In einem unserer vergangenen „Dreist oder berechtigt“ ging es um eine Unternehmerin, die sich als Verbraucherin ausgab und von einem Widerrufsrecht Gebrauch machte. Unter dem Artikel wurde das Verhalten der Händlerin diskutiert. Hätte sie den Widerruf nicht einfach akzeptieren können? Schließlich verliert sie so eine mögliche, künftige Stammkundin. 

Hier wollen wir noch einmal anhand von drei Alltagsfragen aufzeigen, welche praktischen Konsequenzen es für Händler:innen hat, wenn die Kundschaft vorgibt, Verbraucherrechte zu genießen. 

Das Offensichtliche: Das Widerrufsrecht

Der offensichtlichste Faktor dürfte das Widerrufsrecht sein: Verbraucher:innen haben das Recht, innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Ware den Widerruf zu erklären. In der Folge wird die Ware zurückgeschickt und der bereits gezahlte Kaufpreis inklusive der Hinsendekosten erstattet. Die Kosten für den Rückversand dürfen aber auf die Kundschaft abgewälzt werden. 

Die Ausübung dieses Rechts geht natürlich mit Kosten und auch Zeit einher: Retournierte Ware muss gecheckt, gegebenenfalls noch mal aufbereitet und kann eventuell nicht mehr zum Neupreis angeboten werden. Hinzu kommt noch, dass Verbraucher:innen die Originalverpackung nicht mit zurücksenden müssen. Hier kann es echt haarig werden: Auf der Originalverpackung sind oftmals gesetzliche Pflichtinformationen abgedruckt. Der Shop muss hier im Rahmen eines Weiterverkaufs also für Ersatz sorgen. Ein Wertersatz steht den Unternehmen nur zu, wenn der entstandene Schaden darauf beruht, dass die Kundschaft die Ware über die Beschaffenheitsprüfung hinaus benutzt hat.

Es ist also kein Wunder, dass Online-Shops ihre Retourenquote lieber gering halten wollen und daher nicht gern ein Widerrufsrecht für Kundschaft gewährt, die für gewerbliche Zwecke einkauft.

Allerdings können Shops natürlich kulant sein: Kommt die Ware in einwandfreiem Zustand zurück, könnte der Kundschaft auch einfach ein Wertgutschein angeboten werden. 

Das Komplizierte: Die Beweislastumkehr

Normalerweise gilt, dass derjenige, der sich auf bestimmte Ansprüche beruft, die Voraussetzungen für diese Ansprüche beweisen muss. Für das Gewährleistungsrecht wäre das vor allem das Vorliegen eines Mangels bei Übergabe des Produkts. Im B2C-Bereich gibt es allerdings eine Beweislastumkehr: Die Kundschaft muss lediglich beweisen, dass das Produkt einen Mangel hat, also beispielsweise nicht die im Kaufvertrag vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Dass dieser Mangel bereits vorlag, als der Paketbote die Lieferung an die Kundschaft übergeben hat, wird einfach vermutet. Diese Beweislastumkehr gilt für das erste Jahr nach dem Kauf. Kommt es zu einem Mangel, muss das verkaufende Unternehmen also beweisen, dass das Produkt bei der Übergabe mangelfrei war. In der Praxis kann das schwierig werden. Eventuell muss beispielsweise ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben werden. Das lohnt sich bei eher kleinen Warenwerten aber kaum.

Anders sieht es aus, wenn die Kundschaft für ihre gewerblichen Zwecke ein Produkt erworben hat: Im B2B-Bereich gibt es diese Beweislastumkehr nicht. Die Kundschaft muss also beweisen, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorlag. Wobei hier noch ein weiterer Fakt hinzukommt: Während die Haftung beim B2C-Geschäft mit der Übergabe durch den Lieferanten an die Kundschaft auf diese überspringt, haftet im B2B-Geschäft die Kundschaft ab der Übergabe durch die Firma an das Logistikunternehmen. Unternehmen als Kunden müssen im Zweifel also sogar beweisen, dass es sich bei dem Sachmangel nicht etwa um einen Transportschaden handelt. 

Das Besondere: Das Transportrisiko

Wie eben erwähnt, springt die Haftung beim B2C-Geschäft erst dann auf die Kundschaft über, wenn das Logistikunternehmen die Ware wie vereinbart zugestellt hat. Das hat die praktische Bedeutung, dass Online-Shops für den Transportweg haften. Geht die Ware unterwegs verloren oder wird die Ware beschädigt, ist dies nicht das Problem der Kundschaft. Wird die Ware beschädigt, kann die Kundschaft im Wege des Gewährleistungsrechts Nacherfüllung verlangen; geht die Ware verloren, kann zwar eine Neulieferung durchgeführt werden, der Shop kann aber auch einfach den Kaufpreis erstatten.

Diese Regelung gilt übrigens auch beim Widerrufsrecht: Kann die Kundschaft nachweisen, dass die Ware abgesendet wurde, ist es mit der Haftung vorbei. Kommt die Ware dann trotzdem nicht oder kaputt bei dem Händler oder der Händlerin an, ist das Pech. Eine Ausnahme besteht natürlich für solche Fälle, in denen die Kundschaft betrügerisch gehandelt oder die Ware nicht ausreichend verpackt hat.

Beim B2B-Bereich sieht es anders aus: Hier übernimmt das kaufende Unternehmen das Transportrisiko. Das verkaufende Unternehmen haftet lediglich dafür, dass die Ware ordentlich beim Versandunternehmen abgegeben wurde. Kommt es auf dem Weg zu einem Schaden, haftet der Online-Shop nur, wenn die Ware beispielsweise nicht ausreichend verpackt war. 

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Fazit: Unterschied schon wichtig

Auch wenn Kulanz sicherlich ein wichtiges Thema ist, ist es wichtig zu wissen, dass es schon allein im Alltag einen wichtigen Unterschied macht, ob jemand für gewerbliche oder private Zwecke einkauft. Der Verbraucherschutz ist nun einmal ein sehr großes Thema, welches Zeit, Geld und im Allgemeinen auch Nerven kosten kann. Es ist daher verständlich, wenn Online-Shops bei ihrer Kundschaft hin und wieder genauer hinschauen, um nicht mehr zu haften, als sie müssten.