Nach zwei Jahren war die Spannung groß: Endlich soll das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs dem Rechtsmissbrauch durch Abmahnungen den Garaus machen. Vorweg sei gesagt: Es ist immerhin gut, dass das Thema jetzt mal auf dem Tisch der Politik gelandet ist. Während die Anwälte – vielleicht teilweise auch zu Recht – über die neuen Einschränkungen schimpfen, dürften sich die Verbände freuen. Mit der Realität scheinen sich die Politiker an dieser Stelle genauso sehr beschäftigt zu haben, wie die Macher der „The Fast and the Furious“-Reihe mit Physik. Liebe Politiker… nein.

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Keine Gefahr von Verbänden?

Liebe Politiker,

ich weiß, ihr habt viel zu tun. Das rechtfertigt aber noch lange nicht, dass ihr in dem neuen UWG, welches Rechtsmissbrauch bekämpfen soll, beinahe ausschließlich auf Abmahnungen zielt, die von Mitbewerbern ausgesprochen werden. 

Sicherlich: Auch diese können rechtsmissbräuchlich sein. Und mit Sicherheit machen Sandhage und Kollegen mit den Abmahnungen auch gutes Geld. Dass aber etwa die Hälfte der wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen von Verbänden, allen voran vom Ido-Verband, ausgesprochen werden – habt ihr das irgendwie übersehen? Habt ihr geschlafen? Wie kommt ihr zu dem Ergebnis, vor allem Rechtsanwälte einzuschränken und Verbände wie bisher weitermachen zu lassen?

Kleine Hürden für den großen Ido

Statt wirksame Regularien zu treffen, dürfen Verbände weiterhin gebührenpflichtig abmahnen. Dabei ist es doch gerade der Ido, dessen Schreiben immer wieder gleich aussehen, weil einfach nur Textbausteine aneinander gereiht werden. Auch die Aufzählung der Verstöße folgt immer der gleichen Reihenfolge. Den Anfang machen Fehler in der Widerrufsbelehrung, gefolgt von fehlenden Grundpreisangaben und dem fehlenden Hinweis auf die Vertragstextspeicherung. Bei der fehlenden LUCID-Registrierung ist dann übrigens Schluss. 

Um weiterhin die knapp 230 Euro pro sehr wahrscheinlich automatisch erstelltem Schreiben zu verlangen, muss der Ido lediglich mindestens 75 Mitglieder haben und seit einem Jahr bestehen. 

Es ändert sich also faktisch nichts und das, obwohl dem Ido nun schon hier und dort fragwürdige Vereinsstrukturen attestiert wurden. Hinzu kommt noch, dass der Verband auch weiterhin außergerichtlich einfach nur schreiben muss, dass seine „X Mitglieder aus der Lebensmittelbranche und Z Mitglieder aus dem Saftgewerbe“ diese und jene Abmahnlegitimation begründen. Eine Mitgliederliste muss erst vor Gericht vorgelegt werden. Kommt dann – wie etwa hier – raus, dass diese Liste nicht mehr so ganz aktuell ist oder sind wie etwa hier die aufgeführten Mitglieder gar keine Mitbewerber, kommt der Händler zwar als Sieger aus dem Verfahren, darf die außergerichtlichen Anwaltskosten aber  zum Großteil schön selbst tragen. Zurückholen darf er sich nämlich nur die Kosten bis 230 Euro. In der Regel müssen Anwälte aufgrund der Gegenstandswerte aber mehr für die außergerichtliche Vertretung berechnen. Dieses Geld darf er sich aber nur dann zurück holen, wenn für den Abmahnenden ersichtlich war, dass die Abmahnung unberechtigt erfolgte. Das wird ein weiterer Punkt sein, an dem sich Geister wie Gerichte scheiden. 

Was soll das denn bitte für eine Verbesserung sein? Liebe Politiker: Ihr habt die Sache ganz und gar nicht zu Ende gedacht.

P.S.: Wie war das noch gleich mit der P2B-Verordnung?

Wisst ihr noch, als ich hier vor etwa einem Monat über die P2B-Verordnung geschrieben habe? Diese Verordnung soll für mehr Transparenz auf Plattformen sorgen und verpflichtet diese zur Einhaltung besonderer Kennzeichnungs- und Informationspflichten. Ich erinnere noch kurz daran, dass Plattformen wie Amazon und Ebay bei einem Verstoß in Deutschland nicht mit Bußgeldern rechnen müssen. Stattdessen soll es die Privatwirtschaft regeln: „In Betracht kommen nach dem UWG Beseitigungs-, Unterlassungs- und auch Schadensersatzansprüche [– sprich Abmahnungen].“ – Keine Pointe.