In dieser Woche stellt sich die Frage, ob sich Unternehmen als Verbraucher:innen tarnen dürfen: Die Kundin betreibt ein eigenes, kleines Handmade-Gewerbe. Sie möchte in einem Stoffladen bestellen, bei dem es auch die Möglichkeit gibt, einen Unternehmens-Account zu erstellen. Das ist ihr aber schlicht zu aufwändig. Sie müsste dafür ihren Gewerbeschein einreichen und gewiss ein bisschen warten, bis der Account freigeschaltet wird. Als Verbraucherin kann sie allerdings direkt als Gast bestellen. Hinzu kommt noch, dass sie von den günstigeren Preisen für Großabnehmer:innen nicht profitiert, da ihre benötigten Mengen eher klein sind. Entsprechend tätigt sie eine Bestellung über die Funktion „als Gast bestellen“ und gibt ihre privaten Daten an. Den Hinweis, dass Unternehmen über das B2B-Konto bestellen sollen, ignoriert sie großzügig. Sie bestellt größere Mengen an unterschiedlich unifarbenen Stoffen. Als die Stoffe ankommen, fällt ihr auf, dass ihr so manche Nuancen nicht gefallen. Sie erklärt also einen Teilwiderruf. Nun wird die Inhaberin des Shops aber stutzig: Die Mengen entsprechen nicht den üblichen für den Privatgebrauch. Eine kurze Googlesuche ergibt außerdem, dass die Kundin einen kleinen Handmadeshop bei Etsy betreibt. Entsprechend lehnt die Inhaberin den Widerruf ab. Dieses Recht stünde nur den Verbraucher:innen zu. Die Käuferin ist nicht einverstanden und besteht auf ihr Recht. Immerhin verarbeite sie zumindest die Stoffreste privat. Ist das dreist, oder berechtigt?
Grundsatz: Verbraucherrechte sind für Verbraucher:innen da
Es ist ganz schön simpel: Auf Verbraucherrechte können sich nur natürliche Personen berufen, die etwas für ihren privaten Gebrauch erwerben. Wer etwas für den Geschäftszweck kauft, darf sich nicht auf Verbraucherrechte berufen. Wer einen reinen B2B-Shop betreibt oder einen B2B-Bereich im Shop integriert hat, muss sogar aktiv dafür sorgen, dass dort nicht einfach Verbraucher:innen shoppen können.
Allerdings verfügt nicht jeder Shop über einen Bereich für Unternehmen. Gleichzeitig ist es aber nicht verboten, dass Unternehmen für ihren gewerblichen Zweck in einem B2C-Shop einkaufen. Dennoch dürfen sich Unternehmen natürlich auch hier nicht auf die Verbraucherrechte berufen. Es gehört sogar zu den Grundsätzen von Treu und Glauben eben nicht über die Unternehmereigenschaft zu täuschen. Insbesondere bei Solo-Selbstständigen ist es oftmals für den Shop-Betreiber bzw. die Shop-Betreiberin gar nicht so einfach festzustellen, ob hier für den privaten Bedarf oder das Gewerbe eingekauft wurde. Immerhin können Kugelschreiber beispielsweise sowohl privat, als auch gewerblich genutzt werden. Hier ist am Ende die Frage entscheidend, wer was beweisen muss. Tätigt eine natürliche Person einen Einkauf, wird erst einmal vermutet, dass diese privat handelt. Mit dieser Grundannahme wird sichergestellt, dass Unternehmen nicht einfach ins Blaue hinein die Behauptung tätigen, jemand hätte keine Verbraucherrechte. Das würde den Verbraucherschutz aushöhlen. Im ersten Schritt muss das Unternehmen also die Grundannahme erschüttern, dass der Einkauf einem gewerblichen Zweck dient. Dafür dürfte die Hürde aber nicht allzu hoch sein: Immerhin sind die Möglichkeiten für das Unternehmen begrenzt. Kommen Indizien, wie etwa eine hohe Bestellmenge oder ein eingetragenes Gewerbe, welches zum bestellten Produkt passt, zusammen, kann dies im Einzelfall reichen, um diese Grundannahme des privaten Kaufs zu erschüttern. Jetzt würde der Ball an die Kundschaft gespielt werden, die eben belegen müsste, dass ihr tatsächlich Verbraucherrechte für den konkreten Einkauf zustehen,
- Wir wurden gefragt: Woran erkenne ich, ob ein Unternehmen oder Verbraucher bei mir bestellt?
