Viele Online-Shops können oder wollen nicht darauf verzichten, einen Unkostenbeitrag für den Versand zu erheben. Oftmals werden damit nicht einmal die kompletten Kosten gedeckt, die tatsächlich für den Versand und alles drumherum anfallen. Dennoch nutzen auch viele Händler:innen einen Versandkostenfreibetrag. Ist ein bestimmter Betrag X im Warenkorb erreicht, zahlt die Kundschaft keine Versandkosten. Aber was ist eigentlich bei einem Teilwiderruf, mit welchem die Kundschaft unter den Freibetrag rutscht? Dürfen die Kosten dann nachberechnet werden?

Grundsatz der Erstattung bei vollständigem Widerruf

Rollen wir das Ganze erst einmal von vorne auf, um uns der Frage zu nähern. Wie wir erst kürzlich geklärt haben, sind Händler:innen dazu verpflichtet, der Kundschaft bei einem vollständigen Widerruf sämtliche Kosten zurückzugewähren. Davon umfasst sind der Kaufpreis für die bestellten Produkte und auch die Hinsendekosten, soweit diese der Standardlieferung entsprechen. Dabei ist es unerheblich, ob die Versandkosten extra berechnet wurden oder mit eingepreist sind. Wurde die Rechnung noch nicht durch die Kundschaft beglichen, dürfen sämtliche Kosten auch nicht mehr in Rechnung gestellt werden. 

Über diesen Grundsatz hinaus gibt es jedoch einen Ausnahmefall: den Teilwiderruf. Widerruft die Kundschaft nur einen Teil der Bestellung, müssen die Versandkosten nicht erstattet werden, da schließlich mindestens ein Produkt behalten wird, für welches ohnehin die Hinsendekosten entstanden wären. 

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Keine Nachberechnung zulässig

Was aber geschieht nun, wenn die Kundschaft aufgrund eines Versandkostenfreibetrages – beispielsweise von 70 Euro – gar keine Versandkosten zahlen musste und nach einem Teilwiderruf unter diese Grenze von 70 Euro rutscht? Dürfen Händler:innen die Hinsendekosten dann anschließend wiederum in Rechnung stellen?

Die Antwort darauf lautet: Nein, so einfach ist das nicht! Grund dafür ist, dass die Kundschaft bei einem solchen drohenden Vorgehen davon abgehalten werden könnte, von ihrem Widerrufsrecht überhaupt erst Gebrauch zu machen. Eine Nachberechnung bei Unterschreitung der Freigrenze würde sonst einer „Bestrafung“ für die Ausübung des gesetzlich gewährleisteten Widerrufsrechts gleichkommen. Etwaige einseitige Nachforderungsklauseln in den AGB oder der Widerrufsbelehrung wären unwirksam und sollten daher nicht verwendet werden. Entgelte, die über das für die Hauptleistung zu zahlende Entgelt, wie die Nachforderung der Versandkosten, hinausgehen, müssen ausdrücklich vereinbart werden, damit sie Vertragsbestandteil werden. Das bedeutet konkret, dass in der Widerrufsbelehrung oder den AGB über eine Nachberechnung informiert und im Bestellprozess eine ausdrückliche Einwilligung der Kundschaft eingeholt werden muss. Die rechtlich saubere und korrekte Ausgestaltung ist jedoch schwierig und sollte im besten Falle anwaltlich überprüft worden sein. 

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