Das Zollsystem der Europäischen Union soll sich – offenbar mit Rückendeckung aus Deutschland – ändern. Und diese Änderungen dürften sich spürbar auf Online-Akteure wie Temu oder Shein auswirken: Zollfrei sind bisher solche Online-Bestellungen aus Drittstaaten, die einen Warenwert von nicht mehr als 150 Euro haben. 

Diese Praxis steht schon länger in der Kritik, weil sie etwa Anbieter aus Fernost potenziell dabei unterstützt, die hiesigen Märkte mit Billigprodukten zu überschwemmen.

EU arbeitet an Zollreform

Nachdem entsprechende Pläne zu einer Reformierung des EU-Zollsystems bereits im Frühjahr 2023 laut wurden, hat sich nun offenbar auch Deutschland offen für solche Änderungen gezeigt: Bundesfinanzminister Christian Lindner habe laut dem Branchenverband HDE „signalisiert, dass Deutschland die Abschaffung der 150-Euro-Zollfreigrenze auf europäischer Ebene unterstützen wird“, berichtet Reuters.

Nach eigenen Angaben begrüße das Bundesfinanzministerium, dass die EU-Kommission „Vorschläge zur Anpassung des europäischen Zollrechts an die Herausforderungen des elektronischen Handels“ unterbreite.

Wo liegt das Problem der 150-Euro-Grenze?

Für die Praxis ergeben sich aus den derzeitigen EU-Regelungen enorme Probleme, da sie zu einem massiven Anstieg kleiner Pakete bei den Einfuhren geführt haben – getrieben wird die Entwicklung durch vergleichsweise neue Online-Anbieter wie Temu und Shein, die mit ihren Waren im niedrigen Preissegment als starke Konkurrenten europäischer Händler gelten.

Auch fühlen sich nach Einschätzung der EU-Kommission Unternehmen wohl dazu animiert, größere Sendungen aufzuteilen, um auf diesem Weg von der Zollfreiheit profitieren zu können. 

Für hiesige Zollbehörden sei es aufgrund der Paketschwemme ein massives Problem, diese Waren allesamt auf die Einhaltung der geltenden EU-Richtlinien zu prüfen. Aus diesem Grund hatte sich auch der HDE bei der Regierung für eine Abschaffung der 150-Euro-Grenze bei den Einfuhrabgaben eingesetzt.

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Temu und Shein widersprechen Vorteilen der Steuerpraxis

Die beiden Online-Anbieter Shein und Temu geben sich mit Blick auf eine kommende Änderung der EU-Zollregularien zumindest nach außen hin gelassen. Beide Unternehmen messen den bisherigen Steuervorteilen nach eigenen Aussagen offenbar keine übermäßige Bedeutung zu.

„Im Gegensatz zu einigen verbreiteten Missverständnissen halten wir die Preise durch unser technologiebasiertes On-Demand-Geschäftsmodell und unsere flexible Lieferkette erschwinglich“, wird Shein zitiert. Ähnlich äußerte sich demnach Temu: „Die Hauptgründe für unsere schnelle Expansion und Marktakzeptanz sind die Effizienz der Lieferkette und die operativen Fähigkeiten, die wir im Laufe der Jahre kultiviert haben.“

Ganz unumstritten sind die geplanten Reformen allerdings nicht. Kritiker befürchten eine Verschärfung bestehender Handelskonflikte und mögliche Vergeltungsmaßnahmen, wie etwa vonseiten der USA.