Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch erklärte kürzlich, dass Personen, die die AfD wählen, nicht mehr für die Diakonie arbeiten können, da deren menschenfeindliches Weltbild dem christlichen Menschenbild widerspricht. Er betont, dass Mitarbeitende oder Führungskräfte, die gegen das christliche Menschenbild verstoßen und sich parteipolitisch rechtsextrem engagieren, mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen müssen. Wir haben uns gefragt: Geht das so einfach?

Wenn politische Meinungen zum Jobrisiko werden

In Deutschland gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit und ein Unternehmen kann prinzipiell auch einstellen, wen es will. Doch das wiederum kollidiert mit der Meinungsfreiheit. Der Schutz der (politischen) Meinung wird sowohl durch das Grundgesetz als auch durch das Arbeitsrecht gewährleistet und von Artikel 3 des Grundgesetzes (GG) getragen, welches die Diskriminierung aufgrund politischer Anschauungen verbietet. Dieses Prinzip wird im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) weiter konkretisiert, das Benachteiligungen aus Gründen der Religion, Weltanschauung oder politischen Meinung explizit untersagt. Arbeitsrechtliche Entscheidungen müssen daher mit diesen Grundrechten und gesetzlichen Vorgaben im Einklang stehen. Und das ist das Schwierige in der Praxis.

Die Meinungsfreiheit sei eines der wichtigsten Menschenrechte überhaupt, so jedoch der rote Faden in der Rechtsprechung. Im Arbeitsverhältnis bedeutet dies, dass Arbeitnehmer das Recht haben, ihre politische Meinung frei zu äußern, solange dadurch nicht der Betriebsfrieden gestört oder die Arbeitsleistung beeinträchtigt wird. Und hieran scheiden sich die Geister. Wo zieht man die Grenze?

Politisch unkorrekt – Rote Karte für Andersdenkende?

Kann ein Diakonie-Mitarbeiter seinen Job mit Schwerbehinderten oder Menschen aus verschiedenen Nationen gewissenhaft ausführen, wenn er nach Feierabend rechtsextremistische Kundgebungen besucht? Kann eine Sympathisantin der Letzten Generation im Tesla-Werk noch wertfrei die Buchhaltung erledigen? Eine Kündigung oder Abmahnung aufgrund einer politischen Einstellung ist in Deutschland daher eine heikle Angelegenheit und nicht nur wegen seiner emotionalen Aufregung unter strengen Voraussetzungen möglich. 

Der Kündigungsschutz setzt voraus, dass die Äußerung oder das politische Engagement des Mitarbeiters nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führt. Beispielsweise wäre eine Kündigung denkbar, wenn durch das Verhalten der Betriebsfrieden ernsthaft gefährdet wird oder die Reputation des Unternehmens Schaden nehmen könnte. Die Diakonie als kirchlicher Träger darf sogar noch einen Schritt weiter gehen. „Im Kirchenarbeitsrecht werden von dem Arbeitnehmer gesteigerte Loyalitätspflichten gegenüber seinem Arbeitgeber verlangt“, zitiert das ZDF Professor Michael Fuhlrott von der Hochschule Fresenius.

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Wenn das Personal nicht mehr ins Schema passt

Ein Beispiel von vielen lieferte ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg, das die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers verneinte, der außerhalb und teilweise auch innerhalb der Arbeitszeit extreme politische Ansichten lebte (Urteil vom 11.08.2017, Az.: 6 Sa 76/17). Den Arbeitnehmer treffe eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Angestellten und die Kündigung ging nicht durch. Beim nächsten Fall kann das jedoch schon wieder ganz anders aussehen, denn jeder Job, jedes Unternehmen ist anders.

Die Kündigung oder Abmahnung von Personal aufgrund einer politischen Einstellung ist ein hochsensibles Thema, das sorgfältig abgewogen werden muss. In der Regel sind solche Maßnahmen nur gerechtfertigt, wenn durch das Verhalten der Arbeitsablauf oder der Betriebsfrieden ernsthaft beeinträchtigt wird. Arbeitgebende sollten sich daher stets juristisch beraten lassen, bevor sie wegen politischer Meinungsäußerungen disziplinarische Schritte einleiten. Dies gewährleistet, dass alle Handlungen im Einklang mit dem geltenden Recht und den Grundrechten stehen.

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