In unserer neuen Reihe „Fake oder Fakt?“ beleuchten wir scheinbar eindeutige Rechtsbehauptungen und untersuchen, ob sie tatsächlich korrekt sind oder nur auf gängigen Missverständnissen beruhen. Auf unserem Instagram-Profil können unsere Follower miträtseln und sich direkt mit uns über das Thema austauschen.

In der Hektik des Alltags von Online-Händler:innen kann es schon mal vorkommen, dass ungewollt das ein oder andere Produkt zu viel im Versandkarton landet. Da genügt eine kleine Unachtsamkeit oder ein EDV-Fehler und schon bekommt die Kundschaft mehr, als sie eigentlich bestellt hatte. Was auch immer die Gründe dafür sind, in jedem Falle ärgern sich am Ende die Händler:innen, da sie Ware verloren haben, für die sie kein Geld bekommen. Schließlich kann die Kundschaft nichts für diesen Fehler und darf die zu viel gelieferten Produkte behalten. Ist diese Aussage Fake oder Fakt?

Händler:innen haben Herausgabeanspruch

Die gute Nachricht vorweg: Händler:innen können aufatmen, denn die aufgestellte Behauptung ist Fake und stimmt nicht! Aber fangen wir zunächst ganz von vorne an. Bestellt die Kundschaft in einem Online-Shop bei einer Händlerin oder einem Händler, beispielsweise einen Tagesplaner, dann beschränkt sich der geschlossene Kaufvertrag auch nur auf diesen einen Tagesplaner. Greift der Versandmitarbeiter aus Versehen einen zweiten Planer und packt diesen ebenso in das Paket, wurde für diesen Zweiten keine Bestellung ausgelöst und daher auch kein Vertrag geschlossen. 

An der zu viel gelieferten Ware erwirbt die Kundschaft auch kein Eigentum, da dieses wegen des Fehlers oder der Unachtsamkeit nicht an sie übertragen werden sollte. Es fehlt an einer Einigung für diesen zu viel gelieferten Teil der Bestellung, dass die Ware der Kundschaft gehören soll. Von einer Schenkung ist in diesem Falle auch nicht auszugehen. Händler:innen haben daher einen Anspruch auf Herausgabe der zu viel gelieferten Produkte.

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Was aber tun, wenn die Kundschaft nicht mitspielt?

Das hört sich in der Theorie erst einmal gut an. Doch leidgeplagte Händler:innen wissen, dass es in die Praxis oftmals ganz anders aussieht. Und recht haben und recht bekommen sind bekanntlich zwei unterschiedliche Dinge. 

Das größte Problem an der ganzen Sache: Ist die Ware erst einmal bei der Kundschaft, wird es für Händler:innen schwer, sie wiederzuerlangen. Fällt der Fehler schnell auf, kann umgehend die Kundschaft informiert werden und die zu viel gelieferte Ware herausverlangt werden. Hier wird sicherlich auch der Ton die Musik machen, denn schließlich liegt es in der Hand der Kundschaft, dass sie auf die Forderung eingeht. So gibt es immer wieder Kundinnen und Kunden, die sich weigern, die nicht bestellten Produkte zurückzuschicken und eine Zuviellieferung gar abstreiten. 

Zur Zahlung auffordern? Besser nicht!

Auch wenn die Kundschaft sich weigert, hat sie dennoch keinen Anspruch darauf, die zu viel gelieferte Ware zu behalten. Händler:innen sollten Kund:innen daher schriftlich auffordern, die Ware zurückzusenden und dafür eine angemessene Frist von etwa 14 Tagen setzen. Die Rücksendekosten sind vom Unternehmen zu tragen, am besten wird der Kundschaft auch ein entsprechendes Rücksendelabel zur Verfügung gestellt. 

Aber Achtung: Wer nun vielleicht auf die Idee kommen mag, sich den Stress mit der Rücksendung zu sparen und lieber gleich die Bezahlung der zu viel gelieferten Ware von der Kundschaft verlangt, kämpft auf verlorenem Posten. Denn darauf haben Händler:innen wiederum keinen Anspruch, da schließlich kein Vertrag über diese Ware zustande gekommen ist. Man könnte seinem Gegenüber aber natürlich immer anbieten, auch den zu viel gelieferten Artikel freiwillig zu kaufen.

Ist euch das auch schon einmal passiert? War eure Kundschaft bislang ehrlich gewesen? Erzählt uns davon und tauscht euch unter unserem Instagram-Post aus!