- Dreist oder berechtigt: Kundin will eingelaufene Handmade-Tasche reklamieren
- Wir wurden gefragt: Darf ich Handmade-Produkte aus Lizenz-Stoffen fertigen und anbieten?
Fazit: Beweislage spricht nicht für Kundin
Was aber bedeutet dieser Grundsatz für unseren Fall? Nun, die Kundin müsste gegenüber der Shop-Inhaberin beweisen, dass sie die Stoffe für den privaten Gebrauch gekauft hat, um tatsächlich vom Widerrufsrecht Gebrauch machen zu können. Das kann sie aber schlicht nicht. Immerhin hat sie sogar zugegeben, dass sie bestenfalls Stoffreste privat verarbeiten würde. Dass ein kleiner Teil der Bestellung am Ende in der privaten Hobbykiste der Kundin landet, ist allerdings irrelevant. Ihre Bestellung ist durch ihren geschäftlichen Zweck – nämlich die Herstellung von Handmade-Produkten – zu Stande gekommen. Dass sie am Ende Stoffreste privat verwendet und sich diese möglicherweise, damit steuerlich alles sauber läuft, selbst abkaufen müsste, steht auf einem anderen Blatt geschrieben.
Dass die Kundin auf ihrem Widerrufsrecht beharrt ist also dreist, da ihr dieses Recht für diesen speziellen Einkauf schlicht nicht zusteht.
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wir freuen uns sehr über die angeregte Diskussion hier in den Kommentaren.
Diese Diskussion haben wir zum Anlass genommen und haben noch einmal in einem Beitrag an Hand von drei Situationen den Unterschied zwischen B2C und B2B deutlich gemacht:
onlinehaendler-news.de/.../...
Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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Der Händler hat dies akzeptiert und ich habe Ihn etwas Gutes getan und eine neuere größere Abnahme eingeräumt.
@Stranger "Regelmäßig kommt dann der Anruf können Sie bitte die Rechnung ändern..."
Ich habe die Erfahrung gemacht, das die viele große Unternehmen eine nachträgliche Änderung der Rechnung verweigern, mit der Aussage das dies ein bestehendes Dokument ist". Natürlich weiß ich nicht wie das rechtlich abgesichert ist, aber das wäre eine Möglichkeit. Der Gewerbetreibend e wird es sich 2 mal überlegen diese Tour noch einmal zu fahren, wenn er die Rechnung nicht steuerlich geltend machen kann.
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Wir bieten grundsätzlich kein B2B an. Wenn also offensichtlich ist, dass hier eine gewerbliche Bestellung vorliegt, führen wir die Bestellung zwar aus, kommunizieren aber deutlch, dass es sich hier aufgrund der vorliegenden Informationen (z.B. Rechnungs- und Lieferadresse = Theater, Besteller ist im Kostümbereich tätig, Emailadresse und Zahlung von einem Paypal-Account mit Unternehmensbez ug, etc.) um keinen Privatkauf handelt und deshalb das Widerrufrecht ausgeschlossen wird.
Nur selten konnt es dann noch zu tatsächlichen Rücksendungen.
