Inhaltsverzeichnis

Der Urlaub kann einfach gestrichen werden? Und Umziehen gehört natürlich zur Freizeit! Wirklich? Wir haben uns die häufigsten Irrtümer zum Arbeitsrecht einmal genauer angeschaut.

1. Irrtum: Der Arbeitsvertrag kann mündlich abgeschlossen werden.

In dieser Allgemeingültigkeit stimmt die Aussage nicht. Grundsätzlich sieht das Gesetz keine feste Form für einen Arbeitsvertrag vor. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Verträge auch mündlich geschlossen werden dürfen. 

Dies gilt aber beispielsweise nicht für befristete Verträge. Diese müssen schriftlich geschlossen werden. Allerdings gibt es einen guten Grund, Arbeitsverträge schriftlich zu vereinbaren. Das Nachweisgesetz verpflichtet arbeitgebende Unternehmen seit dem 1. August 2022 dazu, dass ein bestimmter Mindestgehalt im Arbeitsvertrag enthalten ist. Schon allein um diesen Mindestgehalt im Streitfall belegen zu können, ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag die beste Wahl. 

2. Irrtum: Der Arbeitgeber kann den Urlaub des Arbeitnehmers beliebig streichen oder verschieben.

Es ist schon so rechtlich nicht immer einfach, einen Urlaubsantrag abzulehnen. Immerhin darf die Ablehnung nicht willkürlich geschehen. Umso schwieriger ist es dann, einen einmal genehmigten Urlaub wieder zu streichen oder zu verschieben. 

Der Urlaub darf nur gestrichen werden, wenn der Mitarbeitende zustimmt oder aber ein echter Notfall vorliegt. Mit einem echten Notfall ist nicht gemeint, dass die Personaldecke etwas dünn ist, sondern eine echte existenzbedrohende Ausnahmesituation für das Unternehmen. 

3. Irrtum: Schwangere Arbeitnehmerinnen können während der Probezeit gekündigt werden.

Der Kündigungsschutz für Schwangere greift bereits während der Probezeit. Dabei wollen wir gleich mit einem weiteren Mythos aufräumen: Die Schwangerschaft sorgt nicht dafür, dass die Probezeit pausiert. Damit soll eine Aushöhlung des Kündigungsschutzes verhindert werden. Würde man bei der Probezeit durch eine Schwangerschaft einfach auf Pause drücken können, würde dies dazu führen, dass die Probezeit nach Beendigung von Schwangerschaft und/ oder Mutterschutz einfach weiterläuft. Arbeitgebende Unternehmen könnten dann also einfacher eine Kündigung aussprechen. Der Schutzgedanke des Mutterschutzgesetzes würde damit auf fruchtlosen Boden fallen. 

4. Irrtum: Die Kündigungsfrist beträgt immer nur vier Wochen zum Monatsende.

Ist vertraglich nichts anderes geregelt, gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen und diese variieren je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit. Die pauschale Aussage mit den vier Wochen ist entsprechend falsch.

Arbeitgebende Unternehmen dürfen in Arbeitsverträgen allerdings eine kürzere Kündigungsfrist als im Gesetz vorgesehen vereinbaren. Allerdings darf die Frist vier Wochen nicht unterschreiten und das Unternehmen darf nicht mehr als 20 Personen beschäftigen. Auszubildende zählen nicht. 

5. Irrtum: Arbeitnehmer dürfen während der Krankschreibung nicht einkaufen gehen oder das Haus verlassen.

Wer krankgeschrieben ist, muss sich ausruhen. Oder doch nicht? Es kommt darauf an, pflegen Jurist:innen hier zu sagen. Bei einer Krankschreibung dürfen Arbeitnehmende nichts tun, was ihrer Genesung im Wege steht. Das kann bei manchen Krankheiten Ausruhen bedeuten; bei anderen, wie etwa psychischen Erkrankungen, ist das Hüten des Bettes aber nicht unbedingt das erste Mittel der Wahl.   

Entsprechend reicht es für das Anzweifeln einer Krankschreibung nicht aus, dass das betroffene Teammitglied beim Einkaufen gesehen wurde. 

6. Irrtum: Arbeitgeber dürfen Videoüberwachung am Arbeitsplatz ohne Zustimmung der Mitarbeiter durchführen.

Arbeitnehmer:innen haben auch am Arbeitsplatz ein Persönlichkeitsrecht, welches natürlich geschützt werden muss. Entsprechend dürfen nicht einfach anlasslos Überwachungskameras installiert werden. Auch eine Einwilligung in eine Kameraüberwachung wird oft kritisch betrachtet: Immerhin befinden sich Mitarbeitende in einem Abhängigkeitsverhältnis, so dass die Einwilligung möglicherweise nicht ganz freiwillig erfolgt. Arbeitgebende Unternehmen sollten sich daher gut überlegen, ob sie eine Überwachungskamera installieren. 

7. Irrtum: Werden Arbeitnehmer während ihres Urlaubs krank, verfällt der Urlaub trotzdem.

Der gesetzliche Urlaubsanspruch dient der Erholung und wer krank ist, kann sich nicht erholen. Daher schließen sich Arbeitsunfähigkeit und Erholungsurlaub grundsätzlich aus. Werden Mitarbeitende während des Urlaubs krank, müssen ihnen die Urlaubstage daher gutgeschrieben werden. 

8. Irrtum: Vor einer Kündigung muss immer eine Abmahnung erfolgen.

Abmahnungen gelten als Warnschuss, müssen aber nicht vor jeder Kündigung ausgesprochen werden. Lediglich bei der verhaltensbedingten Kündigung ergibt das Aussprechen einer Abmahnung überhaupt Sinn und selbst hier ist sie nicht immer erforderlich. Viel mehr müssen Führungskräfte im Einzelfall abwägen, ob durch eine Abmahnung als milderes Mittel eine Verhaltensänderung herbeigeführt werden kann. Fällt die Prognose negativ aus, kann auch direkt eine Kündigung ausgesprochen werden. 

9. Irrtum: Umkleidezeiten zählen zur Freizeit

Ist eine bestimmte Dienstkleidung vorgeschrieben, dürfen arbeitgebende Unternehmen nicht erwarten, dass Arbeitnehmer:innen diese bereits in ihrer Freizeit anziehen. Das Umziehen am Arbeitsplatz zählt damit zur sogenannten Rüstzeit und ist Dienstzeit. Das gleiche gilt für das Hochfahren des Rechners, oder den Weg vom Eingang des Betriebsgeländes zum eigentlichen Arbeitsplatz. 

Neben den umfangreichen Leistungen in puncto Rechtssicherheit im Online-Shop bietet der Händlerbund auch den Rundum-Service für Arbeitgeber. Mit den neuen Arbeitsrecht-Paketen stehen Arbeitgebern nicht nur umfangreiche Vorlagen und Checklisten zur Verfügung, sondern auch die Rechtsberatung. Weitere Informationen zu den Arbeitsrecht-Paketen finden Sie hier.