Obwohl Temu gerade einmal ein Jahr in Deutschland aktiv ist, hat die Shopping-Plattform den hiesigen Online-Handel massiv beeinflusst. Mit aggressivem Marketing, horrenden Rabattversprechen und fragwürdigen Geschäftspraktiken sorgt das Unternehmen seither für Aufsehen. 

Weil sie vermuten, dass Temu geltende Gesetze missachtet, arbeiten Verbraucherschützer aus insgesamt 17 Ländern der Europäischen Union aktuell darauf hin, die Shopping-Plattform daran zu hindern, auch künftig unsaubere Geschäftsmethoden einzusetzen. Diese zahlreichen, unabhängigen Verbraucherorganisationen sind zusammengeschlossen und bilden den europäischen Verbraucherverband BEUC, der nun eine entsprechende Beschwerde gegen Temu bei der EU-Kommission eingereicht hat.

Diese Verstöße werden Temu vorgeworfen

Nach Angaben von BEUC liegen konkrete Verstöße gegen das europäische Gesetz für digitale Dienste (Digital Services Act, DSA) durch die Shopping-Plattform vor. Folgende Punkte werden kritisiert:

  • Weil Kundinnen und Kunden zu wenig Informationen zu den Temu-Verkäufern präsentiert werden, könne eine Rückverfolgbarkeit der Dritthändler nicht gewährleistet werden.
  • Temu greife auf manipulative Praktiken wie beispielsweise Dark Patterns zurück. Diese sollen zu höheren Ausgaben durch die Verbraucherinnen und Verbraucher führen oder etwa eine Kontenschließung erschweren.
  • Es gebe keine Transparenz darüber, wie Produktbewertungen zustande kommen.

„Der Online-Marktplatz ist voll von manipulativen Techniken, die darauf abzielen, die Verbraucherinnen und Verbraucher dazu zu bringen, mehr auf der Plattform auszugeben“, zitiert der Spiegel Monique Goyens, Chefin der BEUC. Darüber hinaus werde es Kundinnen und Kunden der Kritik zufolge erschwert, ihr Konto bei Temu zu löschen. Um dies zu tun, müsse eine „Hindernisparcours“ auf der Website überwunden werden.

Schnelles Handeln sei vonnöten

Erklärtes Ziel des Verbands sei es, Temu zu Änderungen zu zwingen – und zwar auf dem schnellstmöglichen Weg. Man erwarte nun, dass sich die verschiedenen nationalen Behörden, die für die Einhaltung des EU-Gesetzes DSA zuständig sind, die Beschwerden an die entsprechende Behörde in Irland weiterleiten. Nötig sei dies, weil das europäische Büro von Temu in Irland zu finden ist.

„Es wäre dann Aufgabe der irischen Behörde, Temu schnell zur Einhaltung des Digital Services Acts zu zwingen. Verbraucher können es sich nicht leisten, jahrelang auf Entscheidungen zu warten, wie es derzeit bei der DSGVO der Fall ist“, heißt es auf der Website der BEUC weiter.

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Temu wolle die Vorwürfe prüfen

Für Temu selbst dürften die angebrachten Vorwürfe nicht neu sein, denn sie ähneln jenen Punkten, die bereits von deutschen Branchenakteuren wie Händlerinnen und Händlern beziehungsweise Verbraucherschützenden ausgemacht wurden.

Nichtsdestoweniger nimmt Temu die vorliegende Beschwerde nach eigenen Angaben „sehr ernst“ und werde sie „gründlich prüfen“. Eine Sprecherin ließ gegenüber OHN verlauten: „Temu ist ein Newcomer in Europa, der in die dortigen Märkte vor etwas mehr als einem Jahr eingetreten ist. Während dieser Zeit haben wir uns mit dem Feedback von Kunden, Aufsichtsbehörden und Verbraucherverbänden aufmerksam beschäftigt. Wir haben unseren Service aktiv an lokale Gepflogenheiten und Präferenzen angepasst.“

Auch verpflichte sich das Unternehmen „zur vollständigen Einhaltung der Gesetze und Vorschriften der Märkte“, in denen man aktiv sei. Als Ziel habe man sich demnach gesteckt, nicht nur die gesetzlichen Mindestanforderungen zu erfüllen, sondern darüber hinaus „die Einhaltung höchster Best-Practice-Standards zu übertreffen“. In diesem Rahmen verwies Temu auf eine enge Zusammenarbeit mit Händlerinnen und Händlern, Verbraucherinstitutionen, Regulierungsbehörden sowie Stakeholdern.

 

Hinweis der Redaktion: Der Beitrag wurde nach Veröffentlichung um ein etwas ausführlicheres Statement von Temu ergänzt.

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Artikelbild: http://www.depositphotos.com