsten der belieferten Verbraucherinnen und Verbraucher bereits gesetzlich geregelt. Wenn ein Mangel nach Lieferung auftritt, wird davon ausgegangen, dass die Ware bereits mangelhaft (hier: falsch) geliefert wurde. Es wäre also die Pflicht des Unternehmens, das Gegenteil zu beweisen, was faktisch unmöglich ist. 

Douglas beispielsweise soll das Problem angehen, indem das Unternehmen eigene Kamerastationen initiiert haben soll, die das vollständige Packen dokumentieren. Leider ist diese Möglichkeit nur eine Seite der Medaille, denn der komplette restliche Transportweg findet sozusagen unbeobachtet statt. Da hilft das beste Beweisvideo nichts.

Prävention: Welche Maßnahmen können Shops treffen?

Annahmeverweigerung/Pflicht zur Kontrolle: Nun könnte man auf die Idee kommen, seine Kundschaft selbst ins Boot zu holen und an deren Wachsamkeit zu appellieren. Beispielsweise verwenden manche Shops Hinweise, die Pakete bei Lieferung möglichst auf Unversehrtheit zu überprüfen und die Annahme zu verweigern. Das bringt jedoch zumindest rein rechtlich gesehen wenig. Die Rechtslage ändert sich nicht und es ist hierüber nicht möglich, eine Verschiebung auf seine Kundschaft zu erzielen.

Eidesstattliche Versicherung: Oft wollen sich Unternehmen nicht mit der Behauptung zufriedengeben, die Ware sei nicht angekommen und verlangen stattdessen eine Versicherung an Eides statt. Dabei spielt der Gedanke mit hinein, dass jemand, der eine falsche eidesstattliche Versicherung abgibt, eine Straftat begeht. Wie erläutert, ist die Beweislage im Gesetz verankert. Eine Pflicht, diese abzugeben, gibt es nicht.

Nachforschungsauftrag/Schadensregulierung: Zwar ist das Unternehmen verpflichtet, den Kaufpreis im Falle des kompletten Verschwindens des Paktes zurückzuerstatten oder eine Neulieferung anzustoßen, wenn etwas Falsches geliefert wurde. Ein Shop hat aber gleichzeitig auch die Möglichkeit, einen Nachforschungsauftrag bei dem beauftragten Transportunternehmen aufzugeben oder eine Schadensregulierung zu beantragen. Weil die Ware zwischenzeitlich noch ankommen könnte, bleiben viele Shops in dieser Zeit untätig und erstatten weder bereits bezahlte Kaufbeträge, noch schicken sie eine Ersatzlieferung raus. Streitigkeiten mit dem Transportunternehmen sind nicht auf dem Rücken der Kundschaft auszutragen.

Grenzen: Verbraucherinnen und Verbraucher dürfen nicht alles

Allerdings haben wir bereits im ersten Teil angesprochen, dass auch Shops misstrauisch werden dürfen und sollen, wenn es wiederholt zu derartigen Vorfällen kommt. Auch dafür kann es immer eine triftige Erklärung geben – muss es aber nicht. Behauptet man jedoch wider besseres Wissen, zu wenig, etwas anderes oder gar nichts erhalten zu haben, handelt es sich um eine Straftat – den sogenannten Warenbetrug, der wiederum zur Anzeige gebracht werden kann, wenn wirkliche ernsthafte Zweifel an der Aussage der Kundschaft bestehen. Dann müssen die Strafverfolgungsbehörden den wahren Sachverhalt ermitteln.

Außerdem dürfen Kundinnen und Kunden nicht ohne weiteres eine Lastschrift oder Kreditkartenzahlung widerrufen oder einen Käuferschutzantrag stellen. Grund ist die oben beschriebene Konstellation, nach der die Falschlieferung einem Mangel gleichkommt. In solchen Fällen haben die geschädigten Unternehmen zunächst das Recht, eine Neulieferung zu veranlassen oder den Fall weiter zu prüfen.