Und an all diejenigen, die immer meinen, eine überkulante Rückgabe-Regelu ng sorgt für höhere Kundenbindung - nach 18 Jahren Onlinehandel kann ich ganz klar sagen: Das ist Quatsch. Das mag für Generalisten wie Amazon gelten, aber nicht für Händler mit Nischenangebote n. Dort kaufst du nur ganz bestimmte Einzelteile, und das auch nicht jede Woche. Natürlich haben auch wir jahrelange Stammkunden. Aber die schicken auch fast nichts zurück.
Und auf Kunden, die aufgrund sehr kulanter Rückgaberegeln 80% ihrer Bestellungen zurückschicken, auf die und auf deren Mund-zu-Mund-Pr opaganda kann ich dann auch gut verzichten.
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hier steht´s Punkt, Komma, Strich ....
das die Verkäuferin kein Problem hatte, die nicht "Privat"-Handel sübliche Menge abzugeben, wird völlig ausser acht gelassen. naja solange der Rubel rollt, oder der Yuan oder bald die BRICS-Währung
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Regelmäßig kommt dann der Anruf können Sie bitte die Rechnung ändern...
Teils aber eben auch der Versuch die Bestellung zu widerrufen und damit das eigene unternehmerisch e Risiko an den liefernden Onlineshop aus zu lagern. Dabei interessiert die Besteller weder die Rechtslage zur nachträglichen Änderung von Rechnungen noch die Regelungen zu Treu und Glauben oder zur kaufmännischen Redlichkeit.
Wir sind dazu übergegangen in solchen Fällen Retouren zurück zu weisen. Setzen die Forderungen ggf. auch gerichtlich durch.
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Und wo ist da nun steuerlich der Unterschied? Wer verkauft sich schon selber was. Es handelt sich immer bei Einzelunternehm en um eine Umsatzsteuerlic he unentgeltliche Wertabgabe. Bei Kapitalgesellsc haften ist das ein anderes Thema.
Zu Ronny Kühn:
Was ist da vor eingenommen? B2B ist was anderes wie B2C. Es ist das selbe wie bei B2C das manche Kunden meinen man kann es doch einfach mal gerade sein lassen. Nein kann man nicht, denn wenn man sich nicht an die Regeln hält, kann man diese auch gleich bleiben lassen.
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Entschuldigung - das ist aber nicht korrekt. ..oder hat sich etwas geändert?
In ähnlichen Fällen bzw. Berichten hat der Händlerbund bisher immer angeführt, dass
die Beweislast bei dem Shopbetreiber liegt - dieser muss im Zweifelsfall beweisen, dass die Ware zu gewerblichen Zwecken genutzt wird. Dieser Beweis ist aber in den wenigsten Fällen erfolgreich zu führen.
(aus der Praxis: selbst wenn der Beweis im Einzelfall gelingen sollte, wird er u.U. durch den Käuferschutz des Zahlungsanbiete rs (sofern verfügbar) ad adsurdum geführt.)
Die Bestellmenge kann ein Indiz sein, ist aber kein Beweis. Im Vorliegenden Fall hat es die Käuferin zwar indirekt eingeräumt, aber grundsätzlich könnte diese auch für die ganze Großfamilie Betttücher, Tischdecken oder sonst was nähen.
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Antwort der Redaktion
Hallo Jens,
da müssen wir dir Recht geben: Der Satz verkürzt die Rechtslage zu sehr. Unternehmen dürfen natürlich nicht einfach in das Blaue hinein behaupten, jemand würde für gewerbliche Zwecke einkaufen. Bei natürlichen Personen wird immer erst einmal vermutet, dass diese für private Zwecke einkaufen. Diese Annahme gilt es erst einmal zu erschüttern. Kommt es zur Erschütterung, ist die Kundschaft aber mit beweisen dran. Wir haben das ganze auch noch mal entsprechend näher ausgeführt.
Vielen Dank für den konstruktiven Hinweis!
Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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Und weiter: Klappe halten, Widerruf erklären, Klappe halten.
Niemanden gehen die Umstände der Bestellung an.
Alles andere klärt im Zweifel ein Gericht.
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