Ein neuer Bußgeldkatalog für Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung liegt endlich vor und enthält neben höheren Bußgeldern für zu schnelles Fahren auch neue Strafen, die konkret den Lkw-Verkehr betreffen.  

Bereits im April 2020 sollte die StVO-Novelle in Kraft treten, wegen eines Formfehlers passierte dies jedoch zunächst nichtStark umstritten waren darüber hinaus Fahrverbote, die gemäß der zunächst vorgesehenen Bußgeldregelungen für zu schnelles Fahren verhängt werden sollten. Die Unstimmigkeiten blockierten lange Zeit das Inkrafttreten der neuen Regelungen, die vor allem schwächere Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger und Radfahrer schützen sollte – ein erhoffter Konsens ließ lange auf sich warten.

Die jetzige Einigung wirkt überraschend – Folge „guter Kamingespräche“, wie der Spiegel aus Insiderkreisen erfuhr. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer zufolge handele es sich bei der Einigung um einen „sehr fairen Kompromiss“ und es sei letztlich ein einstimmiges Votum der Länder. „Die Verkehrssicherheit ist gestärkt, Verkehrsrowdys werden härter bestraft, aber die Verhältnismäßigkeit der Bußgelder ohne zusätzliche Fahrverbote ist gewahrt.“ Noch vor der Bundestagswahl will man die neue Reform nun auf den Weg bringen.

Höhere Bußgelder für zu schnelles Fahren

Für Pkw, die innerorts über 10 km/h zu schnell unterwegs sind, werden künftig 50 statt bisher 25 Euro fällig. Auch außerorts verdoppelt sich der Betrag, bei mehr als 10 km/h zu viel sind es nun 40 statt 20 Euro und für über 20 km/h zu viel 100 statt 70 Euro.

Die Änderungen für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen im Überblick:

Bußgeld Regelungen
© Bundesverkehrsministerium

Für Lkw bzw. Fahrzeuge über 3,5 Tonnen werden ebenfalls die Geldbußen für Geschwindigkeitsübertretungen erhöht. Wer hier innerorts über 10 km/ zu schnell ist, zahlt künftig 60 statt 30 Euro, wird länger als fünf Minuten bis zu 15 km/h schneller gefahren, werden sogar 160 Euro (bisher 80 Euro) fällig, auch außerorts werden die Beträge hier teils verdoppelt. Die Geldbußen im Überblick:

Bußgeld Lkw
© Bundesverkehrsministerium

Weitere neue Bußgeldregelungen für den Lkw-Verkehr

Ebenso werden die Bußgelder für Fahrzeuge mit gefährlichen Gütern sowie für Passagierbusse erhöht, hier werden Übertretungen bis 10 km/h innerorts nun mit 70 statt 35 Euro geahndet, wer außerorts fünf Minuten bis zu 15 km/h schneller fährt, zahlt 240 statt 120 Euro.

Hinzu kommen weitere Regelungen, die insbesondere auch den Straßengüter- und Lieferverkehr (bei Fahrzeugen über 3,5 t) betreffen: Wer hier nicht mit Schrittgeschwindigkeit rechts abbiegt – obwohl mit Radfahrern und Fußgängern zu rechnen ist – muss nun mit 70 Euro Bußgeld rechnen. Bei fehlerhaften Abbiegevorgängen oder einer Sorgfaltspflichtverletzung beim Ein- bzw. Aussteigen werden die Geldbußen verdoppelt. Im Falle einer Gefährdung durch Abbiegevorgänge wurde außerdem zusätzlich ein Fahrverbot von einem Monat eingefügt, heißt es in den Regelungen weiter.

Höhere Bußgelder für Missachtung von Halteverboten und Falschparken 

Darüber hinaus wurden auch die Sanktionen für falsches Halten bzw. Parken angepasst, die u .a. auch Lieferfahrzeuge betreffen können:

  • Der allgemeine Halt- und Parkverstoß wird statt bis zu 15 Euro mit einem Verwarnungsgeld von bis zu 55 Euro geahndet. Dieselbe Summe ist auch für rechtswidriges Parken an engen oder unübersichtlichen Straßenstellen bzw. im Bereich einer scharfen Kurve zu zahlen.

  • Parken auf Geh- und Radwegen sowie das unerlaubte Halten auf Radfahrer-Schutzstreifen (erkennbar an der gestrichelten Linie) sowie das Parken und Halten in zweiter Reihe kostet künftig bis zu 110 Euro. Wer auf Bussonderstreifen bzw. im Haltestellenbereich hält oder parkt, zahlt nun statt 35 Euro bis zu 100 Euro, wer Rettungsfahrzeuge oder Feuerwehrzufahrten behindert, zahlt ebenso viel.

Gänzlich neu sind zwei weitere Tatbestände: Unberechtigtes Parken auf einem Parkplatz für elektrisch betriebene Fahrzeuge und Carsharingfahrzeuge wird mit Verwarnungsgeld von 55 Euro geahndet, wer rechtswidrig im Schienenraum parkt, wird mit 70 Euro bestraft – hier ist auch der Tatbestand „Schienenverkehr nicht Vorrang gewährt“ neu, wer dagegen verstößt, muss mit 80 Euro Bußgeld rechnen.  

Ausführlich sind die Regelungen beim Bundesverkehrsministerium zu finden.

Kritik: Fehlende Haltemöglichkeiten für den Lieferverkehr

Wenig zufrieden mit den neuen Beschlüssen ist der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK). Bereits in der Vergangenheit hatte der Verband ein eigenes Verkehrszeichen für den Lieferverkehr gefordert, dass dies wieder nicht Beachtung gefunden hat, bedauert Marten Bosselmann, Vorsitzender des BIEK. „Angemessene Bußgelder und Kontrollen von Halt- und Parkverboten sind sinnvoll. Die Ankündigung von höheren Bußgeldern bei Verstößen gegen Halt- und Parkverbote ist jedoch so lange nur als Symbolpolitik zu bezeichnen, bis mehr sichere Haltemöglichkeiten für den Lieferverkehr geschaffen werden“, wie es in einem Statement heißt. Ordnungsgemäße und vor allem ausreichend Haltemöglichkeiten gibt es nur in den wenigsten Städten, so Bosselmann weiter.

„Der Lieferverkehr findet nicht als grundloser Selbstzweck statt, sondern bedient eine starke Nachfrage. Paketdienstleistungen sind für Wirtschaft und private Empfänger unerlässlich. Daher ist die Lösung für den Lieferverkehr nicht die bloße Erhöhung der Bußgelder, sondern die von uns geforderte Einrichtung gewerblicher Ladezonen“, lautet die Forderung des BIEK-Vorstandes. Dafür ist die Einführung eines eigenen Verkehrszeichens, welches konkret Ladezonen kennzeichnet, dringend nötig, bekräftigt der Verband noch einmal.